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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0118
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344

H. v. Luschan.

Auf Tafel LVIII ist ein an Ort und Stelle aus sieben Bruchstücken zusammengelegter
Orthostat dieser Reihe abgebildet, der wahrscheinlich an das Südende der ganzen Front ge-
hört; dargestellt sind zwei Männer, vorn ein bärtiger, hinten ein bartloser; beide tragen das
Haupthaar in langen Locken, die nach hinten in drei Schichten bis an die Schultern herab-
hänfen, während vor dem Ohre eine einzelne Locke dargestellt ist, die auch bis etwa in
Schlüsselbeinhöhe herabreicht. Bei dem vorderen Mann ist diese Locke regelrecht in engen
Spiralwindungen gerollt, während sie bei dem Eunuchen hinter ihm nur aus zwei neben-
einanderliegenden gewellten Strähnen zu bestehen scheint. Bei beiden Köpfen ist das Gesicht
in fast reiner Seitenansicht dargestellt, nur das Auge erscheint, wie ja auch sonst meistens
auf den Bildwerken dieser Zeit, in reiner Vorderansicht. Dabei ist die besondere Form des
inneren Augenwinkels mit der Tränengrube sehr naturalistisch wiedergegeben; die Lider sind
in etwas übertriebenem Relief behandelt, die Oberlidfalte ist sehr deutlich hervorgehoben,
ebenso der kräftige Augenbrauenbogen. Die Ohren sind nahezu naturalistisch gebildet; die
an ein spätes Omega erinnernde Symmetrie des oberen und des unteren Teils, die wir bei
den Ohren älteren Stils feststellen konnten, ist verlassen; besonders ist ein richtiges Läppchen
angedeutet, ebenso sind tragus und crura einigermaßen richtig gebildet.
Sehr schwer verständlich ist die Kopfbedeckung. Ich wage nicht mit Sicherheit zu
entscheiden, ob wir an Metallhelme zu denken haben, oder etwa an ein turbanartiges Ge-
winde. Genau wie auch bei den sehr viel sorgfältiger gearbeiteten Porträtdarstellungen des
Bauherrn selbst (vgl. Tafel LX und LXVH) handelt es sich um ein etwas höher als halb-
kugeliges Gebilde mit einer stumpfen pickelförmigen Erhöhung in dei' Mitte; von dieser hängt
regelmäßig eine ganz kurze Quaste herab. Parallel mit dem vorderen und mit dem hinteren
Kontur dieser Kopfbedeckung ist eine regelmäßige Furche angebracht, die entweder auf irgend-
eine Art Hehnbeschlag hindeutet, oder auf eine ganz rohe und schematische Behandlung von
Turbangewinden. Vielleicht handelt es sich um Metallhelme, die nur mit ganz dünnen Stoff-
lagen umwickelt waren; jedenfalls war die Kopfbedeckung dünn und der Kopfform eng an-
liegend. In der Stirngegend kommen unter dem Rande noch zwei Reihen von gewelltem
Haar zum Vorschein.
Auch auf die Art der Gewandung gestatten die vorhandenen Darstellungen keinen
sicheren Schluß. Es scheint sich im wesentlichen um ein bis an die Knöchel reichendes
Untergewand zu handeln, mit weitem Halsausschnitt und mit bis auf die halbe Höhe des
Oberarms reichenden Ärmeln, hinten mit deutlichen Falten; darüber scheint vielleicht toga-
ähnlich ein langes, rechteckiges Stück Zeug geschlagen, das auf der rechten Schulter in einen
Zipfel zusammengefaßt wird und unten bis fast an den Rand des Untergewandes reicht, in
der Regel mit breitem Franzensaum. Vielleicht gehören zu dieser Tracht noch Schnüre, wie
solche auch auf der Seite 54 dieser „Ausgrabungen“ abgebildeten Statue des jüngeren
Panammu über das Inschriftfeld ziehen. Freilich kann es sich hier und dort auch nur um
einen schmucklosen Gewandsaum handeln.
Ganz besonders roh sind die Hände und die Füße behandelt; die letzteren stecken in
plumpen Schuhen mit auffallend dicken Sohlen.
Auf Tafel LIX sind zwei weitere Steine dieser Reihe abgebildet; links einer mit nur
einer Figur, die nach rechts schreitend dargestellt ist. Die Tracht ist etwas abweichend,
vor allem fehlen unten an der Gewandung Falten und Franzen; auch die Haartracht entfernt
sich etwas von dem sonstigen Schema. Hinter dem Ohr sind zwar die üblichen vier langen
enggedrehten Lockenspiralen dargestellt, aber die vor dem Ohre herabhängende Schläfenlocke
fehlt. Auch technisch wich dieser Stein insofern von der Mehrzahl der übrigen ab, als die
Figur nur ganz unwesentlich aus dem Niveau dei* Steinfläche hinausragt und ihr Relief im
wesentlichen nur dadurch zustande kommt, daß die Fläche des Steins etwa handbreit um sie
herum etwas vertieft wurde.
 
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