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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0120
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F. v. Luschan.

zu verbinden und damit zugleich einen architektonischen Abschluß gegen den Hof mit den
älteren Bauwerken im Norden des Burgberges zu schaffen. Der Grundriß dieser schönen
Anlage („nördlicher Hallenbau“) ist auf Tafel XXVI/VH gegeben; eine ausführliche Be-
schreibung ist auf S. 159 ff. zu finden.
Auf die künstlerische Ausschmückung dieser Halle hat der königliche Bauherr sichtlich
die größte Mühe gewandt; in der Tat bedeutet der Stil 'der Reliefs und des einen uns
wenigstens teilweise erhalten gebliebenen Säulensockels gegen die Kunst der früheren Bau-
werke einen gewaltigen Fortschritt; ja man kann kühn sagen, daß diese am Ende des
8. vorchr. Jahrh. entstandenen Skulpturen auf der Höhe der nordsyrischen Kunst stehen und
von keinen bisher sonst aus Nordsyrien bekannten Bildwerken jener Zeit übertroffen werden.
Freilich stehen sie hinter der verfeinerten Kunst der gleichzeitigen Assyrer noch zurück,


Abb. 255. Orthostat vom Ostende der Prunkfa<?ade des Barrekub mit
dem XBilde 7des Königs. Vergl. Tat. LX. Dolerit, etwa Vi-i d. w. Gr.
Original in Berlin, v. Luschan phot. 1894.

aber sie zeigen uns dafür auffallende Anklänge
an die älteste Kunst der Griechen, an deren
Entwicklung das nördliche Syrien wohl sehr
viel größeren Anteil gehabt hat, als gemeinhin
angenommen wird. Daß sich die griechische
Schrift aus der nordsyrischen entwickelt hat,
ist ja ohne weiteres klar. Aber zu behaupten,
daß auch die griechische Kunst aus Nord-
syrien stammt, würde gegenwärtig vielen noch
als phantastisch und ketzerhaft erscheinen, ist
aber vielleicht in wenigen Jahren schon ein
abgedroschener Gemeinplatz und gehört dann
zu den Dingen, die man „längst gewußt“ hat.
Ain Ostende der Prunkfa^ade haben
wir in situ, wie das obere Bild von Tafel LX
zeigt, einen großen Orthostaten gefunden, der
durch Feuer in mehrere Stücke zersprengt war
und wohl deshalb von den Werkleuten späterer
Bauherren verschmäht und an Ort und Stelle
belassen wurde. Der Stein zeigt auf seiner
vorderen Bildfläche den auf einem reich-
geschmückten Throne sitzenden König und vor
ihm einen bartlosen stehenden Mann. Aber

auch die linke Schmalseite des Orthostaten ist mit Bildwerk versehen; es zeigt einen Diener
mit Fliegenwedel.
Für das Relief der Vorderfläche verweise ich auf Tafel LX. Der König trägt die
gleiche Tracht, wie die Männer auf den Orthostaten von Hilani III und auch die gleiche
helmartige Kopfbedeckung. Er ist mit langen Locken dargestellt, die in drei übereinander
liegenden Querschnitten bis auf die Schultern herabfallen. Auch vor dem Ohre fällt ein
breites welliges Haarbündel, das nur am Ende spiralig aufgerollt ist, bis in die Gegend des
Schlüsselbeins herab. Welliges Haar, das unter der Kopfbedeckung vortritt, bedeckt den
oberen Rand der Stirne. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Bart und seine eigenartige
Stilisierung. Zunächst ziehen oben vier Reihen dicht nebeneinander gesetzter kleiner runder
Höcker (fil-fil = Pfefferkörner sagen die Araber und die Anthropologen) von der Ohrgegend
bis zum Philtrum zwischen Nase und Mundspalte; der König hat also nicht die rasierte
Oberlippe, die wir von älteren Götterbildern dieser Gegend kennen. Unter diesen vier
parallelen, wie Perlenschnüre nach unten gesenkten Reihen sind nebeneinander sieben kleine
spiralige Löckchen und unter diesen, dieselbe Breite füllend, vier größere und breite Spirallocken.
 
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