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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (September bis Dezember)

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Nr. 251 - Nr. 260 (27. Oktober - 7. November)
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4« Jahrgang

Heidelberg, Montag, den 30. Oktober 1922

Nr. 253

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U»L«-«L,?L M M XI'/WW» BH M NW MM «r.k^
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Die Lage im Reich.
Reichspräsident und Länder.
Berlin, 29. Ott. Gestern war der Reichs rat beim
^cichschMweitte». nm «hin die Glückwünsche des
^cich-srats zu der neu erfolgten verfassungsmäßigen
-und Erneuerung seines Amtes auszu-
w In seiner Erwiderung betonte der
^eichspriisideiit, er werde in seinem Amt immer ve-
mevt sein, den vesonderen Interessen der LS,wer
Me WürdiMng widerfahren zu -lassen. In der
s^-^dgten Eigenart der deutschen Stamme einer-
^«s, Mxx auch in, Zusammenschluß unserer Nation
ndererseits, liegen die Wurzeln unserer Kraft und
es Vertrauens auf eine bessere Zukunft. Nur in
,vm festen unerschütterlichen Gedanken der deut-
k>^r^ Einheit, nur im festen Zufamm-en-
?-7h § n des ganzen Reiches kann es gelingen, den
oweren Nöten- und Stürmen der Gegenwart Stand
halten.
Die Gewerkschaften beim Reichs-
finanzminister.
29. Ott. Die Führer des Deutschen De-
.^Endundes, des Allgemeinen Deutschen Gewerk-
Allgemeinen Deutschen Beamten-
Gewerksch-astsbundes -und der Af-a
tm Reichssiuianzministerium wegen
fortschreitende Teuerung vedingten
^WSZNM M SE—Muns vor. Der Reichs-

ÄsKkWM ll AMkli.
Mailand, 28. Ott. Der saszistische Staats-
gleich sst j-n Italien in vollem Gange. Die all-
Mlteine Modilisation der Faszisten wurde ungeord-
net >und svird Planmäßig durchgeführt. Der Presse
wurde mttgeteTt, daß die Faszisten eine strenge
AdessezensUr einführen würden. In den Provinz-
Mdton sam-nreln sich die Faszisten! zn Tausend en und
m-chen nach R o m zu gelangen. — In Rom ivur-
den alle strategischen Punkte von den Truppen be-
ützt und die Bahnhöfe militärisch avgesperrt. In
Mailand Haden die Militärbehörden seit Mit-
ternacht alle staatlichen Gebäude besetzt In Ge-
lt-ua wurden die P-Mzeitruppen mohiWert mit
Astckstcht ans die Lage in Rom.
Basel, 28. Ott. Die telephonischen Verbirtdun-
hen zwischen der -Schweiz und Italien sind M hmte
lttih g Uhr unterbrochen.
Rom, 88. Okt. Das Kabinett Facta hat in
Anbetracht des Ernstes der .Lage dem König sei-
neu endgültigen Rücktritt mitgeteilt.
Ein Kabinett Mussolini.
Rom, 29. Okt. (Letztes Telegramm.) Der Fas-
Menführer Mussolini, der am Sonntag hier
Angetroffen ist, hat nunmehr selber den Auftrag
5«r Kabinettsbildung vom König entge-
öengeiwmmen und sich bereit erklärt, ein Kabinett
M bilden. Damit hat der Führer der Faszisten sel-
ber die Lösung der Krise in die Hand genommen.
Bonar Larv
zur ReparationSfrsge.
Eine Mahnung an das französische
Volk.
London, 28. Ott. In Mer Wahlrede -erklärte
Bonar Law: Bei den letzten W -ah len in England
Hobe jod ermann, und nicht nur Llohd George und
ttine Anhänger, gesprochen, als wenn sie dächten,
Deutschland werde die ganzen Kriegsschulden be«
zahlen. -Bonar Law sagte, er habe dies nie-
wals geglaubt. Er sei -außer Fühlung mit
lAneu Archängeril- 'M Unterhaus gewesen Lü dcg
Aussprache seinerzeit, als der Vertrag von Vers-ail-
les vereiiibart worden sei. Er sei nicht allzu zuver-
sichtlich gewesen. Er habe von Anfang an gewußt,
"aß diese große Summe unmöglich sei. Er könne
ttmich Men, er habe niemals die Hoffnungen ge-
fügt, daß sie bezahlt werde. Nicht nur das britische
Boll, sondern auch das französische Volk und die
NanAgstsche Regierung müßte einsehen, daß die ge-
wWte künftige Wohlfahrt Europas und damit -er
-chelt von dem gemeinsamen Vorgehen abhänge.
Ein Weltfriedenkongreh.
Paris, 29. Ott. Einer in London cingetwsfenen
Meldung aus Genf zufolge, hat der Internationale
Berba-nd der Gewerkschaften unter dem Vorsitz des
^Nischen Gewerkschafts-leiiters Thomas einen'
^bsltfrwdenskangretz einberusen, der am IS. Dezem-
ber sh Amsterdam z-usa-mmentreten wird.
Französische Kammerdebatten.
Paris, 29. Okt. In der KaMtnersitzung wurde
Interpellation über die allgemeine Politik w-ie-
ainfgenommen. Der M-g. Donnet interpellierte
^>er die -gegen den Exkaiser W ilh e l m von
Deutschlaud und gegen die wegen Grausamkeiten
mlzeschuldigten deutschen Offizieren zu treffenden
Masnmhmen. Er gab seiner Verwunderung darü-
ber Ausdruck, daß noch kein eigener Gerichtshof
""«setzt worden sei-, der die Angeklagten in- vontu
w-ati-am verurteile.

