Tabula Smaragdina.
177
DRITTER HAUPTABSCHNITT.
Wir haben den letzten und leichtesten Teil unsrer Aufgabe noch vor
uns. Es gilt, die Geschichte der Tabula Smaragdina im lateinischen
Westen bis auf unsre Tage zu verfolgen.
Vom Islam empfing das Abendland mit der Philosophie und Medizin
auch die alte Astrologie und Alchemie zurück, die es ein halbes Jahr-
tausend von sich fern gehalten hatte. Es beginnt im Westen das faustische
Zeitalter, dem sich die Naturwissenschaft entringt, die heute tatsächlich
leistet, was die Träume der Alten erhofften.
IX. Das lateinische Buch der Ursachen.
Hermann Kopp hat in seinen Beiträgen S. 275—384 zusammengestellt,
was sich zu seiner Zeit über die Geschichte der Tabula ermitteln ließ. Er
konnte die ältesten sicheren Spuren des Textes bei Albertus Magnus
nachweisen. Die Angabe, daß schon im 10. oder 11. Jahrhundert ein
gewisser Garlandius oder Hortulanus einen heute noch erhaltenen
Kommentar zur Tafel verfaßt habe, wird von ihm in Zweifel gezogen.
Inzwischen ist eine neue Quelle bekannt geworden, aus der sich ergibt,
daß der Text der Tabula in Verbindung mit dem Buch der Ursachen
schon im 12. Jahrhundert ins Lateinische übertragen worden ist.
Wir verdanken dem Herausgeber der Revue de l’Orient Chretien,
F. Nau, die ersten Mitteilungen über die in Paris liegende Handschrift.1
Es handelt sich um ein Werk des Hugo Sanctelliensis, das in der
Bibliotheque Nationale in zwei Exemplaren, einer Pergamenthandschrift
des XII. Jahrhunderts (Ms. lat. 13951), die aber nicht das Original dar-
stellt, und einer. Kopie aus dem XVII. Jahrhundert (Ms. lat. 13952) ver-
wahrt wird. Da sich auch eine hebräische Übersetzung (Ms. hebr. 1016)
zu Paris befindet, wäre es denkbar, daß die lateinische Übersetzung nach
der hebräischen gemacht ist; die Verunstaltung des Namens Tyana im
Lateinischen, Atlmwaca, läßt sich wenigstens am besten aus der hebrä-
ischen Schrift erklären (K5X1B: KOKltO).2 Aber solange keine genaue
Vergleichung vorliegt, muß das Urteil vorbehalten bleiben.
1 F. Nau, Une ancienne traduction latine du Belinous arabe (Apollonius de Tyane).
Revue de l’Or. Chret., 2» S6r., t. XII, 1907, S. 99—106.
2 Bemerkung von F. Nau, a. a. 0. S. 101.
Ruska, Tabula Smaragdina. 12
177
DRITTER HAUPTABSCHNITT.
Wir haben den letzten und leichtesten Teil unsrer Aufgabe noch vor
uns. Es gilt, die Geschichte der Tabula Smaragdina im lateinischen
Westen bis auf unsre Tage zu verfolgen.
Vom Islam empfing das Abendland mit der Philosophie und Medizin
auch die alte Astrologie und Alchemie zurück, die es ein halbes Jahr-
tausend von sich fern gehalten hatte. Es beginnt im Westen das faustische
Zeitalter, dem sich die Naturwissenschaft entringt, die heute tatsächlich
leistet, was die Träume der Alten erhofften.
IX. Das lateinische Buch der Ursachen.
Hermann Kopp hat in seinen Beiträgen S. 275—384 zusammengestellt,
was sich zu seiner Zeit über die Geschichte der Tabula ermitteln ließ. Er
konnte die ältesten sicheren Spuren des Textes bei Albertus Magnus
nachweisen. Die Angabe, daß schon im 10. oder 11. Jahrhundert ein
gewisser Garlandius oder Hortulanus einen heute noch erhaltenen
Kommentar zur Tafel verfaßt habe, wird von ihm in Zweifel gezogen.
Inzwischen ist eine neue Quelle bekannt geworden, aus der sich ergibt,
daß der Text der Tabula in Verbindung mit dem Buch der Ursachen
schon im 12. Jahrhundert ins Lateinische übertragen worden ist.
Wir verdanken dem Herausgeber der Revue de l’Orient Chretien,
F. Nau, die ersten Mitteilungen über die in Paris liegende Handschrift.1
Es handelt sich um ein Werk des Hugo Sanctelliensis, das in der
Bibliotheque Nationale in zwei Exemplaren, einer Pergamenthandschrift
des XII. Jahrhunderts (Ms. lat. 13951), die aber nicht das Original dar-
stellt, und einer. Kopie aus dem XVII. Jahrhundert (Ms. lat. 13952) ver-
wahrt wird. Da sich auch eine hebräische Übersetzung (Ms. hebr. 1016)
zu Paris befindet, wäre es denkbar, daß die lateinische Übersetzung nach
der hebräischen gemacht ist; die Verunstaltung des Namens Tyana im
Lateinischen, Atlmwaca, läßt sich wenigstens am besten aus der hebrä-
ischen Schrift erklären (K5X1B: KOKltO).2 Aber solange keine genaue
Vergleichung vorliegt, muß das Urteil vorbehalten bleiben.
1 F. Nau, Une ancienne traduction latine du Belinous arabe (Apollonius de Tyane).
Revue de l’Or. Chret., 2» S6r., t. XII, 1907, S. 99—106.
2 Bemerkung von F. Nau, a. a. 0. S. 101.
Ruska, Tabula Smaragdina. 12