Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0015
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Vorbemerkung.

241

Jahrhunderts durch Brand zerstört wurde. Unsere Ausgrabung hat ferner mit Sicherheit
ergeben, daß mehr als die Hälfte des eigentlichen Nordwestbezirkes, und zwar der wichtigere,
nach Süden zu gelegene Teil nach dem Brande überhaupt nicht mehr berührt wurde und
bis zu dem Zeitpunkte, in dem unsere Grabung einsetzte, im buchstäblichen Sinne des Wortes
intakt geblieben war. Was da am Tage der Katastrophe vom Schutt bedeckt wurde, das
fand sich völlig unberührt wieder, so daß für uns die genaue Untersuchung des Brandschuttes
eine ebenso mühevolle und zeitraubende als wissenschaftlich dankbare Aufgabe wurde.
An denjenigen Stellen, an denen der Brand mit geringerer Heftigkeit gewütet oder
die er überhaupt gar nicht erreicht hat, so an der äußersten Nordwestecke der Burg, in
der Gegend nördlich von Hilani III und an der östlichen Begrenzung des im folgenden
(vgl. auch Tafel L) mit J bezeichneten Bauwerks sind im Gegensatz zu den durch Brand
zerstörten Teilen mehrfach nicht nur die Ziegel mauern, sondern auch die Fundamente selbst
völlig verschwunden. Da haben eben immer wieder Leute gebaut und die alten Fundamente
als Steinbruch benutzt. Warum dabei die durch Brand zerstörten Stellen vermieden und
geschont wurden, ist nicht leicht zu verstehen; man könnte sich ja im Gegenteil vorstellen,
daß es für die Leute unendlich bequemer gewesen wäre, die gebrannten Ziegel einzeln aus-
zubrechen, als den Lehmschutt wegzuräumen oder gar noch aufrechte Manern aus ungebrannten
Ziegeln zu demolieren, und doch ist dies geschehen und jenes nicht. Die großen Prunkräume,
die auf Tafel L mit J 1, J 2, J 3, K 1 und K 2 bezeichnet sind, und viele andere weniger
wichtige sind so durch mehr als sechsundzwanzig Jahrhunderte völlig unberührt geblieben,
während in der unmittelbaren Nähe schon die Arbeiter Asarhaddons und dann Leute in
hellenistischer und noch späterer Zeit Steine gesucht oder neue, meist recht klägliche Bauten
aufgeführt haben. Fast möchte man glauben, daß heilige Scheu oder Aberglaube die Leute
abgehalten habe, sich an dem Brandschutte der großen Paläste zu vergreifen; vermutlich ist
dabei aber doch ein rein praktischer Grund maßgebend gewesen. Für die in der Katastrophe
gebrannten Ziegel hatte man offenbar nicht viel Verwendung; wo man für das Pflaster in
Höfen oder Baderäumen gebrannte Ziegel brauchte, stellte man sie in der gewünschten Form
und aus besonders fein geschlämmtem Ton neu und glatt her; die rauhen Ziegel aus den
verbrannten Mauern konnte man dazu nicht brauchen und sie wieder in neue Mauern ein-
zubauen scheute man sich in der Regel, weil man wußte, daß sie ungleich leichter auszu-
brechen waren, als ungebrannte Ziegel. Aber auch die rohen Klaubsteine in den Fundamenten
scheinen an sich nicht sehr verlockend gewesen zu sein; was im Schutte der alten Bauwerke
hauptsächlich lockte, das waren sicher die großen Orthostaten; diese findet man immer wieder
von neuem verwendet, und wir haben schon früher gesehen, wie bereits die Baumeister
Asarhaddons für seinen auf der Stelle von Hilani I errichteten Palast fast durchwegs Ortho-
staten aus älteren Bauwerken benutzten, natürlich mit Vorliebe glatte, soweit solche zu halten
waren; aber auch solche mit Reliefs, die dann abgearbeitet wurden, was immer noch sehr
viel einfacher war, als die Herstellung neuer Orthostaten und ihr Transport aus dem viele
Stunden weit entfernten Steinbruch. Bei einem großen Brande aber gehen auch die sonst
nahezu unverwüstlichen Doleritblöcke fast ausnahmslos in Trümmer oder bekommen wenigstens
Risse und Klüfte, die sie wertlos oder nur für Fundamentsteine brauchbar machen. Es
unterliegt keinem Zweifel, daß wir diesem Umstande die Erhaltung vieler wertvoller Reliefs
verdanken, die sonst rettungslos dem Spitzhammer verfallen wären.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das großartige Relief mit dem sitzenden Barrekub,
das Tafel LX abgebildet ist. Das obere Bild dieser Tafel zeigt es in situ mit den Spuren
des Brandes. Die Risse waren genügend, den Stein vor der Abarbeitung zu bewahren, aber
die einzelnen Stücke waren noch immer zu groß, als daß sie als Fundamentsteine bequem
gewesen wären, so blieb der ganze Stein als wertlos unberührt stehen und konnte jetzt in
Berlin wieder ad integrum zusammengesetzt werden, wie das untere Bild dieser Tafel zeigt.
 
Annotationen