4. Jahrgang
Nr. 254
Srschtft,stu«d«n8-S SHr. Sm-ch,
stunden der Redaktton: 11-lS KW
Postscheckkonto Karlsruhe Rr.E^i
Tel.-Ädr.: VslkszeitungHeidelbsrK
Druck ».Verlag derNnterbaLischeO
Berlagranstalt G. m. b. H., Heideö
berg. Geschäftsstelle rSchröderftr.M.
Tel.: SxpedittonÄTSu-Redalt.iiNS,
(
TWeZZeNW M die VeMAige UMMW der ANsbezitte Zeidelderg. Wiesloch, Liusheiui, Wsinge«, ESerdach, MosöO, VOeu, AdelsheiW, IgOem, LMßerZWoWeiW o. WMew
Heidelberg, Dienstag, den 31. Oktober 1922
Mß MW
de'meH rMMW K U WEM W W W I
«en Nachlaß n. Taris. Eehelmmittel. V MM HWM M WM H
änzeigen finden keine Aufnahme. 8 MM rHe '
m AVE » wmWMUl »MW«.
Zr. Heidelberg, 31. Oktober 1922.
Aus Karlsruhe geht uns folgende Drahtmel-
dung zu:
Die Deutsch-DemokrattscheLandtass-
fralt ton hat beschlossen^ dem Landtag für den
neu zu besetzenden Posten des Ministers des
Kultus undUntcrrichts an Stelle des aus-
scheidenden Dr. Hummel den Professor der allge-
meinen und angewandten Psychologie und Päda-
gogik an der Technischen Hochschule Karlsruhe, Dr.
phil. und Dr. med. Willy Hellpach vorzu-
schlagen.
Abg. Ho sh einz, den die Fraktion zunächst in
Aussicht genommen hatte, hatte gebeten, von seiner
Person abzusehen, da er auf die Betätigung an
führender Stelle der Standesbewegung der Lehrer-
schaft nicht verzichten wolle.
Nachdem der Geschäftsführer»»»- Aus-
schutz der Partei den Vorschlag der Fraktion ge-
billigt hatte, wurden hertte nachmittag die Frak-
tion e n der beiden anderen Regierungsparteien
davon in Kenntnis gesetzt.
*
Mit diesem Vorschläge ist den« Rätselraten ein
Ende gemacht. Indem sie Herrn Hellpach als Unter-
richtsminister vorschlägt, hat die Demokratische Par-
tei versucht, sowohl der Forderung nach einem Fach-
mann wie nach einem Politiker zu genügen. Damit
entfallen auch alle Debatten, die sich um die Person
des kommenden Uuterrtchtsministers rankten. Ins-
besondere ist unser Wunsch nach der Verbindung von
Politiker und Fachmann erfüllt. Ebenso wie der
hervorragende Verwaltungsmann Mg. Dr. Glöck-
ner ausgeschieden ist, schied auf seilten eigenen
Wunsch der um die Sache der badischen Lehrerschaft
hochverdiente Abg. Hosheinz aus, um sich auch
fürderhin den ihm am Herzen liegenden Bestrebun-
gen um das Lehrerwesen voll und ganz widmen zu
können.
Mit der Kandidatur des Herrn Professor Dr.
Hellpach präsentiert die Demokratische Partei eine
Persönlichkeit von hervorragenden Führereig-enschaf-
ten, die sich sowohl auf wissenschaftlichem wie aus
politischem Gebiete einen weitkUugenden Rainen «e-
schasfen hat. Auf seinem Spezialgebiet, der Psy-
chologie, genießt er einen bedeutenden Ruf. Aus
seinen Werken sind zu nennen: „Psychologie der
Hysterie", „Arbeitsteilung im geistigen Leben".
Außerdem sind die von ihm begründeten „Sozial-
psychologischen Forschungen", sein Referat über die
„Unterrichtsverteilung" zu erwähnen. Vermerkt muß
auch werden, daß Hellpach, der zudem noch seine
Praxis als Nervenarzt in Karlsruhe ausübt, neben
seiner Tätigkeit als Profess oran der Technischen
Hochschule in Karlsruhe noch Zeit sand, sich in
hohem Matze den Volkshochschulbestrebungen u>td
den Arbeiten für die Kantgesellschaft zu widmen.
