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Neutsch, Bernhard [Hrsg.]; Hafner, German [Mitarb.]
Die Welt der Griechen im Bilde der Originale der Heidelberger Universitätssammlung: Katalog der Jubiläumsausstellung zur 100-Jahr-Feier der Sammlungen des Archäologischen Instituts Heidelberg im Sommersemester 1948 — Heidelberg, 1948

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https://doi.org/10.11588/diglit.28105#0031
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15. Hockender Afrikaner, Tonfigur. Ein fettleibiger Afrikaner, mit dürren Armen

und Beinen hockt am Boden und hält mit klagender Gebärde eine Hand
ans Ohr, die andere vor die Brust. Hellenistisch-römisch.

16. Negerkopf, Fragment eines figürlichen Gefäßes aus Theben. Das Fremdartige

des Negers hat der Künstler der archaischen Zeit durchaus empfunden und
zum Ausdruck gebracht, das Antlitz aber auch zugleich mit jenem Hauch des
Lächelns beseelt, der über allen spätarchaischen Köpfen gerade Ioniens liegt.
Ein kleines Meisterwerk samischer Kunst. Um 530 v. Chr.

17. Hockender Neger mit Laterne und Axt. Tonfigur. Das Dumpf-Traurige des
kleinen Negersklaven, der mit der Laterne stundenlang vor der Tür hocken
und auf seinen Herren warten muß, ist in dieser Terrakotte der Spätzeit auf
eine ergreifende Weise zum Ausdruck gekommen.

Alexandrinisch, 2. Jh. n. Chr.

(H. L.)

DAS TIERBILD

Wenn im nächtlichen Dunkel das Käuzchen schreit, dann wird manchem
Menschen unheimlich zumute. Er erschrickt, sobald ihm eine Katze über
den Weg läuft oder die „Spinne am Morgen Kummer und Sorgen“ ankündigt,
und im Felde streifende Kinder sagen ängstlich, wenn zu ihren Häupten
ein Rabe krächzt: „Der Rabe schreit, der Herre ist nicht weit“. Im Kinder-
und Volksmärchen sind sprechende Tiere oder Verwandlungen in Tier-
gestalt geläufig, und noch in Goethes Faust ist Mephisto des unheimlichen
„Pudels Kern“. Hier führen Vorstellungen ein verborgenes Nachleben, die
dem Menschen einer frühen Daseinsstufe Glaube waren: Daß das Tier mit
dämonischen und göttlichen Kräften ausgestattet sei, also als Gott oder
Dämon verehrt oder besänftigt werden müsse.

Im ägyptischen und kretisch-mykenischen Bereich sehen wir diese Stufe
bereits zum Teil überwunden durch Vermenschlichung der Götterwelt. Aber
in menschengestaltigen Göttern mit Tierköpfen leben alte, ursprünglich tier-
leibige Götter und Dämonen weiter, und in der Mischgestalt des kretischen
Minotauros etwa verbirgt sich ein Gott, der ursprünglich als Stier Verehrung
fand.

In der eigentlich griechischen Entwicklung, besonders der frühen Zeit,
haben sich zahlreiche Erinnerungen an jene ursprüngliche Tiergötterwelt
erhalten. Zwar sind die Götter durchweg menschengestaltig, aber ihr frühe-
res Wesen verrät sich oft noch an dem heiligen Tier, das auch in der bilden-
den Kunst mit ihnen eng verbunden erscheint: Der Adler mit Zeus, die Eule
mit Athena, der Rabe mit Apollon, die Schlange mit Asklepios und Athena,
die Hirschkuh mit Artemis, Taube, Schildkröte und Hase mit Aphrodite.
Homers Beiworte von der „kuhäugigen“ Hera und der „eulenäugigen“
Athena sind ebenso zu verstehen. Vor allem haben die Götter die Fähigkeit,
Tiergestalt anzunehmen: Als Adler raubt Zeus den Ganymed, als Stier ent-

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