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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1871

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Juni (Nr. 64 - 76)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30184#0288

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den Pakt von Bordeaux nicht gehalten zu haben,
wonach die politischen Fragen der Wohlfahrt be-
ruhen werden sollten. Das Manifest weist auf
die im Lande herumgetragenen Eingaben um Wie-
derherstellung der alten Regierungsform und um
Einmischung in Italien hin. Durch die Umtriebe
der Bourbonen erheben auch die Bonapartisten
wieder das Haupt. Das Manifest verlangt Neu-
wahlen um die wahre Gesinnung des Landes be-
kannt zu machen, und erklärt die Republik für die
einzige Staatsform, welche Friede, Arbeit und
Sicherheit gewährleiste.
Paris, 11. Juni. Die Blätter beschäftigen
sich fast ausschließlich mit der Zurückberufung des
Hauses Bourbon, oder, wie Thiers sagte, des Hau-
ses Frankreich. Auf den nächsten Gang der Ereig-
nisse wird jedenfalls der Ausgang der Wahlen am
2. Juli großen Einfluß ausüben. Fallen diese
im royalistischen Sinne aus, so wird die Natio-
nalversammlung wohl alle Rücksichten bei Seite
setzen, während, falls die Republikaner oder die,
welche die Aufrechthaltung des provisorischen Zu-
standes wollen, den Sieg erringen, die Restaura-
tions-Jdeen wohl noch eine Zeit in den Hinter-
grund zurückgedrängt werden. In Paris werden
die Wahlen trotz der letzten Ereignisse wohl im
anti-royalistiseheu Sinne ausfallen.
Versailles, 14. Juni. Die Amtsz. ver-
öffentlicht die Emberufungsdekrete für die Wühler
der Dep. Blanche, Algier, Oran. Dasselbe Blatt
wiederspricht der Mittheilung eines Journals, wel-
ches behauptet hat, im Boulogner Holz würden
weitere Hinrichtungen stattfinden. In einem län-
geren Artikel sucht die Amtsztg. die Anwesenheit
der Prinzen von Orleans in der Sonntagssoiree
bei Thiers zu rechtfertigen. Thiers könnte es nur
zur Ehre gereichen, Mitglieder einer Familie bei
sich zu empfangen, deren Politik stets in der auf-
richtigsten Achtung vor dein Willen des Landes
bestanden habe. Nach Einzelheiten, welche der
Gaulois veröffentlicht, scheint die Fusion noch kei-
neswegs zu Stand gekommen zu sein.
St. Petersburg, 10. Juni. Daß der
Ehestand unter der russischen Bevölkerung mehr mit
Dornen als Rosen gesegnet zu sein scheint, geht
aus zwei Verfügungen hervor, die der Kaiser Ale-
xander kürzlich sauctionirt hat. Danach wird jeder
Gatte, welcher seine Gattin gelähmt, verwundet,
heftig geschlagen oder ihr sonstige Qualen und
Mißhandlungen zugefügt hat, mit den im Straf-
gesetz vorgesehenen und um zwei Grade verschärf-
ten Strafen belegt; außerdem aber wird er, wenn
er zu einer christlichen Cousesston gehört, auch den
religiösen Bußen unterworfen werden, welche seine
zuständige geistliche Behörde über ihn zu verhän-
gen hat. Die nämlichen Strafen werden auch den
Frauen angedroht, wenn sie, die Schwäche ihrer
Männer benützend, sich Gewallthäügkeiten gegen

latif und darüber die leere Kuppel der Tuilerien
sah. Welches sind schrecklichere Denkmale dieser
gräulichen Revolution: dort die zu Grunde gerich-
teten tausendjährigen Erinnerungen an die franzö-
sische Geschichte, oder hier der noch in voller Kraft-
fülle stehende Kirchenfürst?
Auf dem Quai d'Orsay wurde gerade eine
Reihe Verhafteter vorübergcführt, die von dem
Kriegsgerichte in der Rue Grenelle St. Germain
abgeurtheilt werden fallen. Die summarischen Er-
schießungen haben endlich aufgehört ; die Verhaf-
tungen treffen jetzt meist Leute, in deren Haus
man Waffen gefunden hat. Die Nachforschungen
nach Waffen und Aufständischen werden jetzt von
den von Versailles gekommenen Polizisten und
Geusdarmen betrieben und erstrecken sich bis auf
die Wandschränke und die Dachrinnen. Selbst die
Zimmer derer, welche Paris verlassen hatten, wer-
den aufs Peinlichste untersucht; haben die Haus-
meister nicht die Schlüssel zu denselben, so wird
durch Schlosser geöffnet und die Zimmer werden
nach beendigter Untersuchung unter Siegel gelegt.
Man fand sehr viele Brennstoffe und Explosions-
geschosse. Auch in der Provinz hat man verschie-

