Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Muzeum Narodowe <Breslau> [Hrsg.]; Muzeum Śla̜skie <Breslau> [Hrsg.]
Roczniki Sztuki Śląskiej — 17.1999

DOI Artikel:
Lutze, Klaus: Der Breslauer Meister Jost Tauchen und das Bronzetaufbecken der Elisabethkirche zu Breslau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41574#0046

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Breslauer Meister Jost Tauchen

41

scheinlich ais Matthias zu deuten. Ein weiterer ist nach
demselben Modeli wie Paulus (mit Schwert) gegossen.
Die ubrigen haben ihre Attribute verloren.
Die ubrigen drei Bildfelder, gleichmaBig zwischen
jeweils drei benachbarte Apostel eingeordnet, sind recht-
eckig durchbrochen und dienen ais Rahmen fur ein
flaches, eingelótetes Wappenrelief. Der geteilte Wap-
penschild zeigt unten einen halben Miihlstein, oben
ein halbes, (heraldisch) rechts springendes Einhorn. Auf
dem Wappenhelm eine Krone und ein gleiches halbes
Einhorn (Abb. 22). Die um Schild und Heim flattern-
den Bander sind zum groBen Teil abgebrochen. Es ist
das „redende” Wappen des Neusohler Bergwerksunter-
nehmers Veit Mulstein (s.u.), der demnach ais Stifter
des Taufbeckens anzunehmen ist.


22. Wappen Mulstein in Bańska Bystrica

Die Inschriften am „Becken”, gotische Minuskeln,
unter dem oberen Rand umlaufend, auf der schragen
Flachę iiber dem unteren Rand, unter den Bildfeldern,
von den diese trennencłen Fialen unterbrochen:
(Oben) „+ in * nomi[n]e * sanct[a]e * et * individu[a]e *
trinitatis *patrtfs] * et *fili[i] * et * spiritus sancti * amen
* qui * crediderit * et * babtisatus *fuerit * saluus * erit *
ihs * xp[c] * n[ost]ra * salus *”
(= Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit,
des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes,
amen. Wer glauben und getauft werden wird, wird ge-
rettet werden <Mark. I6,l6>. Jesus Christus, unser Heil).

(unten) „ iste est / */ aqua uit[a]e/fons saln / tis et gra /
ci[a]e p[re]sta[n]s / b[e]n[e]dic[t]ione[m] /fort[i]tudo/fra-
gilium / ...p.. /... / remistsio]/peccatorufm]”
(= Dies ist das Wasser des Lebens, der Quell des Heils
und der Gnade, der den Segen spenclet, die Starkę der
Schwachen... die Vergebung der Siinden). Zwei Partien
sind so abgeplattet, daB sie sich nicht mehr entziffern
lassen. Drahotuszki las hier noch „pie sitientium” (= ?
der Diirstenden). Seine Lesung ist zwar nicht an allen
Stellen korrekt, Wort und VersmaB passen aber in den
Kontext56.
Wie der Markus-Vers in der oberen Inschrift, so
bezieht sich auch die erste Halfte der unteren auf die
Taufe. „fortitudofragilium”stammt aus einem ancleren
Zusammenhang, einem Gebet „pro vivis et defunctis”
des Missale Romanum57. So mag die mehrteilige For-
mel in einer regionalen Taufliturgie zusammengestellt
und von dort an das Taufbecken libernommen worden
sein.
DaB das Taufbecken im damals oberungarischen
Bańska Bystrica/Neusohl aus einer Breslauer Werkstatt
stammt, iiberrascht nicht, wenn man die politischen und
wirtschaftlichen Gegebenheiten im Jahr 1475 betrach-
tet: Nachdem Kónig Matthias Corvinus von Ungarn den
Utraąuisten-Fiihrer Georg Podiebrad besiegt hatte und
1469 zum Kónig von Bóhmen gewahlt worden war,
huldigten ihm auch Rat und Bischof von Breslau sowie
die anderen Stande von Schlesien. Matthias hielt sich
mehrfach in Breslau auf, z. B. wahrend der Belagerung
der Stadt durch Kónig Kasimir IV. von Polen und sei-
nen Sohn Wladislaw 1474-1475. 1475 oktroyierte er der
Stadt eine neue Ratsordnung58. Matthias beendete aber
nicht nur die Jahrzehnte der wirtschaftlich belastenden
Kriegszeit, sondern fórderte Wirtschaft und Handel, ins-
besondere mit den oberungarischen Bergstadten. Z. B.
sorgte er fur die Verbesserung der StraBe iiber den
JablunkapaB, iiber den ein groBer Teil des Kupfers nach
Breslau befórdert wurde, von wo es dessen Kaufleute
iiber Land nach Danzig oder Leipzig weiterleiteten.
Schon 1474 fiihlte die Stadt sich so erstarkt, daB sie den
1387 mit der Hanse geschlossenen Vertrag aufkiindig-
te59.
Zu den Ratgebern und Diplomaten des Kónigs
Matthias gehórten
- Veit Mulstein, ehemals kóniglicher „Kammergraf”,
1475 Vizegespan des Komitats Sohl, in dessen Zen-
trum Zvolen (Altsohl) die kónigliche Burg stand, auf
die Matthias sich haufig zuriickzog, Stifter des Tauf-
beckens in Bańska Bystrica (!),
- Bischof Johannes von GroBwardein, der auch iiber
Bergwerksbesitz bei Bańska Bystrica verfiigte (1470-
1473 verkaufte er einen Teil davon an Veit Mulste-
in)60 , zwischen dem Kónig und dem Rat von Bres-
lau yermittelte und sich nach des ersteren Tod 1490
in das Bernardinkloster zu Breslau zuriickzog, schlie-
Blich
- Johannes Roth, der 1482 Bischof von Breslau wurde
(t 1506).
Auch die persónlichen Beziehungen zwischen Bres-
lau und Oberungarn waren also eng, der Auftrag fiir
 
Annotationen