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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Die Bleidenstädter Traditionen
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3. Die beiden, dem angeblichen Bleidenstädter Traditionsbuch entnommenen Güter- und Rentenverzeichnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0368

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348

Die Bieidenstädter Traditionen

die Wiesbaden als Wiesenbäd (von wisa) deuten möchte.113) Diese Erklärung
des Namens kann sich weder auf die ortsübliche Aussprache (Wissbaden),
noch auf die zahlreichen urkundlichen Belege stützen. Hohinstat (31) lässt sich
nicht, wie Sauer es im Register tut, mit Oberhöchstadt identifizieren (s. oben
S. 336); auch gegen die von Kehr ein vertretene Gleichsetzung mit Hahnstetten
spricht die Herkunft dieses Ortsnamens von dem Personennamen Hah (Förste-
mann I3, 1163), mit der sowohl die Lorscher (Lamey Nr. 3144, Hahenstat)
als auch die Fuldaer Traditionen (Dronke, Trad. c. 6,29, Hachenstat) in Ein-
klang stehen. Das bei Schott (41) unter seinem heutigen Namen erscheinende
Bornich steht für das 9./10. Jahrhundert, wie ein Blick in Förstemanns Namen-
buch (I3, 600) lehrt, völlig isoliert da. Denn noch eine weit spätere Urkunde
von 1138 (Sr 195) bietet den Namen als Bornach (d. i. Quellwasser). Gestolpert
ist Schott schliesslich auch über den Ortsnamen Josbach, den er (43) als Josse-
bahe angibt, während dieser Ort noch 1196 und 1213 (Sr 301 u. 396) Gosbach
heisst. Er ist mit Förstemann (I3, 1083) vom ahd. göz (= Guss, Flüssig-
keit) abzuleiten.114)
Personennamen wie Adilbertus (13) mit dem bei Schott beliebten i in der
zweiten Silbe deuten auch daraufhin, dass das Verzeichnis aus derselben Quelle
stammt, wie die sonstigen, bereits als Fälschung nachgewiesenen Bieidenstädter
Urkunden (s. oben S. 334). Schott bezieht-sich in Nr. 9 unmittelbar auf die
von ihm gefälschte Schenkungsurkunde des Erzbischofs Otgar von Mainz von
838 (s. oben S. 334). Dass jene Urkunde aber nicht etwa auf Grund dieses
Güterverzeichnisses gefälscht ist, beweist das uns erhaltene echte Bieidenstädter
Necrologium, auf das ich unten noch zu sprechen komme.
Abgesehen von den teils verdächtigen, teils ganz unmöglichen Ortsnamen
bietet das Verzeichnis auch noch eine Reihe anderer Bedenken. So werden
Eier siebenmal (1, 8, 19, 21, 29, 43 u. 44) nach Talenten und zweimal (31 u. 35)
nach Unzen berechnet. Ich habe hierfür in mittelalterlichen Urkunden keine
sonstigen Belege auffinden können; überall werden sie, wie übrigens meist auch
hier, einfach nach der Stückzahl angegeben. Einen tollen Schnitzer, auf den
merkwürdigerweise bisher niemand aufmerksam geworden ist, leistet sich Schott
in den Worten (12) antequam in hostilicium iverat. Er nimmt hier hostilicium
in. der Bedeutung von hosticum = Kriegsdienst, Kriegszug, während es nur
Kriegsabgabe bedeuten kann (vgl. das Güterverzeichnis der Abtei Prüm von
983, Mrh. Urkb. I, 142ff.), wo das Wort öfter 145, 149, 158, 162 usw. vorkommt
und an erster Stelle von Cesarius noch besonders erklärt wird (s. auch Lam-
precht I, 1025).
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113) Diese wird freilich auch von Förstemann (II3, 1395) vertreten. Er führt unter
den Belegen auch das Schott’sche Wisinbade auf, das er wiederum bloss, weil er es Sauer
und nicht Will M. B. entnommen hat, als urkundlich gelten lässt. Nach Streitbergs
sachkundiger und überzeugender Erklärung (Nass. Annalen 26, 131 ff.), die Förstemann
oder vielmehr dessen Neubearbeiter ganz entgangen ist, bedeutet der Name Wisibada nichts
anderes als gutes, d. i. heilkräftiges Bad.
114) Nach Kehrein (Namenbuch 414, Anm. 6) ist Goss soviel wie Floss. Damit stimmt
es, dass die Krüfftel nahe ihrer Quelle am Glaskopf, also in der Gegend von Ober- und
Niederjosbach Flosbach heisst (Vogel S. 27).
 
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