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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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I. Der Pfarrbezirk Oestrich
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1. Oestrich
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2. Mittelheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0046

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I. Der Pfarrbezirk Oestrich

Benutzt hat Bodmann für diese Fälschung wahrscheinlich eine im Staats-
archiv zu Wiesbaden befindliche Urkunde von 1421 April 28, in der vor dem
Gericht zu Oestrich Emmel Falle über den Hund und Genossen — bei Bod-
mann heissen sie Emmel Bechtold und Henne — vom Mainzer Johannsstift
näher bezeichnete Güter zu Oestrich unter bestimmten Bedingungen zu Erb-
leihe empfangen und sich zu einem Grundzins von 5x/2 Ohm Weisswein ver-
pflichten, zu dessen Sicherung sie näher bezeichnete Ländereien zu Unterpfand
setzen.
2. Mittelheim.
Auch in Bezug auf Mittelheim will Bodmann die an sich gegebene und
unzweifelhaft richtige Erklärung des Namens als des mittleren Teils von Winkel,
wie sie sich~bei Bär (Beitr. II, S. 125q) findet, nicht gelten lassen. Es ist ja
ohne weiteres wahrscheinlich, dass der Name Mittelheim erst entstand, als sich der
östliche Teil des Dorfes Winkel als Oestrich absonderte. Die Tatsache, dass
Mittelheim in unverdächtigen Urkunden erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts
erwähnt wird, lässt darauf schliessen, dass die Ausscheidung als besonderer Ort
nicht, wie Bär meint, zugleich mit der von Oestrich, sondern später erfolgt ist.
Da das Dorf Mittelheim ehemals das Recht genoss, Streulaub und Urholz in
dem Privatwald der Gemeinde Oestrich zu holen — erst 1811 wurde diese
Servitut aufgehoben, indem gelegentlich der Verteilung des Mittelamtswaldes
die Gemeinde Oestrich von ihrem Privatwald 50 Morgen an die Gemeinde Mittel-
heim abtrat9) —, so ist man zu der Annahme berechtigt, dass bei der Scheidung
Oestrichs und Winkels in zwei selbständige Dörfer die Gemarkung des späteren
Dorfes Mittelheim an Oestrich fiel. Dafür spricht auch die Tatsache, dass Mittel-
heim, als es als besonderes Dorf aus Oestrich ausschied, kirchlich doch noch
längere Zeit mit ihm eine Gemeinschaft bildete, ebenso wie das Oestricher Ge-
richt die Gemeinde Mittelheim zunächst mitumfasste (Sr 2781).
Der Name Mittelheim erscheint, wenn die verdächtigen Urkunden zunächst
bei Seite gelassen werden, zum ersten Mal in einer Urkunde von 1292 (Sr 1144),
in der Ludwig, Walpode zu Mainz, und seine Gattin Agnes dem Kloster
Johannisberg die Gülten von Weinbergen, gelegen in terminis ville Mittelnheim,
verkaufen. Mittelheim war damals also bereits ein besonderer Ort mit eigener
Feldmark. Ebenso bezeugt uns die zweifellos gleichzeitige Aufschrift auf einer
Urkunde von 1309 (Sr 1415) „plebano in Osterich et in Mittelnheim“dass beide
Orte in kirchlicher Beziehung damals noch zusammengehörten. Dies ist auch noch
1335 der Fall, denn in der von diesem Jahre datierten Stiftungsurkunde der
Kapelle des heiligen Nikolaus zu Oestrich (Sr 2054) wird diese als infra ter-
minos villarum Osterich et Mittelnheim iuxta Renum gelegen bezeichnet, eine
Angabe, die angesichts der längst vorher erfolgten Trennung Oestrichs und
Mittelheims in zwei gesonderte weltliche Gemeinden doch nur dadurch erklärt
werden kann, dass beide Orte trotzdem damals noch eine kirchliche Einheit
vorstellten.
9) Der Rheingaukreis 1902, S. 213.
 
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