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KAISERCHRONIK EINES REGENSBURGER GEISTLICHEN.

tatsache muss ich wiederum auf das erscheinen meiner Untersuchungen verweisen, hege
aber nicht die hoff nun g, auf irgend einem ivege zu näherer chronologischer fixierung
der ältern teile zu gelangen.

7. Die historischen quellen.

Auf eine anregung Giesebrechts hin hat zuerst Welzhofer a. a. o. s. 31—57 eine
Untersuchung angestellt über die in den spätem teilen des Werkes für die deutsche
geschichte benutzten lateinischen quellen. Sein hauptresultat — das von Giesebrecht
bereits Kaiserzeit IV, s. 400 angekündigt wurde — war, dass die Kehr, von der
regierung Ludwigs des deutschen an das Clironicon Wirziburgense1 als quelle benutze.
Dem eindrucke seiner Untersuchung hat es entschieden geschadet, dass er bei seiner
Vergleichung der beiden iverke auch die entferntesten ähnlichkeiten heranzog und die
Vorstellung erwecken ivollte, als habe ein phantasiereicher dichter die magern und un-
originellen notizen des Chronicon zu breiten und detaillierten berichten künstlich auf-
geschwellt, ohne andenveitige kenntnisse und hilfsmittel. Unbestreitbar aber bleibt es,
dass gerade die Schlusspartie des uns überlieferten Chron. Wirz., in der für die jahre
1055 —1057 ein wie es scheint selbständiger ansatz zu ausführlicher berichterstattung
gemacht wird, in der Kehr. v. 16502—16547 fast, schritt für schritt tviedergegeben
ist. Freilich, was Kehr. v. 16507 ff. abweichend von dem Chronicon über die einker-
kerung des bischofs Gebhard von Regensburg beigebracht wird, beruht auf Regens-
burger localtradition und nicht, wie Welzhofer s. 44 f. will, auf einem sonderbaren
misverständnis des lateins.

Mit dem jahre 1057 bricht die uns überlieferte fassung der Würzburger chronik
ah, und nun sieht sich Welzhofer in andern gleichzeitigen quellen um. Verführt durch
Wortähnlichkeiten, die gar nichts besagen, iveil sie sich fast notwendig bei Schilderung
der gleichen dinge einstellen mussten, zupj't er bald hier bald da ein stück heraus, um
es der Kehr, gegenüber zu st eilen. Sein verfahren hat durch Bernhardi die wolbeg run-
dete Verurteilung gefunden 2. Nur hätte B. mit dem ivust von nichtssagenden parallelen
nicht auch die bemerkenswerten anklänge an Ekkehard über bord werfen sollen.

Alan ivusste seit Waitzens ausgabe, dass das Chronicon Wirziburgense eine ältere
fortsetzung gehabt habe und dass fast alle annalen und chroniken, in denen der frühere
teil, besonders die selbständige behandlung der jahre 1055—1057, benutzt ist, durch
vielfache Übereinstimmung weit über diese zeit hinaus die kenntnis jenes vollständigem
Chronicon Wirzibur gense verraten. Die besonnene Wiederherstellung dieses iverkes durch
G. Buchholz3 hat nun das überraschende resultat ergeben, dass die fortsetzung von
1058 — 1091 durchaus nicht jenen reichtum der nachrichten bietet, den der vielverheissende
ansatz in den jahren 1055—1057 versprach. Dadurch ist zugleich der beweis erbracht,
dass die auf uns gekommene fassung des Chr. W. keine verstümmelte ist, sondern eine
ältere ausgabe des iverkes darbietet: der fortsetzer hat die aufifOrder ung, die der Schluss
der alten chronik für ihn enthielt, nicht beachtet und sich für die folgezeit mit einer
knappen und trockenen notizen Sammlung begnügt. Diese magere fortsetzung aber hat
der dichter der Kehr, ganz sicher nicht gekannt: die auswahl des Stoffes ist bei ihm
eine ganz andere, nicht der leiseste anklang findet sich. So hat Buchholz bei seinem
reconstructionsversuch mit vollem rechte die Kehr, bei Seite gelassen.

Wir hätten also, wenn die ansicht Giesebrechts und Welzhofers bestehn bleibt, in
der Kehr, neben den Flores temporum des schwäbischen minonten (SS. XXIV) das
einzige iverk, welches bekanntschaft mit der ursprünglichen fassung der Würzburger
chronik aufiveist. Nun ist schon oben angedeutet worden, dass Welzhofer in der

1) SS. VI, s. 17^. 2) Jenaer Uteraturzeitung 1875, nr. 5. 3) Die Wirzburger chronik,

eine quellenkritische Untersuchung. Leipzig 1879. 8.

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