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Neutsch, Bernhard [Hrsg.]; Hafner, German [Mitarb.]
Die Welt der Griechen im Bilde der Originale der Heidelberger Universitätssammlung: Katalog der Jubiläumsausstellung zur 100-Jahr-Feier der Sammlungen des Archäologischen Instituts Heidelberg im Sommersemester 1948 — Heidelberg, 1948

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https://doi.org/10.11588/diglit.28105#0012
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Schaukasten 1

Dieser Schaukasten enthält Nachbildungen kretischer Kunst, die größtenteils von der
Württembergischen Metallwarenfabrik gefertigt wurden. In diesem einzigen Falle sollte
in Anbetracht der Wichtigkeit der kretischen Epoche und zur Ergänzung der mykenischen
Originale der Sammlung nicht auf eine Verwendung von Nachbildungen verzichtet werden,
zumal deren Qualität wissenschaftlich voll anerkannt ist.

1.—2. Goldbecher aus Vaphiö (Lakonien), jetzt Nationalmuseum Athen. Sie
gehören zu den berühmtesten Kunstwerken der kretischen Blütezeit. Auf den
als Gegenstücken gefertigten Gefäßen erscheint der Stier, das heilige Tier
Kretas, im Mittelpunkt zweier Reliefkompositionen, die in jeweils dreifacher
Variation die Themen Stierfang und Stierzähmung gestalten, den Gegensatz
von ungebändigter Wildnis und kultureller Ordnung versinnbildlichend.
Homers Gleichnis (Ilias XIII 571)

„wie ein Stier, den im Bergwald weidende Männer,
wie er sich sträubt, fortziehn durch Zwang des Rutengeflechtes“
ist die poetische Parallele zum Bilde des ohnmächtig im Netze sich aufbäu-
menden Tieres (Nr. 1). — Bezeichnend für das einleitend erwähnte, nicht per-
spektivische Sehen des Kreters sind die Angaben von felsigem Gelände auch
am oberen Bildrand (ähnlich Nr. 8), die den künstlerischen Ausdruck für
„Gebirge“, nicht etwa für „Höhle“ darstellen. Um 1500 v. Chr.

3. Goldintarsien als Bildschmuck einer Bronzeklinge aus einem Grab in Mykene,
jetzt Nationalmuseum Athen, zeigen auf der Vorderseite einen Löwenüberfall
auf eine Antilopenherde, auf der Rückseite Menschen bei der Löwenjagd und
auf dem Knauf zwei ineinander verbissene Löwen. Der Löwe war damals
vermutlich nur noch mythisches Fabeltier, das auch im Kultus eine Rolle
spielte und häufig als Bildmotiv erscheint (Nr. 4—6 u. Wandfoto 2).

2. Hälfte des 16. Jh. v. Chr.

4. —5. Goldene Bildsiegel aus einem Grab in Mykene, jetzt Nationalmuseum

Athen: Verwundeter Löwe und Löwenkampf.

6. Goldanhänger aus Hagia Triada auf Kreta, jetzt Museum Kandia: Liegender
Löwe, in seiner tierhaften Dumpfheit der Sphinx Nr. 10 ähnlich.

Um 1500 v. Chr.

7. Siegelring aus Mykene. Roter Jaspis. Jetzt Nationalmuseum Athen. Löwen-
packender Dämon, der als „Herr der Tiere“ seine Macht sinnfällig werden
läßt. Das aus dem Orient übernommene heraldische Kompositionsschema (Nr.
11), dem kretischen Künstler an sich wesensfremd, ist hier durch Umkehrung
eines Tieres seiner Starrheit entkleidet. Häufiger erscheint eine „Herrin der
Tiere“, was wohl mit auf mutterrechtliche Züge der kretischen Gesellschafts-
ordnung hinweist (vgl. auch Nr. 17—19).

8. Goldener Siegelring aus einem Grab in Mykene, jetzt Nationalmuseum Athen:
Darstellung einer Hirsohjagd. Die imaginär-räumliche Anschauung des kreti-
schen Künstlers läßt das fliehende Wild oberhalb des galoppierenden Zwei-
gespanns erscheinen. Ähnlich wie bei Nr. 1 und 2 umrahmen Geländeangaben
die Komposition.

9. Goldintarsien als Bildschmuck einer Bronzeklinge der Art von Nr. 3 aus einem
Grab in Mykene, jetzt Nationalmuseum Athen: Wildkatzen beschleichen Enten
im Papyrusdickicht eines Flusses. Die Darstellung bezeugt abermals den
Natursinn und die unperspektivische Raumauffassung des Kreters — Fluß
von oben gesehen, darin Fische in Profilansicht. 2. Hälfte des 16. Jh. v. Chr.

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