finaUMttnister Dr. Hermes teilte mit, daß be-»
reits Anordnung getroffen sei, daß Mitte nächster
Woche neue Verhandlungen über eine Er-
höhung der Bezüge der Bea-nuen usw. ansgenoin-
rnen werden sollen.
Die Sozialdemokratie zur Krise.
Der „Vorwärts" teilt mit, daß sich dersozial -
demokratische Fraktionsvorstand am Mon-tas
nut der bisherigen interfraktionellen- Verhandlungs-
meth-ode beschäftigen wird und bemerkt, daß man
keine Berschleppungspolitik dulden werde.
Deutschvölkische u. Deutschnationale.
Görlitz, 29. Okt. SlUf dem hiesigen deutschnatio-
nalen Parteitag treten die Unstimmigkeiten zwischen
Deutschn-ation-alen und DeuffchvSMschen ersichtlich

Der Parteitag
Em Parteitag der Brüderlichkeit
Heidelberg, 30. Oktober 1922.
Der Offenburger Parteitag, über den wir heute
und morgen ausführlich berichten, ist vorüber. Ein
vom Geiste sozialistischer Brüderlichkeit getragener
Parteitag entschlossener sachlicher Arbeit liegt hinter
uns. In diesen beiden Kennworten Kameradschaft-
lichkeit und ernster Wille zur sachlichen Arbeit liegt
die Quintessenz der beiden Offenburger Tage. Von
der Begrüßungsansprache des Genossen Ritz ert
bis zu den feierlichen Schlußworten des Genossen
Strobel waren die Verhandlungen dieses ersten
Parteitages der Vereinigten Sozialdemokratischen
Partei Badens vom Geiste- der Zusammenarbeit ge-
tragen, der Sei aller Nüchternheit den unbeugsamen
Willen zum Kampfe für Demokratie und Sozialis-
mus klar hervortreten ließ.
Das Referat des Genossen Hahn über den be-
reits veröffentlichten Geschäftsbericht zeigte den be-
friedigenden Zustand der Organisation, wenn auch
mancherlei, insbesondere auf dem Gebiete der Bei-
tragsfrage und vor allem bet der Frauenagitation,
in der Jugend- und Sportfrage zu tun bleibt und
vor -allem ein stärkeres Interesse für die Parteipresse
nötig ist. Die wirkungsvolle Rckdo d»S G.err»ffe«.
Dittmann vom Partetvotstand über die außerr-
und innenpolitische Lage ließ in ganzer Wucht den
Ernst der Situation hervortreten, ebenso aber auch
die unerbittliche Forderung der Sozialdemokratie,
den kapitalistischen Profitinteressen die Parole des
Gemeinwohls entgegenzusetzen. Ms Anstatt zu den
Gemeinde-Wahlen hoben die Ausführungen -des Ge-
nossen Emil Maier-Heidelberg mit klarer Prä-
zision und an Hand eines reichen Erfahrungs-Mate-
rials die ungeheure Bedeutung der kommenden Ge-
meinde-, Kreis- und Bezirksratswahlen hervor, wo-
bei er vor allem die bürgerliche Jntereffeupolitik
gründlich aufdeckte. Starkes Interesse boten die
Ausführungen des Genossen Mar um zur Landes-
politik, wobei besonders stark hervortretend die
Schulsrage und der Wille, den Forderungen deS
