Capitel XI. Philoctetes Abholung von Lemnos. ]39
staltung des Mythus sowohl gewissen Zügen des alten Epos oder der lyri-
schen Poesie als auch einzelnen Selbständigkeiten in der Auffassung des
■bildenden Künstlers zu begegnen. Da sich letztere aber am ehesten durch
die Unterscheidung von den dramatischen und tragischen Merkmalen er-
geben werden, so muss die Untersuchung mit der Vergleichung derjenigen
alten einschlägigen Dramen beginnen, welchen der Zeit nach ein Einfluss
.auf die Monumente zustehen konnte.
Soviel wir wissen, sind es Aischylos, Sophocles, Euripides, Philocles,
Kleophon, Antiphon, Theodectes, Achaios von Eretria, Epicharmos, Strattis,
Ennius und Attius, welche die Philoctetes-Sage dramatisch bearbeitet ha-
ben. Von diesen Dichtern werden aber nur Aischylos, Sophocles, Euri-
pides und Attius als Dichter des dMoxr^'r??? Arjfiviog für nns in Betracht
kommen da von den übrigen ausser den in den Didaskalien bewahrten
Titeln kaum einige Nachrichten geblieben sind. ')
Diejenigen Fragmente und Nachrichten aber, welche ausser dem wohl-
erhaltenen Philoctet des Sophocles von dem des Aischylos, des Euripides
und des Attius auf uns gekommen sind, geben sowohl eine hinlängliche
.'Zahl von Anhaltspunkten für die Reconstruction der dramatischen Ent-
wicklung in den einzelnen Tragödien, als auch mehrfache Veranlassungen
zu Vergleichen mit unsern Monumenten. Da aber besonders die Art der
Einführung dos Odysseus für den Unterschied der einzelnen Dramen
charakteristisch ist, so beginnen wir den Vergleich am besten mit dieser
Figur.
Auf dem von uns vorangestellten Bildwerke der ersten Gruppe Nr. 3
sieht man den Odysseus 1. vom Philoctet. An dem eigentlichen Vorgange
hat er bis jetzt noch keinen Antheil, denn Philoctet wendet ihm, seinem
verhassten Todfeinde, den Eücken zu. Dagegen spielt der jüngere Grieche
.auf der andern Seite vom Philoctet offenbar eine wichtigere Eolle als
Odysseus. Er sieht dem leidenden Heros voll aufrichtiger Theilnahme ins
Antlitz, und dieser scheint trotz der lebhaften Aufregung voll Vertrauen
zu ihm zu reden. Philoctet soll nach Troja kommen, das ist es, wozu
ihn der junge Grieche in begütigender Weise zu überreden sucht. Ganz
sinnreich hat nun der bildende Künstler den Zweck des letzteren durch
') Von Philocles, Kleophon und Antiphon sind bloss die Titel eines <I>ü.o-
KrriTrjg da. Welcker, gr. Trag. III, 882, 967 ff., 1010 ff, 1040 ff. Sclineidewin
vermuthet, dass der bei Servius ad Aen. III, 402 sich findende Mythus auf einen
dieser Tragiker zurückzuführen sei. Eine eigenthümliche Version des Mythus
■war die des Theodectes von Phaseiis. Bei ihm war Philoctet nicht am Kusse,
sondern an der r. Hand verwundet und suchte sieh dadurch zu helfen, dass er
-ähnlich wie bei Sophocles das leidende «jlied abschlagen wollte, cf. v. 720 und
1160. "Welcker 1 c. 1073; Anecd. Gr Paris. I, p. 243. Von Achaios besitzen
wir ausser dem Titel nur ein hei Suidas erhaltenes Fragment aus einem <2>Uo-
v.x7)t7}q iv Tqoia, Urlichs, Achaei Eretr. rel. p. 34 ff. Ueber die betreffenden
Komödien des Epicharmos, Antiphanes und Strattis wissen wir nichts Näheres:
-wahrscheinlich truvestirte Strattis den Philoctet des Euripides: Bernhardy, Griech.