Gleich bedeutsam ist sein Ruf in der Durch-
dringung der politisch en Materie, wenn
man auch hier lewer nicht die gleich klare konstante
Linie verzeichnen kann. Obzwar in der Oeffentlich-
keit nicht stärker hervorgetreten, stand der Karlsruher
Gelehrte doch von frühester Jugend an mit der Po-
litik in lebhafter Verbindung. Ursprünglich, wie uns
gelegentlich berichtet wurde, von der Sozialdemo-
kratie ausgehend, gehörte Hellpach seit seinem stär-
keren politischen Hervortreten der bürgerlichen De-
mokratie an. Hierbei vertrat er allezeit moderne
kulturelle Auffassungen in der Richtung
einer sozialen Demokratie mit starkem
nationalen Einschlag. Dabei sind allerdings, wie
seine Publikationen in den großen Tageszeitungen
zeigen, seine politischen Auffassungen oft stärkeren
Schwankungen unterworfen. Seine Darlegungen
lassen deshalb oft ein so starkes Rechtsorientiertsein
im Rahmen der Demokratischen Partei erkennen,
daß man im letzten Jahr mit seinem Abgang zur
Deutschltberalen Volkspartei rechnete. Wir wollen
hoffen, daß die politisch praktische Tätigkeit in der
Republik auf die demokratische Grundgesinnung des
Herrn Hellpach befestigend wirkt. Wenn Herr
Hellpach entschlossen ist, sich mit seinem ganzen
Wollen und Können der Republik zur Verfügung
zu stellen — dies ist jedoch Voraussetzung —,
so ist sicher, daß die badische Regierung mit der
Person des Herrn Professor Dr. Hellpach eine er-
freuliche und wertvolle Bereicherung er-
fährt.
Ueber die P erso n des kommenden Unterrichts-
ministers, dessen Wahl bekanntlich durch den
Landtag zu erfolgen hat, mögen folgende Mit-
teilungen dienen:
Professor Dr. Phil, et med. Willy Hellpach ist ge-
borener Schlesier, hat aber schon vor 20 Jahren
seinen Wohnsitz nach Baden verlegt. Er studierte
in Greifswald und Leipzig Medizin und ließ
sich im Jahre 1904 in Karlsruhe als Nervenarzt
nieder. Im Jahre 1906 habilitierte er sich an der
Technischen Hochschule Karlsruhe für angewandte
Psychologie und las vorwiegend aus den Gebieten
ser UHYsiologischen Psychologie der Arbeit und dK
psychologischen Jugendsünde. Eilte Reihe wissen-
schaftlicher Arbeiten sind aus der Feder Dr. Hell-
pachS hervorgegangen. Im Zusammenhang mit
seinen wissenschaftlichen Studien wandte sich Dr.
Hellpach in den letzten Jahren auch den Aufgaben
der gewerblichen Fachbildung zu; augenblicklich ist
er mit einem großen Werk über „Die Erziehungs-
aufgabe der Höheren Schule, in ihrem ganzen Um-
fang kritisch und technisch dargestellt" beschäftigt. Dr.
Hellpach, der der demokratischen Partei seit ihrer
Gründung »»gehört und Mitglied der Parteileitung
ist, war auch Mitglied der badischen Landesschul-
ferenz und der Reichsschulkonferenz.
. . N,...
, Zur Charakteristik der außen- und innenpoliti-
Men Lage ist das Referat Ides ReichstMsäbgcordne-
trn Genossen Ditt m a u u vom Parteivorstaind in
Berlin auf dem Ofsenburger Parteitag von
Sanz besonderem Interesse. Wir geben deshalb
nachfolHgrvd die Rede zu diesem Thema ausführlich
wieder. Genosse Dittnmnn führte aus:
Wir befinden uns in einer schwierigen Lage. Die
Regierung wurde durch die Erbschaft des zufammen-
Sebrschenen alten Systems in ein Netz von
Z w angs läus iig keit hineingestellt. Luden-
dorff und Helfferich hatten ihre RaNbbaupo-
litik am deutschen Volke solange fortgesetzt, bis wir
wsammrenbrachen. Die Sieger haben dann Deutsch
land immer schwerere Bedingungen und dann das
Versailler Diktat auferlegt. Der Regierung
blieb nichts anderes übrig, als zu unter-
lstchueu, -um nicht noch härtere Bedingungen auneh-
men zu müssen. Ohne Unterzeichnung wäre die Be-
setzung des Ruhrgebiets erfolgt und die Entente
hätte dann auch nicht vor dm Fabriken Halt ge-
macht. Unter Fehrenbach wurde dann bei den
"T «eh mfiri st e r n" das Exempel darauf ge-
macht, wie es ist, wenn wir nicht unterzeichnen. Es
"'folgte die Besetzung von Duisburg und Düsseldorf,
wir heute noch nicht los sind. Als die Besche-
Eug da war, machten es die Fachmänner des Herrn
»liimes wie Ludendorff: sie liefen davon.
Es kam das Kabinett Wirth, das nach bestem
Willen im Nahmen des Möglichen zu erfüllen suchte.
Dabei wurde jedoch immer darauf hingewiesen, daß
der deutschen Wirtschaft eine restlose Erfül-
' üng unmöglich ist. Ma» zeigte jedoch immer
»en guten Wille n. Die politischen Erfolge —
nicht Sentimentalität oder Liebe zu uns -- führten
wie wir es vorausgesagt hatten, in England und
lmeri-ka zum U mschw u n g der Stimmung. Auch
w Frankreich tvuvde -es etwas Lesser. Unter Poin-
eärö kam dann jedoch in Frankreich wieder ein
Rückschlag. Die bedingte Erfüllnngspolitik des Hru.
