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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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III. und IV. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Ein raffaeleskes Bild im Besitz von Rudolf Abt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0065

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Querschnitt durch das Brett und durch die heiie Grundierung des Raffaelesken Biides
bei Rudolf Abt. — In doppelter Breite.

starke Ausbreitung ganz im aügemeinen auf ein beträchtiiches, sicher mehrere
Jahrhunderte betragendes Alter der Tafel schließen läßt, ohne daß bestimmte
Ziffern davon abzuleiten wären.
Zunächst läßt sich nach allem, was vorgebracht wurde, behaupten,
daß das Venusbild dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts ange-
hört. Albani muß als endgültig abgetan betrachtet werden. Welcher ältere
Maler ist nun aber der wahre Urheber des Bildes?
Das Gemälde hängt nach Auffassung, Zeichnung, Technik irgendwie
mit Raffaels Zeit und Richtung zusammen. Manches, wie die Land-
schaft, die Beinstellung der Venus, die Benutzung der antiken Gruppe in
Siena, scheint geradeswegs auf Raffael selbst hinzuführen. Das ist schon oben
erörtert worden. Dazu sei noch auf den Zusammenhang der Körperformen
an der Venus mit den drei nackten Göttinnen auf Raffaels Urteil des
Paris hingewiesen und auf den weiteren Zusammenhang der ganzen Er-
findung und Formung mit Raffaels Komposition der Venus, die sich
einen Fuß abtrocknet, im Beisein Kupidos. Beide Erfindungen Raffaels
sind bekannt durch die alten beglaubigenden Stiche des Marc Anton.
Trotz alledem möchte ich nicht glattweg erklären: was wir vor uns
haben, ist ein Werk Raffaels. Immerhin wird die Erfindung und Zeich-
nung dem großen Urbinaten selbst mit hoher Wahrscheinlichkeit beizu-
messen sein. Wie der Fall heute liegt, läßt er mehrere Deutungen zu. Das
kleine Gemälde wäre vom Meister selbst entworfen und vollendet worden,
und zwar als eine Art Weiterbildung der Formen, die er früher beherrschte,
als er die kleinen drei Grazien malte. Es ist keine Jugendarbeit mehr, son-
dern gehört der mittleren Zeit Raffaels an.
Oder der Meister hat das Bild nur begonnen und nur bis zu einem
gewissen Grad vollendet. Die weitere Ausführung wäre von späterer Hand.
In beiden Fällen ist als bestimmt anzunehmen, daß das Gemälde durch
wiederholtes Putzen, Verputzen und wieder Zumalen beträchtlich geschädigt
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