112 Symbolik d. Kirchengebäudes u. seiner Ausstattung in d. mittelalterl. Litt.
an diese dreifache Gliederung der christlichen Gesellschaft liegt
auch dem für die Kirchenkonsekration vorgeschriebenen drei-
fachen Umgang des Bischofs um das Gotteshaus zu Grunde , der
dem Grundplan desselben mit seiner dreifachen Abteilung ent-
sprechen soll1.
3. Am schicklichsten läfst sich hier eine Bemerkung über die
Bedeutung der Ostrichtung des Gotteshauses anschliefsen. Weiter
oben schon haben wir gesehen, dafs der Osten der bevorzugte
Richtungspunkt war, direkt mit dem Erlöser selbst identifiziert;
die Himmelsgegend, wohin der menschliche Geist seine höchsten
Hoffnungen verlegte, -. ober alles Heil und alle Rettung ihm werden
sollte. Aus diesem Grunde soll das Gotteshaus so gestellt sein,
dafs es nach Osten gerichtet ist, und zwar nach dem Aufgang der
Sonne zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche, um anzudeuten, dafs
die streitende Kirche in Gleichmut Freud und Leid hinnehmen
mufs, nicht aber nach der Richtung des Sonnenaufgangs zur Zeit
des Sommersolstitiums, wie „einige wollen und thun" 2. Dieser Vor-
schrift begegnen wir schon in den frühesten christlichen Doku-
menten über den christlichen Kirchenbau. Die Apostolischen Kon-
stitutionen (II, 57) verlangen: l0 oJxoq Iotüj xar u.vaxolac, rerpa/x-
jievoQ, und auch das Testamentum Domini (I, 19) verlegt den Sitz
des Bischofs, also den Chor, „versus Orientem".
Drittes Kapitel.
Material und einzelne Teile des Gotteshauses in mittelalterlich-
symbolischer Beleuchtung.
Die Steine, das hauptsächlichste Material, werden allgemein
als Symbol des Einzelmenschen betrachtet, insofern er Glied am
Gesamtbau der Kirche ist. Unter Mithilfe des Bindemittels der
Liebe wird so Stein auf Stein geschichtet zum grofsen Bau des
Gottesreiches, in dem einer den andern tragen, einer den andern
stützen soll in brüderlicher Liebe und Eintracht. Unverändert
1 Durand. 1, 6 n. 2, Sicard. 1, 6 (Migne CCXIII, 28 B).
2 So Durand. 1, 1 n. 8, wörtlich nach Beleth c. 2 und nach Sicard.
1, 2 (Migne CCXIII, 17 B). Honorius Aug. (Gemma animae 1, 129 [Migne
CLXXII, 586 A]) hat blol's allgemein „ad Orientem, ubi sol oritur, quia in eis
(seil, ecclesiis) Sol Iustitiae adoratur". Vgl. auch Innoc. III, Sermo in Comm.
apost. (Migne CCXVII, 604); Otte a. a. 0. I, 11, und Kraus, Gesch. d.
christl. Kunst I, 281 ff.
an diese dreifache Gliederung der christlichen Gesellschaft liegt
auch dem für die Kirchenkonsekration vorgeschriebenen drei-
fachen Umgang des Bischofs um das Gotteshaus zu Grunde , der
dem Grundplan desselben mit seiner dreifachen Abteilung ent-
sprechen soll1.
3. Am schicklichsten läfst sich hier eine Bemerkung über die
Bedeutung der Ostrichtung des Gotteshauses anschliefsen. Weiter
oben schon haben wir gesehen, dafs der Osten der bevorzugte
Richtungspunkt war, direkt mit dem Erlöser selbst identifiziert;
die Himmelsgegend, wohin der menschliche Geist seine höchsten
Hoffnungen verlegte, -. ober alles Heil und alle Rettung ihm werden
sollte. Aus diesem Grunde soll das Gotteshaus so gestellt sein,
dafs es nach Osten gerichtet ist, und zwar nach dem Aufgang der
Sonne zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche, um anzudeuten, dafs
die streitende Kirche in Gleichmut Freud und Leid hinnehmen
mufs, nicht aber nach der Richtung des Sonnenaufgangs zur Zeit
des Sommersolstitiums, wie „einige wollen und thun" 2. Dieser Vor-
schrift begegnen wir schon in den frühesten christlichen Doku-
menten über den christlichen Kirchenbau. Die Apostolischen Kon-
stitutionen (II, 57) verlangen: l0 oJxoq Iotüj xar u.vaxolac, rerpa/x-
jievoQ, und auch das Testamentum Domini (I, 19) verlegt den Sitz
des Bischofs, also den Chor, „versus Orientem".
Drittes Kapitel.
Material und einzelne Teile des Gotteshauses in mittelalterlich-
symbolischer Beleuchtung.
Die Steine, das hauptsächlichste Material, werden allgemein
als Symbol des Einzelmenschen betrachtet, insofern er Glied am
Gesamtbau der Kirche ist. Unter Mithilfe des Bindemittels der
Liebe wird so Stein auf Stein geschichtet zum grofsen Bau des
Gottesreiches, in dem einer den andern tragen, einer den andern
stützen soll in brüderlicher Liebe und Eintracht. Unverändert
1 Durand. 1, 6 n. 2, Sicard. 1, 6 (Migne CCXIII, 28 B).
2 So Durand. 1, 1 n. 8, wörtlich nach Beleth c. 2 und nach Sicard.
1, 2 (Migne CCXIII, 17 B). Honorius Aug. (Gemma animae 1, 129 [Migne
CLXXII, 586 A]) hat blol's allgemein „ad Orientem, ubi sol oritur, quia in eis
(seil, ecclesiis) Sol Iustitiae adoratur". Vgl. auch Innoc. III, Sermo in Comm.
apost. (Migne CCXVII, 604); Otte a. a. 0. I, 11, und Kraus, Gesch. d.
christl. Kunst I, 281 ff.