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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0148
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374

F. v. Luschan.

Hinter dem König steht ein etwas kleinerer bartloser Jüngling, vielleicht ein Eunuch,
dessen Tracht mit der seines Herrn fast völlig übereinstimmt. Er hat aber keinen Helm, sondern
nur ein schmales glattes Stirnband; ebenso hat er keine Reifen an den Handgelenken und
die großen runden Spangen über dem Ellenbogen sind zwar auch offen, aber nicht mit über-
greifenden Enden, wie die des Königs. Hingegen hängt ihm vom Gürtel eine Schnur mit
vier untereinander befindlichen Quasten herab, vielleicht ein Rang- oder Würdezeichen,
das die Art seiner Stellung am Hofe andeuten soll. In der erhobenen Rechten trägt der
Jüngling eine Blume; die gesenkte Linke hält einen fast faustgroßen mit einem Henkel ver-
sehenen rundlichen Gegenstand, wohl einen Beutel (mit Edelmetall?).
I. DIE INSCHRIFT DES KÖNIGS KALAMU.
Auf Taf. IL ist zu sehen, wie auf beiden Seiten der großen Schwelle, über die man
in die Vorhalle J 1 des großen Palastes J gelangte, Orthostaten in situ gefunden wurden.
Beide hatten durch die große Brandkatastrophe, der die Paläste Barrekubs zum Opfer fielen,
sehr stark gelitten. Der südöstliche dieser Laibungs-Orthostaten ist, wie Taf. LH zeigt, glatt
und ohne Verzierung; ein großer und viele kleine Sprünge'haben ihn zerrissen und zerklüftet,
doch stand er bei der Freilegung noch aufrecht da und konnte bei der Aufnahme für die
Taf. LH noch mitphotographiert werden. Entsprechend der weitgehenden Zerstörung, der
die nordwestliche Seite der großen Halle ausgesetzt gewesen war, ist auch der Laibungs-
Orthostat dieser Seite durch den Brand fast vollkommen vernichtet worden. Das ist um so
mehr zu beklagen, als er mit einem Relief und mit einer Inschrift versehen war. Der Stein
erwies sich bei der Auffindung in viele große und zahllose kleine Stücke zertrümmert und
eine Wiederherstellung schien zunächst völlig ausgeschlossen. Jedenfalls mußte sie jahre-
lange mühevollste Mosaikarbeit bedingen, wenn es überhaupt gelingen sollte, den Text zu
retten. Wir müssen deshalb der Verwaltung des Kaiserlich Ottomanischen Museums zu dem
allergrößten Dank verpflichtet sein, daß sie die Bruchstücke, über deren wissenschaftlichen
Wert sie trotz ihres unscheinbaren und fast trostlosen Aussehens natürlich genau orientiert
war, der Berliner Sammlung überließ und sich dafür mit der allerdings glänzend erhaltenen
und in tadellosem Zustand befindlichen Inschrift des Barrekub begnügte, von der im nächsten
Abschnitt dieses Kapitels, S. 377ff. die Rede sein wird.
Nicht geringer Dank wird aber auch Herrn Seils geschuldet, der es in aufopferndster
Arbeit fertig gebracht hat, die kleinen und kleinsten Bruchstücke wieder zu einem ganzen
zu vereinen, und so der wissenschaftlichen Untersuchung einen Text zugänglich zu machen,
der ihr sonst für immer verloren gegangen wäre. Dabei war die Zusammenfügung der
größeren Stücke und das Aufrichten des ganzes Blockes die sehr viel geringere Arbeit; die
Hauptschwierigkeit bildete nicht der Aufbau des Skelettes, sondern die Wiederherstellung der
Epidermis. Eine Feuersglut, die Orthostaten von der Dicke eines halben Meters völlig zer-
trümmern konnte, mußte auf das feine Relief einer schutzlos der Hitze preisgegebenen In-
schrift naturgemäß fast vernichtend wirken. Besonders die ungleiche Erhitzung der im Relief
vortretenden Buchstaben mußte ihre Erhaltung auf das ärgste gefährden. Stärker erhitzt
dehnten sie sich auch stärker aus und splitterten manchmal in toto von dem Steine ab, wie
die aufgeklebten Buchstaben einer Firmatafel. Ähnliches Absplittern war auch sonst vielfach
in Sendschirli zu beobachten gewesen, so bei den drei großen Basen des Baues K, bei den
Laibungslöwen des Torgebäudes Q und in völlig gleichartiger Weise schon 1888 bei der
Taf. I abgebildeten großen Stele Asarhaddons, wo von dem Siebengestirn über dem Haupte
des Königs nur vier Sterne erhalten, die drei andern abgesplittert sind und zwar so genau
in der Ebene der Grundfläche, daß man Mühe hat, überhaupt zu erkennen, wo sie gestanden
haben. Von zweien dieser Sterne kann man bei guter Beleuchtung heute noch die alte Stelle
 
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