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Vöge, Wilhelm; Panofsky, Erwin [Oth.]
Bildhauer des Mittelalters: gesammelte Studien — Berlin, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.31190#0059
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Der provençalische Einfluß in ltalien und das Datum des Arler Porticus

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wie hüben und drüben Giebel und Fenster durch mit dem Bohrer vertheilte Löcher
belebt sind!

Das Sujet des Danielcapitells, der Daniel zwischen den Löwen (Abb. 6), ist eine der alt-
christlichen Darstellungen, welche die Provençalen, inspirirt durch die gallorömische Sar-
kophagplastik der Gegend, wiederholt bringen. Der Modeneser Daniel zeigt ganz die
Auffassung dessen am Arler Porticus und eines zweiten Exemplars im Arler Museum:
Der Prophet sitzt; die Löwen, von links und rechts kommend, legen eine Pranke auf des
Propheten Knie. In derselben Auffassung kehrt die Gruppe im Atelier Antelami's
wieder, 1. vom Hauptportal in Borgo San Donnino (ebenfalls unter provençalischem Ein-
fluß). Auch im Baptisterium zu Parma findet sie sich. — Auf einem der anderen Capitelle
— zu der Serie aus San Vitale alle Carpinete gehörig — sieht man hinter dem letzten in
der Reihe der anbetenden Könige die Köpfe ihrer drei Rosse, wie in der Arler Darstel-
lung (am Porticus), d. h. der Höhe nach gereiht und in viel zu großem Maaßstab. — Doch
das Auffallendste ist die Osterscene. Sowohl der Arler Kreuzgang wie die St.-Giller
Fassade bringen hier nämlich die seltene Darstellung der drei Marien beim Salbenkrä-
mer. Dieselbe kehrt wieder auf dem Capitell unserer Gruppe im Modeneser Museum!
Der Krämer erscheint hier wie in St.-Gilles links hinter einem steinernen Tische sitzend,
mit der Linken die Wage hoch emporhaltend. Er wendet sich den Frauen zu, die, hinter-
einandergereiht, von rechts herankommen (vgl. Abb. 7)21.

Interessant auch, wie die schlichtgehaltenen Sarkophage der Scene am Grabe hier und
dort den nämlichen Schmuck erhalten haben : eingeblendete Rundfenster (resp. Kreise)22.
Eine nach allen Seiten ausgreifende Stilvergleichung mag nach dem allen kaum noch
nöthig erscheinen. Man kann die Beschreibung Venturi's ohne Weiteres auch auf die
jüngeren Arler Sachen (an der Fassade) anwenden. Es entfahren Venturi Wendungen,
wie ich sie früher den letzteren gegenüber gebraucht habe, z. B. betont er das »Perrücken-
hafte« der oft so eigen scharf vom Antlitz sich absetzenden Haare. Bezeichnend sind beson-
ders die kantigen Köpfe mit den stark betonten Backenknochen, dem derben Kinn, mit

7. Modena,
Museo Civico.
Kapitell,
die Frauen beim Krämer
 
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