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Neutsch, Bernhard [Hrsg.]; Hafner, German [Mitarb.]
Die Welt der Griechen im Bilde der Originale der Heidelberger Universitätssammlung: Katalog der Jubiläumsausstellung zur 100-Jahr-Feier der Sammlungen des Archäologischen Instituts Heidelberg im Sommersemester 1948 — Heidelberg, 1948

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https://doi.org/10.11588/diglit.28105#0059
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11. Ganymed. Reliefmedaillon einer Schale. Der schöne Jüngling Ganymed, der
von Zeus entführt, im Olymp dessen Mundschenk ist, tränkt den Adler des
Zeus. Ein kleiner Eros zupft den göttlichen Vogel am Flügel.

Römisch, nach späthellenistischem Vorbild.

(G.H.)

KULTUS

Das Bild der Götter wird ergänzt durch die Zeugnisse, die uns etwas aus-
sagen über die Art, in der der Grieche ihnen seine Verehrung erwies. Um
diesen schlichten Gegenständen das rechte Leben zu verleihen, müssen wir
uns allerdings dazu die griechischen Tempel vorstellen, die in ihrer Klarheit
das geistige Wesen der Gottheit spiegeln, die Heiligtümer mit ihrer Fülle
von Statuen und anderen Weihgaben, wir müssen uns vorstellen, wie solch
ein Altar auf einem Vorgebirge am Meer steht, wie Scharen von Betern mit
Zweigen ihm nahen, wie Opfertiere herbeigetrieben werden, wie der Prie-
ster die Hände zum Gebet erhebt, wie die Trankspende unter Anrufung der
Götter aus goldener Schale ausgegossen wird, die Tiere geschlachtet, ein
Teil ihres Fleisches für die Götter auf dem Altar verbrannt, ein Teil für die
Festteilnehmer am Bratspieß gebraten wird, wie Weihrauch und Festgesang
zum Himmel emporsteigen, während das Bild der Gottheit aus dem Innern
des Tempels durch die geöffnete Tempeltüre zuschaut, der feiernden Menge
nur von ferne sichtbar.

Wandvitrine 11

1. Tönerner Miniaturaltar aus Tarent. Verkleinerte Wiedergabe eines steinernen

Opferaltars, wie er vor den Tempeln oder frei in den Heiligtümern stand,
geschmückt mit den Wappentieren Tarents, zwei Delphinen über einem das
Meer andeutenden Wellenband. 5.—4. Jh. v. Chr.

2. Tönernes Räuchergerät (Thymiaterion). Auf geschwungener Basis steht eine

ionische Säule, darauf eine Schale, in der Weihrauch und andere Kräuter als
Raucbopfer verbrannt wurden. Unteritalisch, 3. Jh. v. Chr.

3. Tönerne Spendeschale (Phiale) aus Unteritalien. Flache, henkellose Schale
mit einem Nabel (Omphalos) in der Mitte, in den die Finger beim Ausgießen
der Opferspende eingreifen können. Gegenüber den oft reichverzierten bron-
zenen, silbernen und goldenen Spendeschalen, die wir aus Tempelinventaren
und Vasenbildern (12) kennen, ist diese Tonphiale mit ihren eingestempelten
Palmetten und Rosetten um den Omphalos nur ein bescheidenes Werk.

3. Jh. v. Chr.

4. Büste einer Göttin, Ton. Von der Art eines frühen Kultbildes kann dieses
zugleich strenge und milde Antlitz einer Göttin mit Diadem und Schleier über
dem feingewellten Haar eine Vorstellung geben. Wir müssen sie uns in Mar-
mor oder in Gold und Elfenbein gearbeitet im Inneren der Tempelcella feier-
lich thronend vorstellen, den Betern nur von ferne durch die Tempeltüre
sichtbar; denn der Kult spielt sich ja vor dem Tempel am Altar ab, der Tem-
pel ist Behausung der Gottheit, nicht Versammlungsraum für eine Gemeinde.

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