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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0131
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Bildwerke der Prunkfa^ade.

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ist so viel erhalten, daß man noch die Doppelflöte sehen kann, die er an die Lippe gesetzt
hatte. Ich verzichte auf eine Abbildung dieses unvollständigen Steines um so lieber, als die
Bruchstücke nicht transportiert sind; man kann ihn sich aber leicht vorstellen, wenn man den
beiden Leierspielern oder den Tympanonschlägern auf Taf. LXII statt ihren anderen Instrumenten
Doppelflöten gibt, die genau so aussehen, wie die an dem kleinen Bruchstück, das bei Humann
und Puchstein, Reisen in Kleinasien und Nordsyrien auf Taf. XLVHI Fig. 4 abgebildet ist.
Dieses schöne Bruchstück mit dem Kopfe eines Flötenbläsers habe ich 1883 im Bazar von
Mar'asch gekauft, zu einer Zeit, als eine Erdschichte von 2 m Höhe die Prunkfa^ade des
Barrekub bedeckte. Ich würde sonst, obwohl Mar'asch zwei Tagreisen von Sendschirli ent-
fernt ist, fast glauben, daß der Kopf aus Sendschirli verschleppt war, so ähnlich ist Material
und Stil. Wir werden uns aber mit dem Gedanken vertraut machen müssen, daß alle die
Hunderte von Teils und Hüjüks zwischen dem Orontes und dem Hohen Taurus einer einheit-
lichen Kultur entstammen und ganz verwandte Bau- und Bildwerke einschließen.
Inzwischen wissen wir nun, daß den Standspuren von drei Orthostaten, die auf der
nach Süden gewandten Hauptfront des großen Pfeilers nachzuweisen waren, tatsächlich drei
große gleichartige Steine entsprechen, auf denen sechs nach rechts, also nach der aufgehenden
Sonne und nach dem Könige gewandte, richtig uniformierte Musikanten dargestellt waren.
Daß diese drei Reliefs mit den sechs Musikanten bewußt als eine einheitliche und in
sich geschlossene Gruppe gebildet waren, erhellt auch aus ihrer einheitlichen Umrahmung.
Unten ist der erhabene Rand gleichmäßig etwa 13 cm hoch, oben läuft er als schmaler Streifen
auch über alle drei Steine; links ist er aber nur am linken Rande des Tympanonschlägers
und rechts nur am rechten Rande des Steines mit den Flötenbläsern vorhanden; so sind also
diese sechs Musiker von einem gemeinsamen Rahmen umschlossen. Auf diese drei Steine
folgt nun, genau wie im Osten, eine einspringende Ecke und dann ein Raum entweder für
einen sehr breiten oder für zwei schmälere Orthostaten. Hier aber lassen uns die bisherigen
Funde im Stich. Wir haben bis jetzt keinen Stein gefunden, der mit voller Sicherheit an
diese Stelle eingereiht werden könnte. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß hier zwei Steine
gestanden haben, jeder mit einem Manne, der eine Gazelle trug. Einer dieser Steine (vergl.
Taf. LXIH) ist in neun Bruchstücken wenige Schritte von dem Pfeiler entfernt lose im Schutte
aufgefunden worden, von dem zweiten ist allerdings bisher nur ein kaum handtellergroßes
Stück mit einem Gazellenkopf zu meiner Kenntnis gekommen. Das in seinen Bruchstücken
vollständig erhaltene Stück ist 1,09 m hoch und 66 cm breit; die Musikanten sind um 4 bis
5 cm höher, aber wir kennen ebenso große und größere Ungenauigkeiten bei Steinen, die
noch in situ nebeneinander gefunden wurden. Auch die Breite würde stimmen. Der vor-
handene Raum würde eine Breite von fast 130 m gestatten; es wurden also für den zweiten
ähnlichen Orthostaten noch etwa 0,64 verfügbar sein. Gegen die Zugehörigkeit dieses Ortho-
staten zu unserem Pfeiler könnte höchstens sprechen, daß der leicht erhabene rechts und oben
das Bild einfassende Rahmen etwas flacher und niedriger ist, als bei den Musikanten und
daß der Mann nach links sich wendet, also bei solcher Aufstellung nach dem Inneren der
Halle schreiten würde. Doch scheinen mir diese Gegengründe nicht zwingend.
Stilistisch gehört das auf Taf. LXIII abgebildete Relief durchaus in die Reihe unserer
Pfeilerorthostaten. Der Mann trägt einen kurzen, nur bis an die Knie reichenden Rock, der
um die Mitte durch einen breiten Gürtel zusammengefaßt wird, genau wie der Mann auf dem
Fig. 259a abgebildeten Pfeilerrelief. Auf dem bärtigen und mit langen Locken geschmückten
Kopf sitzt der schon mehrfach erwähnte „Helm“, wie ihn auch Barrekub selbst trägt. Der
Mann bringt eine Gazelle an, genau in der Art, in der auch heute noch in der Gegend von
Sendschirli ein Lamm oder eine Gazelle zum Verkaufe oder als Geschenk angebracht wird:
Das Tier ruht auf dem Nacken des Mannes; die beiden Vorderfüße werden in der rechten,
die Hinterfüße in der linken Eland gehalten — genau wie bei dem sehr viel älteren und
Mitteilungen aus den Orient. Samml. Heft XIV (Sendschirli Heft IV). 47
 
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