Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

DOI Heft:
III. und IV. Lieferung
DOI Artikel:
Gronau, Georg: Zu Jacometto Veneziano
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0059

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
49

15. Jahrhunderts, ln einem Schreiben, das Michael de Piacioia an einen Rat
des Markgrafen Francesco von Mantua sandte, um ihm den jungen Giullo
Campagnola zu empfehlen, heißt es von dessen Gaben als Miniaturmaler:
minia excellentemente, le cui miniature non son inferiore a quelle del q.
Jacometo che fo el primo homo del mondo.*)
Der Brief trägt das Datum: Padua 10. September 1497. Da wir von
den bei Michiel erwähnten Arbeiten Jacomettos das Bildnis des jungen
Pietro Bembo, wie Frimmel bereits hervorhob, 1481 oder 1482 datieren
dürfen, so läßt sich demnach Jacomettos Tod zwischen 1482 und 1497 be-
stimmen. Die außerordentliche Wertschätzung, deren sich Jacometto als
Miniaturmaler zu erfreuen hatte, geht aus obiger Briefstelle deutlich hervor.
Indem hier der junge Campagnola im engen Zusammenhang mit dem
Miniaturmaler Jacometto genannt wird, erscheint es nicht ohne Interesse, daß
zwischen beiden — vorausgesetzt, daß das Liechtensteinbild wirklich obigem
angehört — auch ein künstlerischer Zusammenhang bestanden zu haben
scheint. Vergleicht man nämlich die interessante Rückseite, die auf Tafel II
vom Herausgeber dieser Zeitschrift wiedergegeben worden ist, mit dem
Stich eines liegenden Hirsches von Campagnola, so ist die Annahme un-
abweisbar, daß der Stecher das Bild gekannt und benutzt haben muß —
eine Beziehung, die dem Herausgeber der Stiche Campagnolas, P. Kristeller,
auch nicht entgangen ist.**) Die Lage des Tieres (man achte auf die Stellung
der Beine), die Form des Halsbandes, die Art der Ankettung stimmen zu
auffällig überein, als daß ein Zufall hier mitspielen könnte.
Dürfen wir nach den wenigen zeitgenössischen Zeugnissen voraus-
setzen, daß Jacometto sich besonderen Rufes erfreute und ein von der
venezianischen Aristokratie bevorzugter Maler gewesen ist, so müssen wir
uns wundern, daß es bisher nicht gelungen ist, ihm mit einiger Wahrschein-
lichkeit Arbeiten zuzuweisen. Denn das Londoner Hieronymus-Bild steht,
wie zu Michiels Zeiten, durchaus nostscabjudice; es wird gegenwärtig fast
allgemein Antonello zugeschrieben.***) Würde es sich dagegen erweisen lassen,
was sehr schwer sein dürfte, daß es wirklich von Jacometto herrührt, so
müßten wir schließen, daß dieser im engsten Anschluß an den Sizilianer
seine Ausbildung erfahren hat.
Da also unsere Kenntnis von der Art Jacomettos sich vorderhand
allein auf das Doppelbildnis beschränkt, so mag der Versuch gestattet sein,
sein dürftiges Oeuvre um eine Arbeit zu bereichern. Im Besitz des bekannten
Londoner Sammlers J. P. Heseltine befindet sich eine Miniatur, die in einer
Fensternische den Dogen Andrea Vendramino, den Kardinallegaten und den
Sekretär des Dogen darstellt. Das bemerkenswert fein durchgeführte Blatt,
das in der Venezianischen Ausstellung des Burlington Fine Arts Club 1912 t)
unter dem Namen des Giovanni Bellini ausgestellt war, paßt nicht nur als
*) Publ. von A. Luzio in Archivio storico dell' arte. I, 1889, p. 184.
**) Graphische Gesellschaft, V. Veröffentlichung, Berlin 1907, p. 21, Nr. 14. Der
Stich abgebildet auf Tafel XIX.
***) So von Berenson, Borenius (in seiner Neuausgabe von Crowe u. Cavalcaselie),
Frizzoni, L. Venturi.
t) Eine Abbildung kann vermutlich nach dem Wiedereintritt freundschaftlicher
Beziehungen zu England nachträglich in den Studien geboten werden. Augenblicklich
trage ich Bedenken, die englische Abbildung ohne weiteres zu reproduzieren.
Der Herausgeber.
 
Annotationen