dieselben erlauben sollten. Als Kr'uninalverbrechen
werden jene Auseinandersetzungen zwischen Eheleu-
ten behandelt, in Folge welcher Tod, Wahnsinn,
Verlust eines Gliedes, Taubheit, Blindheit oder
Stummheit eiutritt. Wo dieß nicht der Fall ist,
kann eine gerichtliche Verfolgung nur auf eine
Klage des beschädigten Theiles oder der Eltern
desselben eingeleitet werden. Natürlich bezeichnet
diese neue Verordnung einen großen Fortschritt,
denn bis jetzt gehörte das Prügeln und Geprügelt-
werden in der russischen Ehe zu den selbstverständ-
lichen Dingen, um welche sich außerhalb des Hau-
ses Niemand kümmerte.

Cm Präservativ gegen Ruhr und
Cholera.
Unter den Leiden, welche noch nach Beendi-
gung großer Kriege die Völker treffen, sind epide-
mische Krankheiten — Ruhr, Cholera rc. rc. —
die verbreitetsten und darum gefährlichsten.
Die großen Schlachtfelder in Elsaß und Loth-
ringen, die zahlreichen Militärhospitäler und Lager
für Gefangene fordern in erster Linie die genann-
ten Provinzen Baden, Pfalz, Rheinhessen, Rhein-
preußen und in zweiter Linie das ganze übrige
Deutschland auf, mit besonderer Gewissenhaftigkeit
den Gesundheitszustand der Bevölkerung zu über-
wachen und jeder Belohnung und jedem bewährten
Mittel zur Verhütung und Heilung solcher Nach-
wehen die weiteste Verbreitung zu geben.
Gegen Ruhr, Durchfall, schleimiges, saures
Erbrechen und Mageukrümpfe gibt es aber kein
besseres Mittel als gedörrte Heidelbeeren. (Vaoei-
niurn NMillrw). Sechs Loth davon mit einem
schoppen guten alten Wein und 8 Loth Kandis
— auch mit etwas Zimmt wenn man will — zu
einem Brei gekocht und in 4 Portionen des Tages
genommen, stillen das heftige Abweichen nnd stär-
ken zugleich den Unterleib. Selbst Säuglingen
darf man den Saft von diesem Brei geben, und
die günstige Wirkung wird sich bald zeigen. Die-
ses Mittel ist so heilsam, daß es als Präservativ
gegen Ruhr und Cholera nicht hoch genug zu schä-
tzen ist, (Man vergleiche „das große illustrirte
Kräuterbuch von Dr. F. Müller", Ulm, I. Ebner,
1857). Ist mit solchen Diarrhöen heftiges Grim-
men verbunden, so lege man wollene Tücher auf
den Unterleib, die in erwärmten Branntwein ge-
taucht worden sind.
Läßt man Wein an Kraut und Beeren stehen,
so erhält man einen Trunk, der den Harn- und
Blutabgang befördert und Blasensteine abtreibt;
der aus den Blättern gepreßte Saft wirkt als
Mundwasser scorbutwidrig und ist sehr gut gegen
Mundfäule und entzündete Augen, mit Zucker ge-
trunken, sogar gegen Blutspeien; die Wurzel pul-

dene Internationale verhaftet. Bei dein Schatz-
meister der Kommune, Aubry, der in Rouen er-
wischt wurde, will man Beweisstücke für die Ver-
bindung der Kommune mit den Londoner Inter-
nationalen sowie mit den spanischen Föderativre-
publikanern gefunden haben.

Vermischtes.
— In welchem Zusammenhänge die Häringe
mit dem Heirathen stehen, läßt sich auf den ersten
Blick kaum erkennen; daß aber ein solcher Zusam-
menhang , zum wenigsten in Schottland, besteht,
erhellt aus einer Statistik des Registrator von
Clyne (Sutherland). In diesem für die General-
registratur von Schottland angefertigten Ausweise
finden sich Geburten und Sterbfälle nach Gebühr
verzeichnet; die Spalte für die Heirathen find mit
der Anmerkung ausgefüllt, daß in Folge der un-
ergiebigen Häringsfischerei keine Ehebüudnisse ab-
geschlossen wurden-. Ebenso in Fetlar, während
in Eyemouth (Berwick) während des ganzen Jahres
nur eine einzige Heirath registrirt wurde.