Wirth brachte eilte ganz andere Atmosphäre als zu-
^or. Die Sanktionen hörten auf. Ein Wandel in
EntöntepolMk ist zweifellos zu verzeichnen. Pie
mteruationate Atmosphäre war im Sommer bereits
mrart gereift, daß eine internati-omiis Konferem
Mr Besserung des Reparationsproblems zu erwar-
ten war. Zweifellos hat die ErfüllungspolMk diese
tenderung bewirkt zum Bedauern unserer Natioua-
"slen. Za kamen Ereignisse, die alles Errun-
äenc w jeder in Frage stellten. Der Krieg
sein Ausgang hatte Mißtrauen gegen unsere
Währung geschaffen. Zweifellos wirkten dann die
Reparationen ungünstig auf den Stand der
^»rk. Das kapitalistische Wirtschaftssystem und die
^ekulation bewirkten jedoch eine weitere un-
MnstMre Entwicklung der Mark. Dies sehen wir
beute, wo wir durch das Abkommen von Brüssel
^ue Pause in den Zahlungen erreichten. Trotzdem
haben wir seit dem Nathenau m o r d eine Geld-
entwertung auf das 15fache zu verzeichnen. Hier se-
hen wir die Folgen des schrankenlosen kapitalistischen
-Wirtschaftssystems.
. Nachdem die Kapitalisten durch ihre Hetze gegen
ow Zwangswirtschaft ihr Ziel erreicht hatten und
dw Zwangswirtschaft restlos siel, sehen wir beute
Folgen des freien H a n D e l s. Die Frei-
heit des Handels ist zu einer Wucher freih eit
geworden. (Sehr richtig.) Wir haben die Herrschaft
. Syndikate. (Sehr richtig.) Wir sehen den Zu-
mmmenschlutz des Kapitals zur Ausbeutung der
-"Nifer. Ein Heer von Schiebern und Wucherern
uhlebt sich zwischen Produzenten- und Konsunrenteu
"" Das ist der Sogen der vielgepriesenen freien
, "ischast. Die großen Konzerne kauften Aus-
ig»dsdevisen, nm damit zu spekulieren. Je
äöür ausländische Devisen gekauft Wurden, umso
mehr sank die Mark, umso mehr Wert gewannen die
.- uIlandsdevisen. Eine wüste Spekulation setzte ein.
unter der Leitung nationalistischer Bantdirektoren
wurde in allen Kreisen -der Banken und Angestell-
m immer stärker spekuliert. So war es kein Wun-
°er daß die Mark immer stärker fiel. Auf diese
Ai?? kamen auch reelle Geschäftsleute dazu, zu ihrer
Devisen zu beschaffen, ja manche Pri-
vm ei»? fanden es allmählich vorteilhaft, sich für
Anschaffungen Devisen zu sichern. Die
ercisberechnung erfolgte immer mehr nach Gulden,
Trams und Dollar.
. kam der Zerfall unserer Währung
u seine» katastrophalen Folgen. Die Wirtschasts-
use zog immer weitere Kreise. Bor allem wurden
w freien Berufe in ihren Bann gezogen. Die
su ^"rde Normalzustand. Keine sozialdemokraii-
we Partei kann für diesen Zustand die Veranl-
"kkung übernehmen. Der ReichAvirtschasts-
mttuster, Gen-. Schmidt, schlug deshalb bereits im
^uit M-aßnahsnen gegen diesen. Zusammenbruch vor.
un^^schläge wurden jedoch vom -Re ich s si-
nn z Ministerium!, in dem deutschnationa-le
als Saboteure sitzen, unmöglich ge-
ar-^er diesen Saboteuren steht Herr Hermes
, TpE^r, der dem Stinnesflügel des Zentrums
gehört. Der Devtsenordnung hätten sich -gleich-
em« sofortige Maßnahmen für die Stabili-
" aderMark heig-efellen müssen. Um den
mil zu verhindern, müßte man vor alle»!
!e -des Goldes der Reichsbau-k ein wertbe-
wdtges Znlandspapier Ichasfe». Erst hierzu müßte
sich die Devisenorduung gesellen. Die Reichstags-
fraktion verlangte energisches Durchgreifen in dieser
Richtung. Die Stabilisierung der Mark ist das
erste Erfordernis um die Not zu bekämpfen.
Für eine weitere Untätigkeit der Reichsregierung
kann dis Sozialdemokratie die Verantwortung nicht
weiter tragen. (Sehr richtig.) Dies find wir unfern
Wählern, den Arbeitern, Angestellten und Beamten
schuldig. Die bürgerlichen Parteien sind Sturm
gelaufen gegen die Devisenorduung; nun scheinen
sie sich anders besonnen zu haben. Dagegen wollen
sie von der Aktion für die Mark nichts wissen. Herr
Haven st ein hat sich in den Kopf gesetzt/die
ReichsbankmMarde für den alleräußersten Notfall
als Reserve zurückzubehalteu. Wir sind der Auf-
fassung, daß dieser äußerste Moment bereits da
ist. (Sehr richtig.)
