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Julius Ruska
XIII. Athanasius Kircher und W. Chr. Kriegsmann.
Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, daß schon 1603 N. Guibert
mit ernsten Gründen die Echtheit der Tabula Smaragdina bestritt. Mit
noch schwererem Rüstzeug zieht um 1653 Athanasius Kircher sowohl
gegen die Alchemisten im Allgemeinen, als gegen die Tafel des Hermes
insbesondere zu Felde.
Das 12. und 13. Jahrhundert hatte dem Abendland die Bekanntschaft
mit der arabischen Wissenschaft gebracht. Im 14. und 15. waren mit
der Wiedererweckung des klassischen Altertums auch die griechischen
Quellen der Wissenschaften und der Philosophie in den Kreislauf des
geistigen Lebens gelangt. Im Zeitalter der Reformation wurde der Blick
auf die hebräische Sprache gelenkt, in der nicht nur das Alte Testament
und ein Teil des Talmud, sondern anch geheime Weisheit der Juden
geschrieben war, in die sie auch manches arabische Werk übersetzt
hatten.1 Bald erweitert sich der Kreis der Studien, der für die christ-
lichen Theologen von Bedeutung wurde, auch auf das Chaldäische,
Syrische, Äthiopische und Koptische, und ein Sprachgenie des 17. Jahr-
hunderts, Athanasius Kircher (geboren 1601 zu Geisa im Bistum Fulda,
gest. zu Rom 1680), vermeinte sogar das Rätsel der Hieroglyphen lösen
zu können. Ausgerüstet mit einer staunenswerten Gelehrsamkeit, stellte
er sich in seinem Oedipus Aegyptiacus (Rom 1652 — 1653) die Aufgabe,
die Geschichte, die Religion und die Wissenschaften der Ägypter aus
den alten Quellen wiederherzustellen. So kommt er im Schlußbande
seines Riesenwerks außer auf hieroglyphische Mathematik (S. 1—278),
Mechanik und Baukunst (S. 279—344), Medizin (S. 345—387), Magie
(S. 436—497) und Theosophie (S. 498—546) in Classis X auch auf die
Alchimia Hieroglyphica, sive Aurifera Ars Aegyptiorum zu sprechen
(S-. 388—435). Er zweifelt nicht im mindesten daran, daß die ägyp-
tischen Könige durch Goldgewinnung ungeheure Schätze angesammelt
haben; dieses Gold war aber natürliches Gold, das aus Goldwäschen
und Bergwerken gediegen, oder aus Erzen chemisch gewonnen wurde.
Lediglich diese hüttenmännischen Kenntnisse, nicht die alchemistischen
Künste der Modernen, seien auf Hermes zurückzuführen. Das gehe be-
sonders deutlich auch aus dem hervor, was der Araber Haled nach
dem Bttch des Hermes anführe.
Wir haben Proben aus diesem arabischen Buch des Hermes schon
oben S. 51—61 kennen- gelernt. Sie waren wesentlich technischer Art
1 Vgl. hierzu aus neuester Zeit die Abhandlung von Ch. H. Haskins, Ardbic Science
in Western Europe, Isis VII (23), 1925, S. 480.
Julius Ruska
XIII. Athanasius Kircher und W. Chr. Kriegsmann.
Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, daß schon 1603 N. Guibert
mit ernsten Gründen die Echtheit der Tabula Smaragdina bestritt. Mit
noch schwererem Rüstzeug zieht um 1653 Athanasius Kircher sowohl
gegen die Alchemisten im Allgemeinen, als gegen die Tafel des Hermes
insbesondere zu Felde.
Das 12. und 13. Jahrhundert hatte dem Abendland die Bekanntschaft
mit der arabischen Wissenschaft gebracht. Im 14. und 15. waren mit
der Wiedererweckung des klassischen Altertums auch die griechischen
Quellen der Wissenschaften und der Philosophie in den Kreislauf des
geistigen Lebens gelangt. Im Zeitalter der Reformation wurde der Blick
auf die hebräische Sprache gelenkt, in der nicht nur das Alte Testament
und ein Teil des Talmud, sondern anch geheime Weisheit der Juden
geschrieben war, in die sie auch manches arabische Werk übersetzt
hatten.1 Bald erweitert sich der Kreis der Studien, der für die christ-
lichen Theologen von Bedeutung wurde, auch auf das Chaldäische,
Syrische, Äthiopische und Koptische, und ein Sprachgenie des 17. Jahr-
hunderts, Athanasius Kircher (geboren 1601 zu Geisa im Bistum Fulda,
gest. zu Rom 1680), vermeinte sogar das Rätsel der Hieroglyphen lösen
zu können. Ausgerüstet mit einer staunenswerten Gelehrsamkeit, stellte
er sich in seinem Oedipus Aegyptiacus (Rom 1652 — 1653) die Aufgabe,
die Geschichte, die Religion und die Wissenschaften der Ägypter aus
den alten Quellen wiederherzustellen. So kommt er im Schlußbande
seines Riesenwerks außer auf hieroglyphische Mathematik (S. 1—278),
Mechanik und Baukunst (S. 279—344), Medizin (S. 345—387), Magie
(S. 436—497) und Theosophie (S. 498—546) in Classis X auch auf die
Alchimia Hieroglyphica, sive Aurifera Ars Aegyptiorum zu sprechen
(S-. 388—435). Er zweifelt nicht im mindesten daran, daß die ägyp-
tischen Könige durch Goldgewinnung ungeheure Schätze angesammelt
haben; dieses Gold war aber natürliches Gold, das aus Goldwäschen
und Bergwerken gediegen, oder aus Erzen chemisch gewonnen wurde.
Lediglich diese hüttenmännischen Kenntnisse, nicht die alchemistischen
Künste der Modernen, seien auf Hermes zurückzuführen. Das gehe be-
sonders deutlich auch aus dem hervor, was der Araber Haled nach
dem Bttch des Hermes anführe.
Wir haben Proben aus diesem arabischen Buch des Hermes schon
oben S. 51—61 kennen- gelernt. Sie waren wesentlich technischer Art
1 Vgl. hierzu aus neuester Zeit die Abhandlung von Ch. H. Haskins, Ardbic Science
in Western Europe, Isis VII (23), 1925, S. 480.