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Vöge, Wilhelm; Panofsky, Erwin [Oth.]
Bildhauer des Mittelalters: gesammelte Studien — Berlin, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.31190#0266
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Freiburger Münsterblätter, Bd. XI, 1915·

1. Unterer Fries am äußeren Bogenfeld des nördlichen Chorportals

Und wir haben noch ein weiteres Merkzeichen für die frühe Inangriffnahme des Nord-
portals: den Stil seiner Bildwerke. Freilich, er gerade hat Hartmann das späte Datum
eingegeben. Und Schaefer sprach sich auf Grund des Stils gar für die Zeit um 1400 aus4.
Schaefer will sämtliche Skulpturen des nördlichen Portals einem einzigen Meister geben5.
Doch wir haben, irre ich nicht, aus dieser Zeit nur wenige Portale, die ein so interessantes
Neben- und Nacheinander verschiedener Hände und Stile zeigen, wie dieses an sich nicht
bedeutende Freiburger Chorportal der Nordseite. Eine ältere und verschiedene jüngere
Richtungen stehen hier nebeneinander oder haben hier einander abgelöst. Hartmann hat
einiges davon erhascht, doch der Archivolte nicht geachtet6; er nennt sie in einem Atem
mit dem Bogenfelde, das sie kränzt. Der Meister aber, der den Figurenschmuck der
Archivolte — die Schöpfungsgeschichte — begonnen hat, ist nach Stil und Wesen weit
altertümlicher als die andern, die hier beteiligt sind, ist der oberrheinischen — Straß-
burg-Freiburger — Blüte des späten 13. und fmhen 14. Jahrhunderts noch rätselhaft nah.
Er war ein Feinfühliger, aber Rückwärtsgewandter, so scheint es. Man würde die leider
spärlichen Stücke seines Meißels, wären sie nicht mit diesem Chore bündig7, sicher in
eine frühere Zeit verweisen, trotz der zieren Kielbogen an ihren Plinthen (vgl. Abb. 5),
deren Schweifung übrigens kaum spürbar ist8.

4 Karl Schaefer, Die Weltschöpfungsbilder am Chor des Freiburger Münsters: Schauinsland 26
(1899) S. 21.

5 »Es macht entschieden den Eindruck, als sei der ganze Bildschmuck des Portals von einer
Hand ausgeführt«; a. a. O. S. 20.

6 Wertvoll ist, was Hartmann über die Tympana sagt; das des südlichen Chorportals hält er,
wie gesagt, für das älteste. »Dagegen geht das innere Tympanon des Nordportals bereits aufs
engste zusammen mit der Stufe, wie sie uns am Nordportal des Gmünder Chors entgegen-
tritt, nur ist die Qualität eher noch geringer als dort.« Es sei angemerkt, daß Hartmann das
beregte Gmünder Werk in die »fünfziger bis sechziger Jahre« setzt. Er fährt dann fort: »Das
äußere Tympanon des Freiburger Nordportals dagegen entspricht in der Komposition minde-
stens bereits der Augsburger Stufe der Gmiinder Schule . . .« Das würde nach Hartmann den
sechziger oder siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts entsprechen. »Schon bald nach 1380 geriet
die Bautätigkeit am Freiburger Chor ins Stocken«; vgl. Münsterblätter 7 (1911), S. 22.

7 Die eine seiner Darstellungen, Gott Vater, Vögel und Fische schaffend, bindet mit ihrem
Block in den Strebepfeiler rechts.

8 Die Form des Kielbogens taucht in Freiburg zuerst an den Baldachinen über den Apostel-
 
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