Die Deutschs Volks-Partei wird voWändig be-
herrscht von der Großfinanz, die sich durch Eingriffe
nicht stören lassen will. Die Deutsche Volkspartei
singt das Lied: Rur mehr Arbeit kann uns retten,
womit sie dem Achtstundentag an den Hals
gehen will. Herr Thyssen tritt für den 16-Stun-
dentag ein. Die Arbeiterschaft und die Angestellten
werden sich mit allen Mitteln gegen die Beseitigung
des Achtstundentages zur Wehr setzen. (Beifall.) Es
ist nicht richtig, das; der Achtstundentag produktions-
hemmend wirkt. Wo ein Rückgang vorkommt, liegt
es an -en umngelhasten Pro-dultionsmittelm Die
Arbeitsleistung selbst hat sich vielfach gehoben.
Wenn der technische Produ-ktions-apparat zurück-
ging, so tragen hieran die deutschen Kapita-
ls st eil infolge ihrer veralteten Produktivnsmetho-
den die Schuld. Den Arbeitern und -dem Achtstun-
dentag kann man gar keine Schuld zuschieben.
Es stehen Harte Kämpfe bevor. In diesem
Kampfe muß die Arbeiterschaft einig und geschlossen
dastehen. Umso erfreulicher ist es, Latz es gelungen
ist, die beiden sozialistischen Parteien zusammenzu-
fassen. (Beifall.) Die bürgerlichen Parteien suchen
sich gegen diese Vereinigung durch die Arbeits-
gemeinschaft zu helfen. Zentrum und Demo-
kratie flüchteten sich in die Arme der Stimrespartet,
wobei versucht wird, diese in die Regierung zu brin-
gen. Welche Folgen die Markkrtse hat, sehen wir an
der Reise der Reparationskommisston nach Berlin.
Es Wäre bedauerlich, wenn sich die deutsche Regie-
rung erst von der Reparationskommission -die er-
forderlichen MatzUMmen für die Stützung ser WM
ausnötigen lassen müßte. Wir Sozialdemokraten ha-
ben alles Interesse daran, Latz das Mtivum der Re-
gierung Wirtb in der Außenpolitik nicht zer-
stört wird. Mir dürfen an der Erfüllungsvolttit
des Herrn Wirth nichts abbröckeln lassen. Den» Höri
die Erfüllun-gspoWik auf, dann sind alle Aus-
sichten vorübe r, die Reparationslasten zu mil-
dern. Das Schick s a lOe st errei ch s stünde uns
bevor. Rassen wir uns nicht -auf, di« Mark selbst zu
stützen, so steht uns die Finauzloutrolle bevor.
„Verseipelung" Deutschlands lehnen wir ab.
Es givl eine Grenze, wo es uns u umög -
ltch ist, die Verantwortung weiter mitzutmgen.
(Sehr richtig.) Als sozialdemokratische Partei m ü s-
sen wir verlangen, daß BolMnteressen vor kapi-
talistische Interessen gestellt werden. Wenn man ver-
sucht, mts der Arbeitsgemeinschaft einen Antifozia-
listenblock zu machen, so fürchten wir uns- muh -da-
vor nicht. Wir werden den Kampf mit den Mit-
teln, die uns aufgenötigt werde.», führe»«. Wir Wer-
der» unsere Mitarbeit nicht leichtfertig versagen, aber
über allem steht uns das Wohl des arbeitenden
Volkes. Dies gilt, »rag ko-rmnen, w-aS da will. (Leb-
hafter Beifall.)
Die Lage im Reich.
Die Sitzung des soziuldemMutifchLn
Frattionsuorstandes.
Berlin, 31. Okt. Der Vorstand der ,'ozial-dcmo-
kr-atischen Reichstagsfraktiou trat am Montag vor-
mittag zu omer Sitzung zusammen. Er nahm den
Bericht der Unterhändler über Die Verhandlungen
in der Reichskanzlei wegen der sozialdemokratischen
Forderungen zur Mark-Sta-bilisienlNg entgegen-.
Das Verhalten der Unterhändler wurde einmütig
gebilligt. Die Einberufung der Reichstagsfraktion
wurde zu Dienstag vormittag beschlossen. In sach-
licher Beziehung bestand volle Einmütigkeit darüber,
daß die Partei auf ihre Vorschläge zur Währuugs-
und WirtschaftspMtik unbedingt bestehen
Misse. Auch bestand volle Ei-nmütigkeit darüber,
daß -die -Sozialdemokratie
eine Antastung -es Achtstundentages auf keinen
Fall zulasten
wird. Die auch Von der SozMd-emo-kratie als drin-
gend notwendig -anerkannte PW-MionsförderuM
dürfe nicht auf Kosten der Arbeiter herb'eigeführt
werden. Die wirksamste Voraussetzung für LR
Produktionssteig-sung ist die Stabilisierung der,
Mark. Eine Regierung, die sich trotz der dringenden
VorsteMmg-e» der So-zial-demokratie nicht zu- posi-
tiver» MatzMhmen zur Stabi'lifierung der Mark Se-
reitsinden. dafür aber den Achtstundentag beseitigen
wollte, könnte teilte Unterstützung Durch die sozial-
dsmokrati-sche Parte«, sondern nur Bekämpfung er-
fahren. Der Fraktion-Svorstand beschäftigte sich fers
ner mit der durch den Rücktritt Lerchenfelds ge-
schaffenen Zuspitzung der gefmntpolitischen Ver-
hältnisse und richtete den dringenden- Appell an die
bayrischen Arbsiter, -den gegenrevolutiwnären bayrp
scher« Bestrebungen gegcuiiber aus der Hut zu seil».