Zentrums und den Anstürmen der Reaktion ein
Halt zu gebieten, zum Ausdruck kam.
Die Debatte ließ bei aller Kritik den Geist der
positiven Mitarbeit hervortreten. Es zeigte
sich hierin das wachsende Verständnis der Partei-
genossen für die schwierigen Arbeiten der heutigen
Negiemngsaufgaven, welche seitens der Getroffen
Dr. Engler und Remmele an Harrd der Tat-
sachen illustriert worden. Die Annahme -es neuen
Organisattonsstatuts vollzog sich reibungs-
los. Die Bahir ist frei für die kommenden Arbeiten.
Möge der Arbeit des Parteitags reicher Segen er-
sprießeu!
gr. Offenburg, 28. Oktober 1922.
In dem freundlichen Dreikönigsaale der alten
Partettagsstadt traten heute mittag die Abgesandten
der badischen Vereinigten Sozialde-
mokrattschenParteizu ernster und würdiger
Beratung zusammen. Wie wichtig und für wie be-
deutungsvoll die Genossen im ganzen Lande diesen
Parteitag hielten, zeigte der Umstand, daß trotz der
für manche Mitgliedschaften sicher »licht geringen
Opfer, die heute die Beschickung eines Parteitags
erheischen, dennoch der Besuch des Parteitags aus
dem ganzen Lande nicht hinter jenen früherer Par-
teitage zurückstand.
Eröffnung des Parteitages.
Genosse Ritzert-Mannheink bewillkommnete
namens des Bezirksvorstandes den Parteitag der
Vereinigten Sozialdemokratischen Partei. Der Of-
fenburger Parteitag habe historische Bedeutung. Auf
ihm ist die Einigung vollzogene Tatsache. In ern-
ster Zeit tritt der Parteitag zusammen. Hunger,
Not, Krise und Zerrüttung beleuchten die Situation.
In den letzten zwei Jahren wurde eine große Arbeit
geleistet. Das Signum war Demokratisierung der
Verwaltung und wird es auch weiterhin bleiben.
Die vorliegenden 50 Anträge beleuchten unsere wirt-
schaftliche Lage. Zahlreiche Aufgaben auf politischem,
wirtschaftlichem und sozialem Gebiete liegen vor
uns. Als geeinte sozialistische Partei Weiert wir in
den Gcmeindewahlkampf. Wenn jedermann
seine Pflicht erfüllt, werden wir den Kampf erfolg-
reich bestehen.
Die Wahl des Bureaus ergibt Genvfse
Strobel-Mannheim uns D urban-Offenburg
als Vorsitzenden.
Hieraus WM ist die TagsspMnustg einöetteten.

hervor. Die deut-schvöMsche Gruppe beschloß, für
den FM einer Nichtanerkennung der deutschvölki-
schen Arb ei-tsgem einschast durch den Parteitag, die
Arbeitsgemeinschaft außerhalb der Partes fort-
zuführen.
Zum Fecherrbachprozeß.
Berlin, 29. Ott. Int „Vorwärts" kommt Friedrich
DH Imme in einem Artike l zu dem Schluß, F echenbach
hätte, wenn überhaupt, NM zu Festu-ngsstrase ver-
urteilt werden dürfen.
Verbot der Roten Fahne.
Berkin, 27. Ott. Die kommunistische „Rote
Fahne" ist von der Regierung auf 14 Tage verboten
worden-.

