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Ruska, Julius
Tabula Smaragdina: ein Beitrag zur Geschichte der hermetischen Literatur — Heidelberg: Winter, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.51294#0237
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Tabula Smaragdina.

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Vento, AERIS hospite, Menstruum;
Humo, TERRAE principe, Lac.
Perquam et herba florent, et animantia vitam ducunt, et minerae tumes-
cunt, et aethera pariunt, et Natura denique natura est.
Habes, amice, quae de Tabula indico.
Aus dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts ist für die Würdigung
der Tabula und die Beurteilung der Gesamtüberlieferung über Hermes
Trismegistus der vielseitige Claus Borrichius1 ohne Zweifel die mar-
kanteste Persönlichkeit. Es entspricht durchaus seiner Bedeutung, wenn
J. J. Manget zwei seiner Abhandlungen, die bereits erwähnte Dissertatio
de Ortu, et Progressu Chemiae, und den Conspectus Scriptorum Chemicorum
an die Spitze seiner Bibliotheca Chemica gesetzt hat. Borrichius nimmt
es, was Quellenkenntnis angeht, mit Kircher auf. Er kennt das Corpus
Hermeticum und die ganze klassische Tradition über Hermes ebensogut
wie die mittelalterlichen arabischen und lateinischen Schriften, und unter-
scheidet klar zwischen dem alten ägyptischen Hermes, dem er die
Verfasserschaft der Tabula zuschreibt, und jüngeren Schriften. Er kennt
auch die von Golius und Erpenius nach Holland gebrachten arabischen
H e r m e s - Schriften über Gifte und Gegengifte, über edle Steine, über
Astrologie. Er weist Kircher zahlreiche Widersprüche und fortgesetztes
Schwanken zwischen entgegengesetzten Ansichten nach, läßt dem Leser
im übrigen aber schließlich die Wahl zwischen der Annahme einer
ägyptischen oder phönizischen Herkunft der smaragdnen Tafel.
Während sich die Mystiker mit den Orientalisten um den Sinn der
hermetischen Offenbarung streiten und die latrochemiker aus den orakel-
haften Andeutungen der Tafel die Universalmedizin zu gewinnen hoffen,
legt Robert Boyle den Grundstein zur modernen Chemie. Mochten noch
so viele neue Stoffe durch die fortgeschrittene Kunst der Alchemisten
gefunden werden, eine Befreiung von ihren Illusionen war nur durch
ganz neue Anschauungen vom Wesen der Elemente möglich. Wir haben
eben noch bei Kriegsmann die uralten vier Elemente ihre Rolle spielen
sehen. Boyle geht 1661 im Chemista Scepticus diesen Gespenstern
gründlich zu Leibe und spricht den Grundsatz aus, daß alle nachweis-
baren und nicht weiter zerlegbaren Bestandteile der Körper als Elemente
betrachtet werden müssen. Gerne möchte man sagen können, daß diese
neue Theorie allgemeinen Beifall fand, und daß noch im gleichen Jahr-
1 Er war zuletzt in Kopenhagen Professor der Philologie und Poesie, der Chemie
und Botanik, Königlicher Leib-Medicus und Assessor des höchsten Gerichts, des Kon-
sistoriums und der Kanzlei. Jöcher, Comp. Gelehrten-Lex. 1726, S. 434.
 
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