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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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V. Der Pfarrbezirk Lorch
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1. Lorch
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0302

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V. Der Pfarrbezirk Lorch

Spitze der Gemeindeverwaltung stand vielmehr ein Schultheiss, und dies war da-
mals nicht Philipp Hilchen, sondern wie aus dem Lorcher Kopialbuch (RothI,
392) hervorgeht, Johannes Cumen.
B. Die Lorcher Junkerschule.
Bekanntlich soll es nach Bodmann (S. 109) eine adelige Junkerschule
zu Lorch gegeben haben, eine Ansicht, die von Sauer in einem Exkurs zu
der Urkunde von 1235 (Sr 458) in den Berichtigungen und Zusätzen zu seinem
Urkundenbuch (I, 1 u. 2, S. 5ff.) als irrig zurückgewiesen ist. Bodmann spricht
(S. 287) sogar von einer Ritterakademie, an deren Spitze der Mainzer Dom-
propst als Rektor gestanden habe. Die Lorcher Schuljunkerschaft, die er
damit in Zusammenhang bringt, ist das Lorcher Haingericht, das an sich, wie
Sauer und vor ihm schon Keuchen (Rheingauische Blätter, Beilagen z. d. Amts-
blatte für die Ämter Eltville, Rüdesheim und St. Goarshausen, Jahrg. I, 1856,
S. 306 f.) richtig ausführen, gar nichts mit einer Junkerschule, geschweige denn
einer Ritterakademie, zu tun hat. Während aber Keuchen die ehemalige
Existenz der Junkerschule nicht bezweifelt und den Namen Schuljunkerschaft
(S. 330) davon herleiten möchte, dass die ersten Schuljunker noch die Bänke
dieser Junkerschule in Lorch gedrückt hätten, meint Sauer, die ganze Junker-
schule als eitles Phantasiegespinst Bodmanns über Bord werfen zu müssen.
Freilich ist es ihm nicht gelungen, zu erklären, wie für das Lorcher Haingericht
der Ausdruck Schuljunkerschaft aufkommen konnte. Denn der Versuch, den
er in dieser Beziehung unternimmt, muss als gänzlich verfehlt betrachtet werden.
Sauer glaubt, dass das alte Gerichtshaus zu Lorch schola geheissen habe,
und sucht diese Meinung durch allerhand Zitate zu stützen, von denen er am
Ende selbst zugeben muss, dass sie das nicht beweisen, was bewiesen werden
soll. Ganz abgesehen davon, dass der lateinische Ausdruck schola für Gericht
oder Rathaus hier gar nicht am Piatze wäre, stehen der von ihm versuchten
Herleitung des Namens auch sonst schwere Bedenken entgegen. In dem Lorcher
Ratsprotokoll von 1731 heisst es: „Da das alte Gemäuer des vorhin gewesenen
sogenannten adeligen Schulhauses zwischen dem Pfarrgarten und Wolfgang
Stassen gelegen, gefährlich, und von den abfallenden Steinen Unglück entstehen
könnte, so wurde dasselbe mit Genehmigung des Domprobstes von Mainz abge-
brochen und für Reparierung der Kirchhofsmauer verwendet, jedoch mit dem
Revers, dass, wenn das adelige Schulhaus wieder erbaut .werden sollte, dieselbe
Ruthenzahl von Steinen wieder anzuschaffen wäre“. Säuer will in diesem
alten Schulhaus ohne weiteres das ehemalige Gerichtshaus sehen, das in der
Urkunde von 1235 (Sr458) erwähnt wird. Dem aber steht doch schon ent-
gegen, dass dieses dort domus placiti und nicht schola genannt wird.
Auf Grund der ältesten Lorcher Siegel erklärt Sauer das Partikular-
haingericht und die damalige Ortsbehörde zu Lorch für ein und dasselbe. Weil
in dem seiner Meinung nach ältesten Siegel, das zu der Urkunde von 1277
(Sr 934) gehört, die Umschrift lautet: S. iuratorum in Lo[rch]e super annonam,
und in dem an der Urkunde von 1316 (Sr 1610) befindlichen: Sigillum uni-
 
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