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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0147
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Kleine Stele eines Königs aus dem südlichen Hallenbau P.

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bis zur Freilegung durch uns nicht weiter berührt worden sei. Die Fundstelle lag etwa
1 m südlich von der Südwestecke des Hilani II, aber wir haben keinerlei Anhalt, daraus auf
eine Zugehörigkeit zu diesem Bauwerk oder gar erst zum Hallenbau P zu schließen. Aus
stilistischen Gründen muß das Relief unbedingt um wenigstens ein Jahrhundert vor die Zeit
des Barrekub gesetzt werden und aus der großen Ähnlichkeit mit einem später noch zu
beschreibenden Relief des Königs Kalamu, der etwa in die Mitte des 9. vorchr. Jahrh. an-
zusetzen ist, wird man auch für diese Stele auf die selbe Zeit schließen dürfen. Wo sie
ursprünglich gestanden hat und wie sie auf ihren Fundort gelangt ist, entzieht sich einst-
weilen noch völlig unserer Kenntnis.
Die kleine Stele ist nur 57 cm hoch, oben abgerundet, unten aber ohne den nach
der Form des ganzen Steines eigentlich zu erwartenden Zapfen und auch ohne Spuren eines
solchen, so daß man nicht etwa annehmen kann, daß ein solcher ursprünglich vorhanden
gewesen und später abgearbeitet worden ist.
Das Relief zeigt einen aufrechten, wohl schreitend zu denkenden, bärtigen Mann, sicher
einen König, und hinter ihm einen bartlosen Diener, beide nach rechts gewandt. Der König
trägt ein fast bis an die Knöchel reichendes glattes Unterkleid mit einem etwa handbreiten
Saum, den ich nicht ganz verstehe; er dürfte vielleicht als in schwerer Applikationsarbeit
ausgeführt zu denken sein. Darüber liegt, durch einen breiten glatten Gürtel zusammen-
gehalten, in drei Touren ein anderes Gewand mit handbreitem einfachen Fransensaum. Zu
dem unteren Kleid gehören kurze, bis etwas über die Mitte der Oberarme reichende Ärmel
und ebenso ist ein deutlicher Halsausschnitt, oben mit einem Saum und mit der Andeutung
einer Fältelung in der Brustgegend auf das Unterkleid zu beziehen. Den Kopf bedeckt ein
eng anliegender, glatter Helm mit kurzem, kegelförmigen Pickel. Sein unterer Rand ist mit
einem glatten schmalen Streifen versehen, der vielleicht dem Helmfutter entspricht. Hinter
dem Ohr ist eine kleine Ose sichtbar und unter ihr kommen zwei lange, runde, bis über die
Schulter reichende, dünne Wülste zum Vorschein, vermutlich irgendwie zu dem Helmfutter
gehörig. Das natürlich in Frontansicht dargestellte Auge ist weit geöffnet. Der äußere
Augenwinkel ist fast um die ganze Länge der Lidspalte nach außen verlängert, so daß man
wohl an die ja auch sonst für das alte Syrien belegte Sitte denken muß, die Lidspalten durch
einen Streifen von schwarzer Farbe (kohl = Antimon) länger und größer erscheinen zu lassen.
Über der ganzen Lidspalte und ihrer Verlängerung ist eine mächtige, in zwei Reihen an-
geordnete Braue vorhanden. Ober- und Unterlippe sowie die Backengegend sind rasiert;
hingegen zieht sich vor dem Ohre vom Helmrand bis zur Kinngegend ein dichter Bart,
der vorn in drei Reihen von je sieben Locken bis in Schulterhöhe herabhängt. Unter und
hinter dem Ohre ist weit über Schulterhöhe herabfallendes, in mehrere Reihen von Locken
geordnetes Haupthaar dargestellt.
Der König hat sehr sorgfältig behandelte Sandalen mit dicken Sohlen, einem niedrigen
Fersenstück und einem System von zahlreichen schrägen, von der Gegend über der Ferse
nach vorn verlaufenden Schnüren. In der Ristgegend sind Laschen zur Befestigung angedeutet.
Vorn biegt anscheinend die Sohle selbst nach der Rückenfläche der Zehen um.
Über jedem Ellenbogengelenk trägt der König einen glatten, runden Armreifen mit
leicht übergreifenden Enden; außerdem an jedem Handgelenk einen Reif mit je einem sechs-
strahligen Blumenstern, von denen der auf dem Reifen der rechten Hand in der Mitte der
Beugeseite sichtbar ist, der auf der anderen Hand auf der Mitte der Streckseite. Die rechte
Hand ist leicht vorgestreckt und bis in die Gegend der linken Schulter erhoben; sie ist fast
geschlossen, nur der Zeigefinger ist gestreckt, gerade als wollte der König einem Befehle
besonderen Nachdruck verleihen. Der linke Arm ist gesenkt; die Hand hält eine kelch-
förmige Blüte.
Mitteilungen aus den Orient. Samml. Heft XVI (Sendscbirli Heft IV). 49
 
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