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Schlie, Friedrich
Die Darstellungen des troischen Sagenkreises auf etruskischen Aschenkisten — Stuttgart, 1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.5013#0070
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60 I. Kreis der Kyprien.

Untersuchung hoffentlich doch festgestellt haben, dass diese Bildwerke
nicht so ohne Weiteres unter eine einzige Peripetie zu bringen sind, son-
dern auf mehrere Versionen der -Tragödie zurückgehen müssen. Zur Be-
stätigung und Beruhigung aber diene uns die schon erwähnte Notiz des
Aristoteles, dass die Schicksale des Telephos den Stoff zu den schönsten
Tragödien des Alterthums gegeben haben.

CAPITEL IV.
Das Opfer der Iplrigenia.

Unter den Darstellungen des Opfers der Iphigenia überwiegen bei
Weitem die aus Perugia stammenden, so dass die Beschreibung bei diesen
zu beginnen haben wird. Wir werden dabei von den einfachsten Compo-
sitionen zu den complicirtesten fortschreiten.

Nr. 1 (Perugia: S. Pietro). Die Mitte nimmt ein einfacher Altai
ein. An diesen wird Iphigenia von 1. her durch einen gepanzerten, ausser-
dem mit Chlamys und Pilos bekleideten bärtigen Mann (Odysseus) heran-
getragen, der sie mit dem r. Arm unter der Brust gefasst hat, und, wäh-
rend er mit der nicht sichtbaren Linken ihre Püsse vom Boden in die
Höhe gehoben, ihren Oberkörper über den Altar hält. In dieser halb
schwebenden Stellung sucht die hier mit Chiton und Mantel bekleidete
Jungfrau mit ihrem r. Arm eine Stütze an der r. Schulter ihres Trägers,
indem sie zugleich die Linke verzweiflungsvoll ausstreckt. An der andern
Seite des Altars tritt ihr ein wie Odysseus gerüsteter und mit Chlamys;
bekleideter bärtiger Mann gegenüber, der in der gesenkten Linken, wie es
scheint, den Schwertgriff gefasst hält, in der Eechten dagegen eine Schale
erhebt, um über das Haupt der Iphigenia die Weihespende auszugiossen.
Wir nennen 'ihn unter Vorbehalt späterer Begründung Agamemnon. Hinter
ihm steht in einfacher kurzer Gewandung ein weiblicher Dämon mit einer
Fackel auf der r, Schulter; und ihm entspricht wiederum auf der ent-
gegengesetzten Seite hinter Odysseus eine ähnliche kurzbekleidete weib-
liche Gestalt, die mit beiden Händen ein Hirschkalb an den Vorder- und
Hinterfüssen gefasst hält und vor sich her trägt.

Nr. 2 (Perugia: Museum). Diese Darstellung ist wenig verschieden
von Nr. 1. Auf dem Altare, der mit zwei Guirlanden geschmückt ist,
brennt eine Flamme. Agamemnon, welcher das Opfer vollziehen soll, ist
ebenso wie Odysseus mit einer Art Pilos bedeckt. Die hinter ihm stehende
weibliche Figur trägt keine Fackel, sondern hebt ihre r. Hand in die
Höhe, um ihre Ueberraschung auszudrücken. In der Linken hält sie
eine Bolle.
 
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