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KAISERCHRONIK EINES REGENSBURGER GEISTLICHEN.

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in jener' knappen form gelesen hat, wie sie eine reihe hairischer und österreichischer
Ido ster annalen bieten, so z. h. die Ann. Scheftl. ad a. 1103 (SS. XVII, s. 335J und die
Ann. Ratisbonenses ad 1103 oder 1104 (ebenda s. 585); diesen beiden liegen ältere
Regensburger annalen zu gründe, die um 1130 flüchtig zusammen gestellt wurden (Jaffe,
5 SS. XVII, s. 334; Wattenbach ebenda s. 577); sie könnten auch unserm autor zugäng-
lich gewesen sein.

Reichhaltig waren die schriftlichen auf Zeichnungen, die der Kehr, für das
12. jh. zur Verfügung standen, ganz gewis nicht. Wenn der dichter dem kaiser Lothar,
wie es scheint, nahe gestanden hatte, so braucht ihm die formelhaft präcise angabe über
io seine regierungszeit v. 17163. 64: 12 jalire, 12 wochen, 12 tage nicht erst durch eine
annalistische quelle vermittelt zu sein. Der offizielle Charakter dieser formulierung1
wird durch die bleitafel bestätigt, die in Lothars grabe gefunden ivorden ist2, und
offiziellen Ursprung sozusagen dürfen wir wol auch vermuten, wenn in dem diesem
kaiser nachgesandten lobpreis sich phrasen finden, die auch bei andern gleichzeitigen
15 autoren anklingen3 *, so besonders in den Annales Patherbrunnenses. Dass der Regens-
burger dichter hier aus dem westfälischen annalisten geschöpft habe, ist bei dem, was
wir sonst über den verbreitungskreis dieses Werkes wissen, von vorn herein unglaublich.
Gleichiool hat Schum von dieser ähnlichkeit ausgehend die Annales Patherbrunnenses
als quelle unserer reimchronik nachzuweisen gesuchti. Aber ivas er sonst als quelle
20 und entlehnung gegenüber st eilt (das meiste aus den nachrichten über die böhmischen
wirren und den römerzug Lothars) und durch gesperrten druck auszeichnet, das sind,
entweder ausdrücke, die sich bei Schilderung der gleichen ereignisse notwendig auf beiden
seiten einstellen mussten, oder gar ähnlichkeiten, die eben nur ein der altcleidschen
spräche unkundiger zu finden vermochte. Mit gutem gründe hat Scheffer -Boichorst bei
25 seiner Wiederherstellung der Paderborner annalen die Kaiserchronik bei Seite gelassen.

Die ganze geschickte Lothars ist deutlich aus der eigenen erinnerung und Vor-
stellung des dichters geschöpft. Die ersten zehn jahre Konrads III. sind sehr ungleich-
mässig behandelt. Bis zum falle von Weinsberg ist, was den bairischen anhänger der
Welfen vorzugsweise interessierte, erzählt, knappt zwar, aber doch nicht ohne dass
30 zu unserer sonstigen Überlieferung einige züge hinzutreten5. Nach v. 17247 aber hört
jede beziehung auf die angelegenheiten im reiche auf: aus den jahren 1141 — 1146 ist
nur die eroberung Edessas und die kreuznahme Konrads und Ludwigs erzählt: man
gewinnt fast den eindruck, als ob der dichter das erlahmen seiner kräfte fühle und
mit beschleunigter hast dem ziele zueile, das er nicht mehr erreichen sollte. Aus seinem
35 schweigen Schlüsse zu ziehen, ist bei der ungleichmässigen arbeit unseres autors nirgends
ratsam, die flüchtige beliandlung des letzten abschnitts mahnt noch mehr zur Zurück-
haltung. Vielleicht ist selbst die Vermietung überflüssig, durch die ich oben s. 44; n. 1.
sein schweigen über die Vorgänge der jahre 1145 und 1146 in und um Regensburg er-
klärte, sicher würde eine aus dieser lücke seiner erzählung gezogene folgerang, dass
40 seine quelle hier keine einheimische war, des kaltes entbehren.

8. Verbreitung und nach Wirkung.

*

Wir haben aus der geschickte der ältesten Überlieferung die Überzeugung gewonnen,
dass die Verbreitung des Werkes eine ausserordentlich rasche war. Zwischen dem original
und der noch dem 12. jh. ungehörigen Vorauer hs. lagen mindestens vier zwischen-
45 handschriften, die uns vollständig verloren sind. Von den drei alten bruchstücken 10.
11. 12 vermochten wir keines an einem astpuncte unseres Stammbaums unterzubringen,

1) Sie kehrt auch bei Ilonorius wieder. 2) Jetzt bei Bernhardi, Lothar von Supplinburg

s. 789. 3) Bernhardi a. a. o. s. 792, anm. 12. 4) Forsch, z. d. gesell. XV, s. 610 — 617.

5) S. Bernhardi, Konrad III. s. 54. 189.

Deutsche Chroniken I.

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