Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sauer, Joseph
Symbolik des Kirchengebäudes und seiner Ausstattung in der Auffassung des Mittelalters: mit Berücksichtigung von Honorius Augustodunensis Sicardus und Durandus — Freiburg. i.Br., 1924

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.8576#0140

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
106 Symbolik d. Kirchengebäudes u. seiner Ausstattung in d. mittelalterl. Litt.

Zweites Kapitel.

Symbolik des Kirchengebäudes in der mittelalterlichen Litteratur.
Begriff und Anlage des Gotteshauses.

1. Durandus beginnt sein ,Rationale de divinis officiis' mit
dem Kapitel über das Kirchengebäude und zeigt damit in bewufster
Absidhtlichkeit an, dafs ein Verständnis für die kirchliche Liturgie,
für das innerste und eigenste Leben der Kirche nicht möglich ist
ohne eine vollständige Aufklärung über den Ort, an dem sich die
Liturgie vollzieht, an den sie gebunden ist wie die Seele an den
Leib. Denn Kirche, so erklärt er sofort einleitend, ist in mate-
riellem und in geistigem Sinne zu verstehen. Nach ersterem be-
zeichnet das Wort das Gebäude, in dem die göttlichen
Geheimnisse gefeiert werden; nach letzterem die Vereini-
gung der Gläubigen oder das durch Diener zusammen-
berufene und vereinigte Volk. Das Gotteshaus aus Steinen
errichtet, hat aber nicht blofs diese äufserliche Namensgleichheit
mit der Kirche Gottes; es wird selbst ein treffendes Bild dieser
Gemeinde, insofern sie ebenfalls Organisch zusammengefügt ist aus
verschiedenen und verschiedenartigen Menschen, aus lebendigen
Steinen1. Beide Begriffe sind demnach in innere Beziehung
zu einander gebracht durch das Bild des organischen Aufbaues
aus Einzelteilen, unter dem sie, wie wir schon gesehen haben, seit
frühester Zeit, seit der hl. Paulus jenen Vergleich vom geistigen
Bau aus lebendigen Steinen gebraucht hatte, erscheinen; äufser-
lich tritt diese Beziehung aufserdem noch in die Erscheinung
durch die Thatsache der Namensgleichheit, die nach dem Grund-
satz „continens pro contento" entstehen konnte. Durandus spricht
genau im Sinne Sicards2, den er nur durch unwesentliche Ein-

1 „Sicut enim corporalis (seil, ecclesia) ex congregatis lapidibus construitur,
sie et spiritualis ex diversis hominibus congregatur" (Durand. 1, 1 1).
Sicard. 1, 1 (Migne CCXIII, 16 C): „Significat ergo haec nostra materialis
universalem Ecclesiam." Vgl. auch Hugo de S. Vict., Miscell. 2, 1. 4, 2 sqq.
(Qpp. III, 2"20): „Ecclesia, in quam populus convenit ad laudandum Deum, signi-
ficat Ecclesiam sanetam catholicam, quae construitur in coelis vivis ex lapidibus."
So drückt sich auch Thomas von Aquin aus (Summa theol. 3, q. 83, a. 3
ad 2): „Domus, in qua sacramentum celebratur, ecclesiam significat et
ecclesia nominatur." Ebenso Bruno Segn., Tract. de sacram. eccl.
(Migne CLXV, 1092) u. a. m.

2 Mitr. 1, 5 (Migne CCXIII, 26 D sqq.).
 
Annotationen