Zwecks Stellungnahme zu den dringenden schweben-
den Stenerfragen ist die Einberufung einer Konfe-
renz von Vertreiern der Fraktionen der Ein-«
z-e-lländer für den 22. November in Aussicht ge-
nommen. j
Rücktritt des Kabinetts Lerchenfeld.
München, 31. Okt. Das halbamtliche Tele-
graphLNbiiko meldet aus München: Der Rücktritt
des Kabinetts Lercherrseld ist nunmehr vollende-
te Tatsache. Der Landtag wird alsbald zusam-
menSerufen werden um den neuen Ministerpräsi-
denten zu wählen. Als aussichtsreichster Kandidai
gilt nach »nie vor der bisherige Staatsrat Meyer.
Föderalismus in Bayern.
München, 30. Okt. Auf der Tagung des
Bayerischen Volkspartei wurde bei def
Beratung des föderalistischen Programms der Bayer
rischen Volkspartei, über das wir bereits berichtetem
mit assen gegen zwei Stimmen folgender Antrag
angenornmen: „Die Vertreter der Partei ins
Reichstag werden aufgefordert, nicht nur feierlich
unsere nächsten föderalistischen Ziele unÄ
Zwecke, Wahrung der Staatsautorität und Hoheit,
stark zu betonen, sondern noch in dieser Winter^
sefston einen Antrag auf Abänderung des
Weimarer Verfassung zu stellen, um den
bundesstaatlichen Charakter der Länder festzulegen.
In einer weiteren Entschließung wurde die Ein-
führung einer zweite»! verufsständischen Kammer,
Ausbau der Vorschriften Wer Volksbegehren und
Volksentscheid und Ausbau der unmittelbaren
Volksrechte in den Gemeinden gefordert.
Zur Reparationsfrage.
Berlin, 30. Ott. Um 10 Uhr vormittags wurds
unter dem abivechselnden Vorsitz des Reichskanzlers
Wirth und des Reichssmauznlmisters Dr. Her-l
mes eine Konferenz mit einheimischen Sach^
verständigen eröffnet, zu welcher u. a. Melchior^
Hilferding, Gebrüder Wolff und -andere eim
heimische Sachverständige erschienen. Es werde» ick
erster Reihe die Probleme erörtert, die mit den aus*
WNrti-gen Experten und mit der Reparationskom-mift
sion zu verhandeln sind. (B. Z.)
London, 30. Ok. Die Bereinigung britischer Im
dustrietter hat eine Koumiission eingesetzt zur Unter)
suchung der Folgen der Bezahlung der internatio-
nalen Schulden aus die Gläubiger- und Schuldner-'
länder -bezw. auf derer- Industrie und Währuwgs»
stand. Hervorragende Finanzmänner, wie Sir Ed-»
ward Geddes gehöre»« -der Kommission an.
London, 30. Oft. Bradbury hat noch am Sams-
tag in London offiziell versichert, daß die Vermut
innig, Deutschland solle zu neue,« Z-ugestündnisssft
gezwungen werde»», jeder Begründung entbehre.
Die Regierung des Kanzlers Wirth Habe unter deft
schwierigsten Verhältnissen -alles -getan, was irgend
,nöglich ivar, und sich stets sehr chreu-ivert LenouE
Uten. Die RepariatiivnAo-mniisfton -begebe sich nuS
nach Berlin, um ein -enges Zusammenarbeiten mit
der deutschen Regierung duvchzufetzen, und Wer dis
Methoden der Kontrolle nach Rücksprache mit d-M
deutschen Sachverständigen Abmachungen zu trefseu.
Jiach einer anderen Meldung des B. T. hat Brad-
bury dem Berichterstatter der Times eine Erklärung
abgegeben, wonach -die -Repamii'ouslMMtifsiou nach
Berlin reife, um geeignete Mittel zu finden, den»
Sturze der Mark Einhalt zu gebieten. Die Diffe-
renzen innerhaSb der KdNkm-Mou bezögen sich nW
ans die Methoden, nicht aber auf die Ziels. Dw
S-chwierig-ketten seien nur die, das; sich die Franzosen
weigerten, ein längeres Moratorium zu gewährest
und deutsche BondS tu Zahlung zu nehmen, wenn
ihnen nicht seitens Englands sür ihre Schulden be-
gleiche Vorteil gewährt werde.
- -.. —--
Zn gklWkNk WMWM
Ein Nrrtigee Sonntag.
R o m, 30. Okt. Entgegen den ersten Meldungen,
die zu berichten wußten, daß der Sonntag ruhig und
ohne Zwischenfälle verlaufen ist, ist es doch zu eini-
gen schweren Zwischenfällen gekommen.