Literaturgesch II, 903 ff. Sclineidewin, Einl. zu Soph. Philoct. p. 206. Meineke
Com. gr. fr. II, 779. III, 129.
staltung des Mythus sowohl gewissen Zügen des alten Epos oder der lyri-
schen Poesie als auch einzelnen Selbständigkeiten in der Auffassung des
■bildenden Künstlers zu begegnen. Da sich letztere aber am ehesten durch
die Unterscheidung von den dramatischen und tragischen Merkmalen er-
geben werden, so muss die Untersuchung mit der Vergleichung derjenigen
alten einschlägigen Dramen beginnen, welchen der Zeit nach ein Einfluss
.auf die Monumente zustehen konnte.
Soviel wir wissen, sind es Aischylos, Sophocles, Euripides, Philocles,
Kleophon, Antiphon, Theodectes, Achaios von Eretria, Epicharmos, Strattis,
Ennius und Attius, welche die Philoctetes-Sage dramatisch bearbeitet ha-
ben. Von diesen Dichtern werden aber nur Aischylos, Sophocles, Euri-
pides und Attius als Dichter des dMoxr^'r??? Arjfiviog für nns in Betracht
kommen da von den übrigen ausser den in den Didaskalien bewahrten
Titeln kaum einige Nachrichten geblieben sind. ')
Diejenigen Fragmente und Nachrichten aber, welche ausser dem wohl-
erhaltenen Philoctet des Sophocles von dem des Aischylos, des Euripides
und des Attius auf uns gekommen sind, geben sowohl eine hinlängliche
.'Zahl von Anhaltspunkten für die Reconstruction der dramatischen Ent-
wicklung in den einzelnen Tragödien, als auch mehrfache Veranlassungen
zu Vergleichen mit unsern Monumenten. Da aber besonders die Art der
Einführung dos Odysseus für den Unterschied der einzelnen Dramen
charakteristisch ist, so beginnen wir den Vergleich am besten mit dieser
Figur.
Auf dem von uns vorangestellten Bildwerke der ersten Gruppe Nr. 3
sieht man den Odysseus 1. vom Philoctet. An dem eigentlichen Vorgange
hat er bis jetzt noch keinen Antheil, denn Philoctet wendet ihm, seinem
verhassten Todfeinde, den Eücken zu. Dagegen spielt der jüngere Grieche
.auf der andern Seite vom Philoctet offenbar eine wichtigere Eolle als
Odysseus. Er sieht dem leidenden Heros voll aufrichtiger Theilnahme ins
Antlitz, und dieser scheint trotz der lebhaften Aufregung voll Vertrauen
zu ihm zu reden. Philoctet soll nach Troja kommen, das ist es, wozu
ihn der junge Grieche in begütigender Weise zu überreden sucht. Ganz
sinnreich hat nun der bildende Künstler den Zweck des letzteren durch
') Von Philocles, Kleophon und Antiphon sind bloss die Titel eines <I>ü.o-
KrriTrjg da. Welcker, gr. Trag. III, 882, 967 ff., 1010 ff, 1040 ff. Sclineidewin
vermuthet, dass der bei Servius ad Aen. III, 402 sich findende Mythus auf einen
dieser Tragiker zurückzuführen sei. Eine eigenthümliche Version des Mythus
■war die des Theodectes von Phaseiis. Bei ihm war Philoctet nicht am Kusse,
sondern an der r. Hand verwundet und suchte sieh dadurch zu helfen, dass er
-ähnlich wie bei Sophocles das leidende «jlied abschlagen wollte, cf. v. 720 und
1160. "Welcker 1 c. 1073; Anecd. Gr Paris. I, p. 243. Von Achaios besitzen
wir ausser dem Titel nur ein hei Suidas erhaltenes Fragment aus einem <2>Uo-
v.x7)t7}q iv Tqoia, Urlichs, Achaei Eretr. rel. p. 34 ff. Ueber die betreffenden
Komödien des Epicharmos, Antiphanes und Strattis wissen wir nichts Näheres:
-wahrscheinlich truvestirte Strattis den Philoctet des Euripides: Bernhardy, Griech.
Literaturgesch II, 903 ff. Sclineidewin, Einl. zu Soph. Philoct. p. 206. Meineke
Com. gr. fr. II, 779. III, 129.