in Offenburg»
— entschlossene, sachliche Arbeit
Geschäfts- und Kassenbericht.
Genosse Hahn weist eingangs auf die schwieri-
gen Zeitverhältnisse und auf den Gemetndewahl-
kampf hin, der uns bevorsteht. Ein reiches Matz von
Arbeit liegt in den dem Bericht — er ist bereits in
der Presse veröffentlicht — zugrunde liegenden zwei
Geschäftsjahren vor uns. Wenn nicht überall be-
friedigende Resultate erzielt wurden, so trifft die
Partei keine Schuld. Die Befestigung der
Republik wird wie bisher amh fernerhin unsere
Hauptaufgabe sein. Wir haben politisch viel er-
reicht; leider wird es nicht genügend gewürdigt. Wir
empfinden voll und ganz das große Elend, in dem
sich heute unser Volk befindet. Bei unserer harten
Lage müssen wir immer wieder an den verlorenen,
bis zum Weißbluten geftihrten Krieg denken, der
uns die heutige Situation brachte. Wir können nicht
von heute auf morgen wieder gut machen, was das
alte Regime kaput gemacht hat. Vor allen» müssen
wir jedoch daran denken, was wir alles im Kriege
Wer uns ergehen lasten mutzten.
Die äußerste Rechte und die äußerste Linke speku-
lieren auf die Vergeßlichkeit und Dunnnheit
des Volkes. Zu den Folgen des Krieges kommt die
zerrüttende Wirkung des Ver> satller Dtktats.
"Die heurig»: Regierung ist nichts anderes, üls Ler
Konkursverwalter der Hohenzollernschen Erbschaft.
Die Reaktion kann die Verantwortung für das heu-
tige Elend nicht ablehneu.
Bei allem Elend der wirtschaftlichen Lage hat
das heutige Deutschland noch große soziale Leistun-
gen aufzuweisen. Bezeichnend für die politische Si-
tuation ist die enge Verbindung von Kommunisten
und deutschnationaler Reaktion. Trotz der furcht-
baren wirtschaftlichen Lage dürfen wir den Kopf
nicht hä ».gen lassen. Unserer Taktik müssen
Wir eine starke Beweglichkeit sichern, denn die poli-
tische Konstellation wechselt ständig. Der Grad unse-
rer Macht wird nicht durch die Erwählten, sondern
durch die Wähler und Wählerinnen bestimmt. Um-
somehr müssen wir die vielfach vorhandelte Indiffe-
renz bedauert».
Was die geleistete Arbeit betrifft, so standen die
mannigfachsten Fragen zur Behandlung. Die Not
der Zeit wird den Zusammenschluß von
Württemberg und Baden bringen, alle»»
Sonderwünschen zum Trotz. Das Fundament unse-
rer Organisation ist ein gutes; die Mitglieder-
bewegung ist, bis auf die Frauenbewegung, befrie-
digend. Es ist jedoch notwendig, noch mehr wie
bisher alle Kräfte zusammenzufasfen, um die Ent-
wicklung des Sozialismus zu fördern. Vor allem
ist es notwendig, daß die Jugend sich stärker an
der Kleinarbeit beteiligt, und die Frauen den poli-
tischen Frage»» ei»» stärkeres Interesse entgegenbrin-
gen wie in den letzten Jahren. Eil» unbedingtes Er-
fordernis ist eine stärkere Unterstützung der Partei-
presse. Sie ist, vor allem Lurch die zu späte Er-
höhung der Abonnementsbeträge, auch heute noch
gefährdet. Es »nutz deshalb mehr als bisher Ver-
ständnis für die Parteipveffe gefordert werden. Auf-
hören müssen die Reibungen zwischen Sports- und
Jugendbewegungen. Im Kastenwesen mutz eine
pünktlichere Abrechnung verlangt werden. Die Mit-
gliederbeMägs müssen den heutigen Verhältnissen
angepatzt- werden. Idealismus und Willenskraft
sind nötig, wenn wir die Ziele des Sozialismus
erreichen wollen. Hoch die deutsche, hoch die inter-
nationale Sozialdemokratie. (Beifall.)
Bericht der LandtagsfraMon.
Abg. Warum- Karlsruhe gibt zunächst ein
Bild des Ausfalls der Landtagswahlen. Erfreu-
licherweise ist es gelungen, die Regierungsbildung
ohne Schwierigkeiten zu vollziehen. Das Promrn-
ziamento des Laudbunbes war erfolglos. Der
Landbund ist 'darauf angewiesen, von seinem
Parteisekretär Herrn Füller sich die Informationen
zu holen. Die deutsche Volks Part ei hatte
vor den Wahlen große Rosinen im Kopse. Sie wäre
auch in die Regierung gegangen. In ihrer natür-
lichen Bescheidenheit wollte sie einen Minister haben.
Daraus wurde jedoch selbstverständlich nichts. Wir
können bei der Zusammensetzung des Landtags keine
sozialistische Politik treiben. Wir müssen uns be-
mühen, eine demokratische und sozialePo-
ltttk in Baden durchzusetzen. Und in dieser Hin-
sicht haben Wir mannigfache Erfolge zu verzeichnen.
Von starker Wirkung auf unsere Tätigkeit und vor
allem aus das Budget ist die Geldentwertung. Trotz-
dem steht der badische Staat auf gesunden fi-
nanziellen Füße»». Das Defizit von zwei
Milliarden braucht uns deshalb nicht zu beunruhi-
gen. Es »nutz uns jedoch »nah,»en, in bei» Staats-
ausgaben die größtmöglichste Sparsamkeit walten M