In R o m durchzogen Faszisten die Stadt und am
Nach,nittag kam es zu einem Zusammenstoß zwischen
Kommunisten und Faszisten, wobei ein Kommunist
und ein Faszist getötet und mehrere Faszisten mehr
oder weniger erheblich verletzt wurden. In B o -
logna kam es ebenfalls zu einen, Zusammenstoß
zwischen Gendarmerie und Faszisten, woher ein
königlicher Lei-bgrena-ier getötet und fünf Faszisten
Nr. 254
Srschtft,stu«d«n8-S SHr. Sm-ch,
stunden der Redaktton: 11-lS KW
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Druck ».Verlag derNnterbaLischeO
Berlagranstalt G. m. b. H., Heideö
berg. Geschäftsstelle rSchröderftr.M.
Tel.: SxpedittonÄTSu-Redalt.iiNS,
(
TWeZZeNW M die VeMAige UMMW der ANsbezitte Zeidelderg. Wiesloch, Liusheiui, Wsinge«, ESerdach, MosöO, VOeu, AdelsheiW, IgOem, LMßerZWoWeiW o. WMew
Heidelberg, Dienstag, den 31. Oktober 1922
Mß MW
de'meH rMMW K U WEM W W W I
«en Nachlaß n. Taris. Eehelmmittel. V MM HWM M WM H
änzeigen finden keine Aufnahme. 8 MM rHe '
m AVE » wmWMUl »MW«.
Zr. Heidelberg, 31. Oktober 1922.
Aus Karlsruhe geht uns folgende Drahtmel-
dung zu:
Die Deutsch-DemokrattscheLandtass-
fralt ton hat beschlossen^ dem Landtag für den
neu zu besetzenden Posten des Ministers des
Kultus undUntcrrichts an Stelle des aus-
scheidenden Dr. Hummel den Professor der allge-
meinen und angewandten Psychologie und Päda-
gogik an der Technischen Hochschule Karlsruhe, Dr.
phil. und Dr. med. Willy Hellpach vorzu-
schlagen.
Abg. Ho sh einz, den die Fraktion zunächst in
Aussicht genommen hatte, hatte gebeten, von seiner
Person abzusehen, da er auf die Betätigung an
führender Stelle der Standesbewegung der Lehrer-
schaft nicht verzichten wolle.
Nachdem der Geschäftsführer»»»- Aus-
schutz der Partei den Vorschlag der Fraktion ge-
billigt hatte, wurden hertte nachmittag die Frak-
tion e n der beiden anderen Regierungsparteien
davon in Kenntnis gesetzt.
*
Mit diesem Vorschläge ist den« Rätselraten ein
Ende gemacht. Indem sie Herrn Hellpach als Unter-
richtsminister vorschlägt, hat die Demokratische Par-
tei versucht, sowohl der Forderung nach einem Fach-
mann wie nach einem Politiker zu genügen. Damit
entfallen auch alle Debatten, die sich um die Person
des kommenden Uuterrtchtsministers rankten. Ins-
besondere ist unser Wunsch nach der Verbindung von
Politiker und Fachmann erfüllt. Ebenso wie der
hervorragende Verwaltungsmann Mg. Dr. Glöck-
ner ausgeschieden ist, schied auf seilten eigenen
Wunsch der um die Sache der badischen Lehrerschaft
hochverdiente Abg. Hosheinz aus, um sich auch
fürderhin den ihm am Herzen liegenden Bestrebun-
gen um das Lehrerwesen voll und ganz widmen zu
können.
Mit der Kandidatur des Herrn Professor Dr.
Hellpach präsentiert die Demokratische Partei eine
Persönlichkeit von hervorragenden Führereig-enschaf-
ten, die sich sowohl auf wissenschaftlichem wie aus
politischem Gebiete einen weitkUugenden Rainen «e-
schasfen hat. Auf seinem Spezialgebiet, der Psy-
chologie, genießt er einen bedeutenden Ruf. Aus
seinen Werken sind zu nennen: „Psychologie der
Hysterie", „Arbeitsteilung im geistigen Leben".
Außerdem sind die von ihm begründeten „Sozial-
psychologischen Forschungen", sein Referat über die
„Unterrichtsverteilung" zu erwähnen. Vermerkt muß
auch werden, daß Hellpach, der zudem noch seine
Praxis als Nervenarzt in Karlsruhe ausübt, neben
seiner Tätigkeit als Profess oran der Technischen
Hochschule in Karlsruhe noch Zeit sand, sich in
hohem Matze den Volkshochschulbestrebungen u>td
den Arbeiten für die Kantgesellschaft zu widmen.
