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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Die Bleidenstädter Traditionen
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2. Die einzelnen, dem angeblichen Bleidenstädter Traditionsbuch entnommenen Urkunden
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3. Die beiden, dem angeblichen Bleidenstädter Traditionsbuch entnommenen Güter- und Rentenverzeichnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0367

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Die beiden Güterverzeichnisse

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Hiermit sind alle von Will aus der Kindlinger’sehen Sammlung, soweit
diese auf Schott zurückgeht, sowie aus Bodmanns Rheingauischen Alter-
tümern als Monumenta Blidenstatensia zusammengestellten Urkunden mit Aus-
nahme von zwei umfangreichen Bieidenstädter Güterverzeichnissen, die ebenfalls
aus Schotts Nachlass stammen, und des kurzen, nur bei Bodmann (S. 93)
erwähnten Auszugs aus einer in die Zeit des Erzbischofs Heistulf von Mainz
(813—826) fallenden Urkunde (Will S. 29, Nr. 1) als gefälscht erwiesen; dass
auch letztere ein Bodmann’sches Phantasiegebilde ist, versteht sich nach dem
oben Gesagten von selbst.
3. Die beiden, dem angeblichen Bieidenstädter Traditionsbuch
entnommenen Güter- und Rentenverzeichnisse.
Ebensowenig wie die Echtheit der einzelnen Bieidenstädter Traditionen
einer kritischen Prüfung gegenüber bestehen kann, wird die Unechtheit der
beiden, angeblich dem 9./10. und 11. Jahrhundert angehörigen Güterverzeichnisse
bezweifelt werden können. Was zunächst das frühere Verzeichnis (Will
S. 9 —10, Sr 80, an letzterer Stelle unvollständig) betrifft, so ergibt schon eine
Prüfung der Ortsnamen, dass hier die gleichen Bedenken vorliegen, die wir
gegen die einzelnen Urkunden bereits in dieser Beziehung erhoben haben. Ich
sehe dabei ab von Rode (13), das, wie wir oben gesehen habenj als rhein-
gauischer Ort so früh nicht in Frage kommen kann. Auch lasse ich es dahin-
gestellt, was Rumingesbach t(4) bedeuten soll. Aber nach meinen obigen Aus-
führungen ist Avrigon (2) für Auringen ausgeschlossen, ebenso Nordinstat (17)
und Berestat (26), letzteres wenigstens als nassauischer Ortsname. Auch
Medinesbehe (7) für Medenbach ist eine willkürliche, den Namen in seinem
zweiten, der Bedeutung und Aussprache nach fest gegebenen Bestandteil ver-
hunzende Form. In Wildsachsen steckt, wie die Namensform Wedelensassen in
einer Urkunde von 1107 (Sr 155) noch erkennen lässt, die dreisilbige Deminutiv-
form Widilo des Personenamens Wido, die in dem hier erscheinenden Widil-
sassen (15), das einer bei Kremer (II, 237) veröffentlichten, dem 13. Jahr-
hundert angehörigen Urkunde entspricht, noch erkennbar ist.112 113) Eine ähn-
lich falsche Bildung wie Medinesbehe ist auch Ramenescheida (16), ein
Name, den Förstemann (II3, 535) von dem Personennamen Ramo ableitet,
wobei er aber bemerkt, dass auch der Personenname Hraban in Frage komme.
Mir scheint, dass der Name unmittelbar mit dem Gattungsnamen hraban = Rabe
zusammenhängt, wofür auch das in unserer Gegend verkommende Rabenscheid
spricht. Ich übergehe das verdächtige Orlu (12) für Orlen, das als am Orlenbach
gelegen, doch wohl mit hör = sumpf zusammenzubringen ist (Förstemann I3,
1417). Wisinbade (19) steht offensichtlich unter dem Einfluss der Volksetymologie,

112) Förstemann (II3, 1306) führt Wedelensassen unter Wid, Wido, Widilo, daneben
aber (II3, 1315) mit Widilsassin, Wedelsassen, Witelsassen unter widil, vedel = Furt auf. Für
die letztere, von ihm offenbar bevorzugte Ableitung geben die örtlichen Verhältnisse aber
keinerlei Erklärung an die Hand. Ich verstehe den Namen als Zusammensetzung aus dem
Personennamen Widilo und ahd. säza als Widilos Niederlassung.
 
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