lassen. Wir müssen dabet aber sehen, die Ausgabe»»
für kulturelle Zwecke auch weiterhin ausrecht-
erhalten zu können. Die Ausgaben des Staates für
die Beamten verschlingen große Summen, ohne
daß dabei die Beamten aber irgendwie Millionäre
werden. Jedem Beamten, auch den» unteren, mutz
das Existenzminimum gewährt werden. Wir müssen
uns aber auch an den Gedanken gewöhnen, daß wir
fähige obere Beamte nur dann erhalten, wenn wir
sie entsprechend bezahlen. Dies gilt besonders, wenn
wir sozialisieren wollen. Wir können nicht mit der
Privatindustrie konkurrieren; aber einigermaßen muß
die Beamtenvezahlung doch den Verhältnissen ent-
sprechen.
Was. die Wirtschaft betrifft, so mutz eine B e -
wirisch astung für die Gegenstände des täg-
lichen Lebens eingeführt werden. Dies gilt vor
allem für die Nahrungs- und Gebrauchs-
artikel, bei denen verhindert werden muß, daß
sie ins Ausland verschoben werden. Bedeutungsvoll
ist für uns die Wohnungsfrage, der größte Aufmerk-
samkeit zu schenke»» ist. I,» der Schule »Nüssen wir
die Erziehung im Geiste der Republik verlangen.
Die Gemeinschaftsschule ist für uns Regelschule, wie
es die Reichsverfassung vorschrerbt. Damit »nutz
sich auch das Zentrum abfinden. Die Simul-
tanschule muß in Baden erhalten und ausgebaut
werden. Wer die Axt an die Simultanschule legt,
hat den schärfsten Kampf zu erwarten. (Beifall.)
Dies »nag sich das Zentrum merken. Airs der Schule
müssen alle Lehrer entfernt werden, dte durch ihre
Arbeit die Republik bewußt befehden-. Die katholi-
schen Elternvereinigungen müssen mit
wachsamem Auge verfolgt werden. Nicht nur in
sozialdemokratischen Kreisen, sondern auch in bürger-
lichen Kreisen wird die Aufrechterhaltung der Si-
multanschule als unverrückbare Schulart in Baden
gefordert.
Dte kapitalistischen Vorwürfe gegen die wirt-
schaftlichen Unternehmungen des
Staates sind unbegründet. Nur müsse»» sie in
richtigem Rahrnen betrieben werden. Dies sehe»»
wir mn Badenwerk. Dte Kanalitnternehmungen
schreite»» vorwärts. Mit den Kalibohrungen in
Buggingen hat der Staat ein großes Unternehme»»
in Angriff genommen, wobei der Staat sich seiner»
Einfluß gesichert hat. Der Staat kann sich nicht auf
die Verwattungstätigkeit beschränken, er »nutz ins
Wirtschaftsleben etndringen, Wie dies in Bade»» mit
gutem Erfolg geschieht. Die Regierung konnte sich
bei ihrer» politischen Handlunge!» auf starke
Mehrheiten stützen, wobei sich zu den Regie-
rungsparteien die deutsche Volkspartei, in einein
anderen späteren Falle auch der Landbund gesellte.
Wichtig ist bei der Beteiligung der Sozialdemokratie
an der Regierung auch der Einfluß der Regierung
auf den Reichsrat.
Dein ausschrettendsn Staatspräsidenten Hum-»
mel gebührt Dank für seine Tätigkeit. Wir wün-
schen, daß derkoinmendeUnterrichtsmtni -
st e r außerordentliche Energie und Kraft be-
sitzen rnöge, um die nötige»» Aufgaben durchzuftthren.