Gleich bedeutsam ist sein Ruf in der Durch-
dringung der politisch en Materie, wenn
man auch hier lewer nicht die gleich klare konstante
Linie verzeichnen kann. Obzwar in der Oeffentlich-
keit nicht stärker hervorgetreten, stand der Karlsruher
Gelehrte doch von frühester Jugend an mit der Po-
litik in lebhafter Verbindung. Ursprünglich, wie uns
gelegentlich berichtet wurde, von der Sozialdemo-
kratie ausgehend, gehörte Hellpach seit seinem stär-
keren politischen Hervortreten der bürgerlichen De-
mokratie an. Hierbei vertrat er allezeit moderne
kulturelle Auffassungen in der Richtung
einer sozialen Demokratie mit starkem
nationalen Einschlag. Dabei sind allerdings, wie
seine Publikationen in den großen Tageszeitungen
zeigen, seine politischen Auffassungen oft stärkeren
Schwankungen unterworfen. Seine Darlegungen
lassen deshalb oft ein so starkes Rechtsorientiertsein
im Rahmen der Demokratischen Partei erkennen,
daß man im letzten Jahr mit seinem Abgang zur
Deutschltberalen Volkspartei rechnete. Wir wollen
hoffen, daß die politisch praktische Tätigkeit in der
Republik auf die demokratische Grundgesinnung des
Herrn Hellpach befestigend wirkt. Wenn Herr
Hellpach entschlossen ist, sich mit seinem ganzen
Wollen und Können der Republik zur Verfügung
zu stellen — dies ist jedoch Voraussetzung —,
so ist sicher, daß die badische Regierung mit der
Person des Herrn Professor Dr. Hellpach eine er-
freuliche und wertvolle Bereicherung er-
fährt.
Ueber die P erso n des kommenden Unterrichts-
ministers, dessen Wahl bekanntlich durch den
Landtag zu erfolgen hat, mögen folgende Mit-
teilungen dienen:
Professor Dr. Phil, et med. Willy Hellpach ist ge-
borener Schlesier, hat aber schon vor 20 Jahren
seinen Wohnsitz nach Baden verlegt. Er studierte
in Greifswald und Leipzig Medizin und ließ
sich im Jahre 1904 in Karlsruhe als Nervenarzt
nieder. Im Jahre 1906 habilitierte er sich an der
Technischen Hochschule Karlsruhe für angewandte
Psychologie und las vorwiegend aus den Gebieten
ser UHYsiologischen Psychologie der Arbeit und dK
psychologischen Jugendsünde. Eilte Reihe wissen-
schaftlicher Arbeiten sind aus der Feder Dr. Hell-
pachS hervorgegangen. Im Zusammenhang mit
seinen wissenschaftlichen Studien wandte sich Dr.
Hellpach in den letzten Jahren auch den Aufgaben
der gewerblichen Fachbildung zu; augenblicklich ist
er mit einem großen Werk über „Die Erziehungs-
aufgabe der Höheren Schule, in ihrem ganzen Um-
fang kritisch und technisch dargestellt" beschäftigt. Dr.
Hellpach, der der demokratischen Partei seit ihrer
Gründung »»gehört und Mitglied der Parteileitung
ist, war auch Mitglied der badischen Landesschul-
ferenz und der Reichsschulkonferenz.
. . N,...
, Zur Charakteristik der außen- und innenpoliti-
Men Lage ist das Referat Ides ReichstMsäbgcordne-
trn Genossen Ditt m a u u vom Parteivorstaind in
Berlin auf dem Ofsenburger Parteitag von
Sanz besonderem Interesse. Wir geben deshalb
nachfolHgrvd die Rede zu diesem Thema ausführlich
wieder. Genosse Dittnmnn führte aus:
Wir befinden uns in einer schwierigen Lage. Die
Regierung wurde durch die Erbschaft des zufammen-
Sebrschenen alten Systems in ein Netz von
Z w angs läus iig keit hineingestellt. Luden-
dorff und Helfferich hatten ihre RaNbbaupo-
litik am deutschen Volke solange fortgesetzt, bis wir
wsammrenbrachen. Die Sieger haben dann Deutsch
land immer schwerere Bedingungen und dann das
Versailler Diktat auferlegt. Der Regierung
blieb nichts anderes übrig, als zu unter-
lstchueu, -um nicht noch härtere Bedingungen auneh-
men zu müssen. Ohne Unterzeichnung wäre die Be-
setzung des Ruhrgebiets erfolgt und die Entente
hätte dann auch nicht vor dm Fabriken Halt ge-
macht. Unter Fehrenbach wurde dann bei den
"T «eh mfiri st e r n" das Exempel darauf ge-
macht, wie es ist, wenn wir nicht unterzeichnen. Es
"'folgte die Besetzung von Duisburg und Düsseldorf,
wir heute noch nicht los sind. Als die Besche-
Eug da war, machten es die Fachmänner des Herrn
»liimes wie Ludendorff: sie liefen davon.
Es kam das Kabinett Wirth, das nach bestem
Willen im Nahmen des Möglichen zu erfüllen suchte.
Dabei wurde jedoch immer darauf hingewiesen, daß
der deutschen Wirtschaft eine restlose Erfül-
' üng unmöglich ist. Ma» zeigte jedoch immer
»en guten Wille n. Die politischen Erfolge —
nicht Sentimentalität oder Liebe zu uns -- führten
wie wir es vorausgesagt hatten, in England und
lmeri-ka zum U mschw u n g der Stimmung. Auch
w Frankreich tvuvde -es etwas Lesser. Unter Poin-
eärö kam dann jedoch in Frankreich wieder ein
Rückschlag. Die bedingte Erfüllnngspolitik des Hru.
