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Neutsch, Bernhard [Hrsg.]; Hafner, German [Mitarb.]
Die Welt der Griechen im Bilde der Originale der Heidelberger Universitätssammlung: Katalog der Jubiläumsausstellung zur 100-Jahr-Feier der Sammlungen des Archäologischen Instituts Heidelberg im Sommersemester 1948 — Heidelberg, 1948

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https://doi.org/10.11588/diglit.28105#0028
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11.—17. Die weiteren Fragmente in diesem Schaukasten veranschaulichen noch-
mals die Wandlung des Menschenbildes von der archaischen Zeit zur Klassik:

11. Abschied eines Jünglings zu Pferde. Fragment einer schwarzfigurigen Schale.

Die köstliche dekorative Wirkung archaischer „Reihenerzählung“ kommt in
den flächenhaften Gestalten ausgezeichnet zur Geltung, da die für die Rosetten
und bunten Gewandteile benutzten roten und weißen Deckfarben ungewöhn-
lich gut erhalten sind. Die feinen imitierten Beischriften haben rein dekora-
tiven Zweck. Mitte des 6. Jh. v. Chr.

12. Nackte Hetäre. Innenbild einer Schale des Epiktet. Dieser spätarchaische Mei-

ster zeigt bei Bewahrung der alten Flächenbindung die Freude an neuen
kühnen Bewegungsmotiven. Um 500 v. Chr.

13. Stehendes Mädchen. Rotfiguriges Schalenfragment. Die spätarchaische Fein-

heit der zarten Gestalt ist bereits in einer Weise mit der inneren Verhalten-
heit frühklassischen Wesens erfüllt, die an Werke wie die sinnende Athena
denken läßt. Um 480 v. Chr.

14. Die weibliche Figur auf dem rotfigurigen Fragment eines Stamnos (Misch-
gefäß) zeigt die klare Form und herbe Schönheit des frühklassischen Men-
schenbildes zur Zeit der Olympia-Skulpturen (Wandfoto 7). Um 460 v. Chr.

15. Stehende Frau mit Musikinstrument (Lyra). Aus der schlichten Selbstver-

ständlichkeit der Haltung und der Neigung des Hauptes spricht das verinner-
lichte Wesen der Parthenonzeit. So hat man sich die Frau vorzustellen, die
dem Jüngling der weißgrundigen Lekythos (Abb. 44) gegenüberstand. Flüch-
tige, aber feine Zeichnung. Um 430 v. Chr.

16. Frauen mit Eros. Fragmentierter Deckel einer rotfigurigen attischen Pyxis.
Von den feingezeichneten und bewegten Gestalten ist die Sandalenbinderin
am bedeutsamsten. Hier benutzte der Vasenmaler das reizvollste Motiv der
Nikebalustrade (Wandfoto 4) als unmittelbares Vorbild. Ende des 5. Jh. v. Chr.

17. Sitzender bärtiger Mann mit nacktem Oberkörper. Rotfiguriges Fragment
eines Tarentiner Gefäßes. Die Größe und Leidenschaftlichkeit der Auffassung,
der lockere Strich der Zeichnung und die malerische Darstellung weisen das
Bild in unmittelbare Nähe des Lykurgoskopfes Nr. 10.

(B. N.)

FRATZEN, KARIKATUREN, BARBAREN

Neben dem in sich vollkommenen, harmonischen Menschenbild spielt in
der griechischen Kunst auch das Fratzenhafte, Häßliche, Komische und
Fremdartige eine Rolle, die man nicht außer acht lassen darf, wenn man
aus den Bildwerken eine Vorstellung von der Art, wie der Grieche das Leben
und den Menschen ansah, gewinnen will.

Das Bewußt-Häßliche dient besonders in der Frühzeit zum Bilde der
Dämonen und Mischwesen, etwa im Gorgoneion und in den Satyrn, und lebt
dann in den Masken fort.

Die Karikatur, das lächerliche Zerrbild des Menschen, fand beim Griechen
besonders in der Komödie ihren Platz, denn dort auf der Bühne konnte der
Abfall vom menschlichen Ebenmaß seine lebendigste Darstellung und zu-

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