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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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IX. und X. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Aus der Sammlung Osmitz in Preszburg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0158

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(H. Bd., S. 63) wurde die Möglichkeit angedeutet, daß eine frühe Arbeit des
Delfter Vermeer vorliege. Was ich vor Jahren in den Blättern für Ge-
mäldekunde über ein monogrammiertes frühes Bild des Deutschen Vermeer
vorgebracht habe, könnte diese Vermutung nur stützen. Weniger neige ich
zur Annahme anderer, daß wir ein begonnenes Werk des Michiel Sweerts
vor uns hätten. Indes wiederhole ich, was eingangs nicht verschwiegen
wurde, daß eben nicht alle maßgebenden Kennzeichen auf dem Bild vor-
handen sind, die einer Zuschreibung große Sicherheit verleihen könnten.
(H. 54*6, Br. 43*8 c??2.)

Die Besprechung eines Tizian aus der Sammlung Osmitz wurde vor
etwa einem Halbjahr in Aussicht gestellt (vgl. Bd. H, S. 63). Damals war
nicht sofort eine Abbildung zu erzielen gewesen und eine solche konnte
mir erst im Lauf des Sommers zur Verfügung gestellt werden. Das Bild,
um das es sich handelt, ist in mehrfacher Beziehung geradewegs packend.
Anordnung und Färbung verkünden einen der besten Meister aus der vene-
zianischen Hochrenaissance. Das seitlich geneigte Haupt erinnert ganz un-
gefähr an mehrere Bildnisse aus Lor. Lottos reifer Zeit und an einige Tizian-
sche Porträte. Die Brüstung mit daraufgelegter Hand, beziehungsweise mit
aufgelegtem Arm kommt bei Venezianern der guten Zeit oftmals vor, auch
bei Tizian. Was gut erhalten ist an dem Werk, verrät einen Pinsel ersten
Ranges. Eine Inschrift gibt nach genauester Prüfung Anhaltspunkte für die
Ermittlung des Meisters.
Ich habe das Gemälde zuerst in einem recht üblen Zustand gesehen,
der die Bedeutung und den Wert zunächst nur aus einzelnen Teilen er-
schließen ließ. Es war noch durch überaus störende nachgedunkelte Über-
malungen, besonders an der Nase, auch an der Stirn und der rechten Wange,
ganz abgesehen von vielen kleinen Ristauros an anderen Stellen, böse ent-
stellt. Der braune Ärmel am rechten Arm, das weiße Hemd, einige leid-
lich erhaltene Stellen im Gesicht sprachen aber für Tizian, den auch die In-
schrift als Urheber nannte.
Ich las in weißlicher Schrift auf der grünlichen Decke der Brüstung
oder des Tisches folgendes:
„H1ERO : FRACASTORIVM
PHIL : MED : POET:
T1TIANVS P1NX1T"
(also: Hieronymum Fracastorium, philosophum, medicum, poetam Titianus
pinxit) und darunter in arabischen Ziffern
„1546".
Die Form der 4, oben offen, machte mich sofort stutzig und miß-
trauisch. Ich zweifelte ja nicht an dem Kunstwert des Bildes selbst, auch
nicht an der recht einleuchtenden Bildbenennung, doch an der vollen Echt-
heit der Inschrift. Zum mindesten mußte ich die Jahreszahl als nicht gleich-
zeitig mit dem Bild ablehnen, so sehr auch für die Echtheit „garantiert"
wurde. Davon noch weiter. Das vorliegende Gemälde hat augenscheinlich
die Schicksale, die es erlebt hat, nicht ohne schwere Schädigungen über-
 
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