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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0040
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266

F. v. Luschan.

erhalten. Legt man die Maße von P 1 zugrunde, so ergeben sich für P 10 mit Sicherheit
genau drei Öffnungen zwischen zwei Pfeilern an den Enden und zwei Säulen.
P muß demnach wenigstens in seiner letzten Form ein einheitliche!’ Bau gewesen
sein, dessen Charakteristiken die großen Hallen sind. Über die Art seiner Ausschmückung
ist einstweilen nichts bekannt; in der unmittelbaren Nähe des Pfeilers p1 beim Hilani II
wurde eine ganz kleine Stele gefunden, in der Nähe von p2 ein großer Löwe, ungefähr in
der Mitte des Hofes eine kleine schön verzierte Basis, dann noch ein Orthostat, der vom
Hilani III verschleppt scheint — alle vier Stücke aber sicher nicht in situ und anscheinend
überhaupt nicht in irgendeinem alten Zusammenhang mit dem bisher freigelegten Teile des
Bauwerks. Sie werden später mit den übrigen Bildwerken beschrieben werden, kommen
aber für den Hallenbau selbst, wenigstens vorläufig nicht in Betracht. Bei dem unfertigen
Zustande der Grabung scheint es mir auch geboten, mit Meinungen über die innere Be-
stimmung des Hallenbaues P zurückzuhalten.
Als ich am 25. Oktober 1902 der Anthropologischen Gesellschaft einen vor-
läufigen Bericht über die Campagne jenes Jahres abstattete, war es die erste ordentliche
Sitzung dieser Gesellschaft nach dem Hinscheiden von Rudolf Virchow gewesen. Heute,
wo endlich, fast neun Jahre nach Abschluß der Grabung, der ausführliche Bericht in Druck
geht, habe ich dreier anderer Toten zu denken, die sich um unsere Kenntnis von Sendschirli
nicht minder verdient gemacht haben. Am 11. März 1908 ist Richard v. Kaufmann gestorben,
der Gründer und langjährige Vorsitzende des Orient-Komitees, und am 24. Februar 1910 wurde
uns Hamdy-Bey entrissen, der Generaldirektor des Kaiserlichen Ottomanischen Museums, der
1883, wenige Wochen vor Puchstein und mir als erster Europäer in Sendschirli gewesen war
und seither nie aufgehört hat, tatkräftig für die Erforschung des Ortes einzutreten. Am
9. März 1911 aber haben wir nun auch Otto Puchstein selbst verloren, der fast dreißig
Jahre lang unsere Bestrebungen zur Erforschung von Sendschirli mit nie ermüdetem Interesse
verfolgt und unterstützt hat.
So ist dieser Bericht über die fünfte Campagne dem Andenken von vier
Männern gewidmet, deren Namen mit der Ausgrabungsgeschichte von Sam/al
für immer verknüpft sein werden. Mögen ihre Nachfolger jeder an seiner Stelle
der alten Tradition getreu bleiben und sich die weitere Erforschung von Send-
schirli angelegen sein lassen.
Die sichere Aussicht, gerade in Sendschirli noch weitere Inschriften und
Bildwerke zu finden, welche für die Geschichte des alten Orients, für die Kunst-
geschichte, für die Sprachforschung und ganz besonders auch für unser Ver-
ständnis der Bibel von so großer Wichtigkeit sind, ist zu verlockend, die Teil-
nahme aller Gebildeten an diesen Ausgrabungen zu lebhaft, als daß ein längerer
Stillstand derselben möglich wäre.


Abb. 173. Statue, gefunden vor der Südostmauer von J. v. Luschan phot. 1902. Vergl. Abb. 260—267
 
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