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Steffen, ... [Hrsg.]; Lolling, Habbo G. [Hrsg.]
Karten von Mykenai (nebst einem Anhange Über die Kontoporeia und das mykenisch-korinthische Bergland) (Text): Erläuternder Text mit Übersichtskarte von Argolis — Berlin, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.4897#0021

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10. Muthmafsliche Befestigungsanlagen neben der kyklopischen Brücke des

Chonia-Baches.

Ferner sind auf dem rechten Ufer des Chonia-Baches in Nähe der kyklopischen Brücke, mit
welcher die Strafse nach dem Heraion den Bach überschritt, Trümmer kyklopischer Bauwerke vor-
handen, deren einstiger fortificatorischer Zweck nur vermuthet werden kann. Eine Befestigungsanlage
zum Schutze der Brücke war hier von grofsem Werth; nicht minder aber war es geboten, durch ein
Werk einem von Süden kommenden Gegner den Eintritt in die Schlucht zwischen Chonia-Bach und
Szara zu verwehren. Letztere Aufgabe kann die Anlage bei Punkt 148 nordöstlich der Brücke gehabt
haben. Der Schutz der Brücke fiel dann dem Bauwerke zu, dessen Trümmer sich unmittelbar östlich
des Überganges befinden.

11. Der "befestigte Beobachtungsposten auf dem Prophet-Elias-Berge.

Ein militärisch besonders merkwürdiger Punkt ist die Befestigungsanlage auf der Gipfelfläche
des Prophet-Elias-Berges. Hier befindet sich auf der fast unzugänglichen Kammlinie des 807 Meter
hohen Felsenberges ein ganzes System kyklopischer Mauerlinien. Den eigentlichen Kern der Be-
festigung bildete ein kleines Castell, welches auf der eng begrenzten schmalen Gipfelfläche des
Berg-es gestanden hat.

Die Reste der kyklopischen Umfassungsmauer sind bis auf einige zerstörte Stellen an der Süd-
seite noch vorhanden. Der Eingang ist, wie das Zapfenloch für die Thorangel im Stein der Thor-
schwelle beweist, auf der Ostseite gewesen. Er mündete in einen schmalen an den erhaltenen Stein-
lagen noch nachweisbaren Gang ein, auf dessen Südseite sich jetzt eine offene Kapelle des Propheten
Elias befindet. Ein Mastixbaum, dessen Krone aus der Ebene sichtbar ist, ragt aus derselben empor.
Zur Rechten des Einganges springt nach der Analog-ie der antiken Anlagen auch hier die kyklopische
Mauer in Gestalt eines Rechteckes gegen die unbeschildete rechte Seite des Angreifenden vor. Auf
der Nordwestseite sind die Reste eines runden Thurmes erkennbar. Unmittelbar am Nordfufse dieses
Castells befindet sich eine grofse kyklopische Mauer von besonders sorgfältiger Auf- und Aneinander-
passung der unbehauenen Blöcke und darum hier von besonderem Interesse, weil sie fast genau in dem
Style der gut ausgeführten kyklopischen Theile der Mykenischen Mauern erbaut ist, und somit eine
unverkennbare Zusammengehörigkeit mit den kyklopischen Bauten der Atridenburg bekundet.

Sie hatte, wie die auf Sattel 798 am Westfufse der Kuppe befindlichen kleineren Mauern, den
Zweck, das Herankommen des Angreifers an den Fufs der Castellmauern zu erschweren. Auch die
weiter östlich gelegenen kyklopischen Mauerstücke sind in mehreren hintereinander liegenden Linien
genau an denjenigen Stellen errichtet, an welchen der Felsen weniger steil gelagert ist, also erstiegen
werden konnte. An den meisten übrigen Stellen ist der Felsen so steil, dass ein Erklimmen der Hänge
im Kampf hier unmöglich war. An diesen Stellen konnte die Mauer also fehlen; daher die Unter-
brechungen in den Mauerlinien am Nordhange und die geringe Anzahl von Mauerstücken an dem
steileren Südhange. Durch diese von steilen Felshängen unterbrochenen kyklopischen Befestigungs-
mauern ist also auch die schmale Kammlinie des Berges östlich der Gipfelfläche etwa in einer Längen-
ausdehnung von ca. 220 Metern mit in die Befestigung hineingezogen worden. Die Gipfelbefestigung
bildet in diesem Zusammenhange also gewissermafsen das ■ Reduit für den ganzen befestigten Raum.
Durch diese Ausdehnung des abgeschlossenen Bezirkes wurde der Raum zur geschützten Aufnahme
einer gröfseren Besatzung gewonnen, während in dem kleinen Castelle auf der Gipfemache, dessen
Maximalausdehnung nur einige 30 Meter beträgt, nur wenige Mannschaften untergebracht werden
konnten, die hier überdies allen Unbilden der Witterung schutzlos ausgesetzt waren. Es wurden daher
östlich der Gipfelbefestigung, mimentlich auf Sattel 749 an dem geschützten Südhange, zahlreiche
Trümmer von kleinen aus unbehauenen Felsstücken aufgeschichteten Wohnräumen aufgefunden. Auch
westlich der Hauptkuppe auf Sattel 722 sind Spuren solcher Gebäude vorhanden.

Von besonderem Interesse ist ein kleines Thor, welches sich in den östlich der Gipfelbefestigung
befindlichen Mauerzügen am Nordhange des Berges, also auf der Mykenai abgewandten Seite befindet.
Die Anlage des Thors auf dieser Seite darf nicht überraschen, wenn man einmal berücksichtigt, dass
die steilen Südhänge des Elias eine directe Verbindung mit der Atridenburg ausschlössen, andererseits
 
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