verisirt und in die Wunde oder auf das Geschwür
gestreut, vertreibt das faule Fleisch. Soll und
muß endlich Rothwein gefärbt werden, so thue man
es nur mit den für die Gesundheit so wohlthätig
wirkenden Heidelbeeren, die wenigstens in kleinen
Quantitäten in keiner Haushaltung fehlen sollten.
Fräulein Kath. Burger zu Michelstadt im
hessischen Odenwalds versendet gedörrte Heidelbeeren
von 5 Pfund an. in guten Papiersäcken verpackt,
nach allen Orten Deutschlands und gibt auf direkte
Anfragen auch Auskunft über Preise für größere
Quantitäten.

Aus Stadt und Land.
Schwehnrgen. In den Schwurgerichts-
sitzungen des 2. Quartals zu Mannheim kommen
zur Verhandlung die Anklagen gegen Johann
Hettmannsperger von Neulußheim wegen Erpres-
sung, sowie gegen Barbara Bock von Friedrichsfeld
wegen Kindsmord.
DEtersherm, '6. Juui. Unter denjenigen
Söhnen des Vaterlandes, welche sich bei dein be-
endigten Feldzuge gegen Frankreich durch hervor-
ragende militärische Tugenden ausgezeichnet, befin-
den sich auch mehrere Oftersheimer Kinder. Wir
nennen unter diesen zuerst Peter Gäng, Ser-
geant. In den heißen Tagen bei Nuits war die
Gefahr groß, Besonnenheit und Muth nothwendige
Bedingung, um zum Ziele zu gelangen. In ei-
nem Treffen waren alle Offiziere getödtet oder
verwundet und unser braver Sergeant Gäng über-
nahm ohne Zögern das Commando über eine kleine
Abtheilung; nach vielen Mühen gelang es ihm,
seinen Leuten den Sieg zu sichern und sich selbst
die Anerkennung der Militärbehörden zu verdienen,
welche ihn für das Eiserne Kreuz vorschlugen, das
ihm auch überreicht wurde.
Wundarzneigehülfe H e ß erhielt ebenfalls für
treue, unermüdliche, ausgezeichnete Dienstleistungen
das Eiserne Kreuz.
Wachtmeister Franz Haug vom 2. Drago-
ner-Regiment wurde mit der silbernen Militär-
Verdienst-Medaille geschmückt.
Im Ganzen hatte Ofterheim 74 Mann im
Felde stehen, was bei einer Einwohnerzahl von
1569 Seelen gewiß ein starkes Contingent zu nen-
nen ist. Gefallen ist Keiner, verwundet wurden 7,
darunter befindet sich Ludwig Jakobi, welcher erst
diese Woche aus dem Lazareth in Schwetzingen
entlassen und hieher gebracht wurde.
Bei dieser Gelegenheit wollen wir nicht uner-
wähnt lassen, daß Oftersheim auch das Seinige
gethan hat, wo es galt, thatkräftig einzugreifen,
um den Verwundeten das ohnehin schon harte Loos
zu erleichtern. Mit Freuden steuerte Jeder nach
seinen Kräften bei zu den Sammlungen für die
Lazarethe in Schwetzingen. Was guter Wille ver-

— Der berühmte Violinist Berthome sah,
als er noch ein Knabe war. so oft er üble, eine
Spinne Hervorkommen um ihn zu hören: sie wurde
zuletzt ganz zutraulich und nahm ihren Sitz auf
dem Notenpult. Lenz erzählt von einer Ganz,
die einem Harfenspieler überall hin folgte, wo er
spielte, und Bingley von einer Taube in der Nähe
von einer jungen Dame, die auf dem Klavier
Meisterin war. Diese Taube nahm jedoch nur
dann Notiz von ihrem Spiel, wenn sie die Arie
„Axwri si" aus Händels Oper „Admet" hörte,
dann kam sie hervor und setzte sich ans Fenster;
sobald aber diese Arie zu Ende war, flog sie wie-
der nach ihrem Taubenschlage.

— Eine 58jährige Frau in Hamburg wurde
in Schmutz und Lumpen gehüllt, halb verhungert
aufgefunden. Dieselbe besaß fünf Sparkassenbücher
mit ca. 3000 Mark und 2000 Mark baares Geld
nnd wollte ihre mit handhohem Schinutz bedeckte
Wohnung nicht verlassen, weil ihr etwas gestohlen
werden könnte.
 
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