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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0104
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F. v. Luschan.

nimmt die Darstellung eines typischen Totenmahles ein, die untere trägt in erhabener Technik
neun Zeilen aramäischer Schrift. Das Relief zeigt rechts eine sitzende, anscheinend (?) bärtige
Figur, links eine stehende, vielleicht weibliche mit auffallend großem Kopf; beide Figuren
haben je eine Hand erhoben, in der sie eine Art Glockenbecher zu halten scheinen, wie um
sich zuzutrinken. Die bärtige hält in der linken Hand etwas wie eine Blume, während die
stehende in ihrer Linken eine gesenkte Keule mit großem runden Kopf zu halten scheint.
Zwischen den Figuren ist wiederum der Tisch für die Totenmahlzeit sichtbar, diesmal ohne
die dritte Stange, aber auch mit flachen Broten belegt. Der obere Rand des Steins ist etwas
beschädigt, man kann aber oberhalb der queren Leiste, die das Relief abschließt, noch drei
Symbole erkennen: in der Mitte jene „Schleife“, die mehrfach unter den Symbolen unseres
Kulturkreises erscheint und z. B. hier auf Tafel LXVII zwischen der Hörnermütze und dem
in ein rundes Feld eingeschriebenen Stern zu sehen ist, Zu beiden Seiten dieser Schleife
befinden sich große sternförmige Rosetten. Eine dritte solche oder sonst ein anderes Symbol
von etwa derselben Größe hat sich anscheinend ursprünglich auch noch oberhalb der Schleife
befunden, doch ist der Stein hier so beschädigt, daß man eben nur noch aus dem vorhandenen
Raum auf ein viertes Symbol schließen kann.
Von der Existenz dieser schönen Stele war mir zufällig durch einen dankbaren
Patienten berichtet worden. Wir haben sie dann, da ihr Fundort außerhalb unserer amt-
lichen Ausgrabungserlaubnis lag, nach Konstantinopel bringen lassen, wo sie seither von Fach-
leuten studiert wurde. Aber noch ist die Inschrift nicht sicher gelesen. Den ersten Ver-
such einer Lesung hat F. E. Reiser veröffentlicht (Oriental. Literaturzeitung I. 1898 p. 6).
Ich kann seiner Lesung nicht zustimmen, wage aber freilich auch nicht, meine eigenen Ver-
suche hier mitzuteilen. Unabhängig von Peiser hatte ich schon an Ort und Stelle Barrekub
und melek ja/di lesen zu können geglaubt, aber ich fürchte, daß das bloße Suggestion war;
jedenfalls möchte ich gegenwärtig auch diese meine eigene Lesung nicht vertreten.
Es ist sehr. zu bedauern, daß diese beiden in der Nähe von Sendschirli gefundenen
Stelen, die eine mit hethitischer, die andere mit semitischer Inschrift, nicht besser erhalten
sind, so daß es schwer ist, sich über Einzelheiten des Stils und der Technik zu orientieren.
Hoffentlich wird es später einmal möglich sein, beide Inschriften mit Sicherheit zu lesen;
dann wird man auch für die Datierung der Bildwerke sichern Anhalt gewinnen. Einstweilen
dürfte die Stele von Oerdek-Burunu wohl in das 9. Jahrh. gesetzt werden können, die von
Karaburdschlu aber nicht unwesentlich älter sein, was freilich nicht ausschließt, daß hethitische
und aramäische Schrift in Nordsyrien auch gleichzeitig nebeneinander vorkommen konnte,
wofür sonst ja mehrfach Anhaltspunkte vorliegen.
B. BILDWERKE VON HILANI II.
1. Orthostat mit einer Sphinx.
Das als „Hilani“ II bezeichnete, fast in der Mitte des ganzen Burgberges gelegene,
große Gebäude ist wahrscheinlich schon von der Zeit des Barrekub und jedenfalls sehr gründ-
lich zerstört worden, so daß von ihm kaum mehr als sein Grundriß feststeht; nur an wenigen
Stellen sind noch Blöcke der Läuferschichte erhalten, so besonders an der westlichen Ein-
gangslaibung. Da ist in der unmittelbaren Nähe der Laibungsläufer ein Orthostat mit einer
Sphinx gefunden, der hier Tafel LV abgebildet ist. Der Block hat links eine scharfe Stoß-
fuge, rechts glatte Außenfläche, so daß er an die innere Ecke der westlichen Türlaibung an-
zusetzen käme, wo die Läufer auch eine für ihn passende Abschlichtung zeigen. Dei- Block
ist 120 cm lang und hat auf der oberen Fläche ein Dübelloch von 2 zu 5,5 cm, also von
sehr ungewöhnlicher Form, die uns gestattet, auch eine Anzahl anderer, aber schmuckloser
Orthostaten mit den gleichen Dübellöchern demselben Bau zuzuschreiben.
 
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