Demnächst steht uns auch die Wahl des Staats-
präsidenten bevor. Es besteht für »»ns kein Artlatz,
ar» dein bisherigen Gebrauch, das Amt des Staats»
Präsidentei» alljährlich im Turnus wechseln zu lasse»»,
zu rütteln. Dies ist die Auffassung des Parteiaus-
schusses und auch der Fraktion.
-Das Schwergewicht des Landtags verlegt sich
immer mehr in die Kommissionen. Die vielen
Reden im Landtag erübrigen sich. Von einzelnen
Fällen abgesehen, ist es mcht mehr notwendig, das
Parlament als Agitationsiribüne zu benützen. Das
praktische Handeln steht irn Vordergrund des
parlamentarischen Lebens. Die Tätigkeit der Frak-
tion befand sich im allgemeinen in Uebereinstimmung
mit den Wünschen der Parteigenossen. Wir hoffen,
daß unsere Arbeit zum Resten ausschlägt.
Die Aussprache,
Dr. Engler-Karlsruhe äußert sich zur Woh-
nungsfrage. Bei den Forderungen aus Verstaat-
lichung der Baustofsbeschafsung kommen eine Reihe
reichsgesetzlicher Vorschriften in Frage. Bei der
Baustofsbeschafsung G. rn. b. H. haben sich die
Städte mit ganz minimalen Beträgen beteiligt,
Zusammenschluß der Konsumenten zur Beein-
flussung der Produktion ist der einzige
Weg, der zum Ziele führt. Sorgen Sie dafür, in
den Baustoffgenoffenschaften, ir» den Gemeinden, in
den Baustoffverbänden, daß die nötigen Mittel bei-
geschafft werden. Bei der Bereitstellung von Zement
und Backsteinen hat die freie Wirtschaft störend ge-
wirkt. Es fehlten r»ns vielfach die Mittel, um an-
gefangene Bauten zu vollenden. Eine Stadtverwal-
tung, die angefangens Baute»» ar» Private zur Voll-
endung verkauft, befindet sich nicht auf der
Höhe. Es ist heute unsinnig, Sachwerte zu
verlaufen, denn nächstes Jahr ist vielleicht billig, was
voriges Jahr teuer war. Wir sind bereit, der»
Städten zu helfen. Wirst«- genötigt, die Wohnnngs-
rattonierung noch schärfer als bisher dmchzuführen.
Um die Wohnungsnot zu beheben, brauchten wir
pro Jahr 175 Milliarden als Zuschuß. Dafür wäre»
als Wohnabgabe das fünsunddreitzigfache der FriS>
densmiete nötig. Dies mutz berücksichtigt werden,
wenn die Forderungen aus konstanten Wohnungsbau
erhoben werden. Der Arbeiter mutz bei der Wohn-
abgabe berücksichtigen, daß diese zugunsten der All-
gemeinheit verwendet wird. Dies ist doch sicher-
lich besser, als wenn es dem Hausbesitzer zusällt.
Wenn in Friederiszeiten 20 bis 25 Prozent des Ar-
beitereinkommens für Wohnungen verwendet wur-
den, so kam» man verlangen, daß heute wenigstens,
8 bis 10 Prozent verwendet werden. Es geht nicht,
daß die Wohnung weniger kost-st wie
CIN PAHL (A th N h C.
Frau Blase-MannheiM tritt für stärkere Be-
teiligung der Frauen an der Politik ein und
wünscht vor allein, daß sich die Frauen darum küm-
mern, daß die Inserate an die sozialistische Presse
vergeben werden. Die Frau muß dafür sorgen, daß
die ArbeiteMesse in den Häuf em -der Arbeiterschaft
 
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