Wirth brachte eilte ganz andere Atmosphäre als zu-
^or. Die Sanktionen hörten auf. Ein Wandel in
EntöntepolMk ist zweifellos zu verzeichnen. Pie
mteruationate Atmosphäre war im Sommer bereits
mrart gereift, daß eine internati-omiis Konferem
Mr Besserung des Reparationsproblems zu erwar-
ten war. Zweifellos hat die ErfüllungspolMk diese
tenderung bewirkt zum Bedauern unserer Natioua-
"slen. Za kamen Ereignisse, die alles Errun-
äenc w jeder in Frage stellten. Der Krieg
sein Ausgang hatte Mißtrauen gegen unsere
Währung geschaffen. Zweifellos wirkten dann die
Reparationen ungünstig auf den Stand der
^»rk. Das kapitalistische Wirtschaftssystem und die
^ekulation bewirkten jedoch eine weitere un-
MnstMre Entwicklung der Mark. Dies sehen wir
beute, wo wir durch das Abkommen von Brüssel
^ue Pause in den Zahlungen erreichten. Trotzdem
haben wir seit dem Nathenau m o r d eine Geld-
entwertung auf das 15fache zu verzeichnen. Hier se-
hen wir die Folgen des schrankenlosen kapitalistischen
-Wirtschaftssystems.
. Nachdem die Kapitalisten durch ihre Hetze gegen
ow Zwangswirtschaft ihr Ziel erreicht hatten und
dw Zwangswirtschaft restlos siel, sehen wir beute
Folgen des freien H a n D e l s. Die Frei-
heit des Handels ist zu einer Wucher freih eit
geworden. (Sehr richtig.) Wir haben die Herrschaft
. Syndikate. (Sehr richtig.) Wir sehen den Zu-
mmmenschlutz des Kapitals zur Ausbeutung der
-"Nifer. Ein Heer von Schiebern und Wucherern
uhlebt sich zwischen Produzenten- und Konsunrenteu
"" Das ist der Sogen der vielgepriesenen freien
, "ischast. Die großen Konzerne kauften Aus-
ig»dsdevisen, nm damit zu spekulieren. Je
äöür ausländische Devisen gekauft Wurden, umso
mehr sank die Mark, umso mehr Wert gewannen die
.- uIlandsdevisen. Eine wüste Spekulation setzte ein.
unter der Leitung nationalistischer Bantdirektoren
wurde in allen Kreisen -der Banken und Angestell-
m immer stärker spekuliert. So war es kein Wun-
°er daß die Mark immer stärker fiel. Auf diese
Ai?? kamen auch reelle Geschäftsleute dazu, zu ihrer
Devisen zu beschaffen, ja manche Pri-
vm ei»? fanden es allmählich vorteilhaft, sich für
Anschaffungen Devisen zu sichern. Die
ercisberechnung erfolgte immer mehr nach Gulden,
Trams und Dollar.
. kam der Zerfall unserer Währung
u seine» katastrophalen Folgen. Die Wirtschasts-
use zog immer weitere Kreise. Bor allem wurden
w freien Berufe in ihren Bann gezogen. Die
su ^"rde Normalzustand. Keine sozialdemokraii-
we Partei kann für diesen Zustand die Veranl-
"kkung übernehmen. Der ReichAvirtschasts-
mttuster, Gen-. Schmidt, schlug deshalb bereits im
^uit M-aßnahsnen gegen diesen. Zusammenbruch vor.
un^^schläge wurden jedoch vom -Re ich s si-
nn z Ministerium!, in dem deutschnationa-le
als Saboteure sitzen, unmöglich ge-
ar-^er diesen Saboteuren steht Herr Hermes
, TpE^r, der dem Stinnesflügel des Zentrums
gehört. Der Devtsenordnung hätten sich -gleich-
em« sofortige Maßnahmen für die Stabili-
" aderMark heig-efellen müssen. Um den
mil zu verhindern, müßte man vor alle»!
!e -des Goldes der Reichsbau-k ein wertbe-
wdtges Znlandspapier Ichasfe». Erst hierzu müßte
sich die Devisenorduung gesellen. Die Reichstags-
fraktion verlangte energisches Durchgreifen in dieser
Richtung. Die Stabilisierung der Mark ist das
erste Erfordernis um die Not zu bekämpfen.
Für eine weitere Untätigkeit der Reichsregierung
kann dis Sozialdemokratie die Verantwortung nicht
weiter tragen. (Sehr richtig.) Dies find wir unfern
Wählern, den Arbeitern, Angestellten und Beamten
schuldig. Die bürgerlichen Parteien sind Sturm
gelaufen gegen die Devisenorduung; nun scheinen
sie sich anders besonnen zu haben. Dagegen wollen
sie von der Aktion für die Mark nichts wissen. Herr
Haven st ein hat sich in den Kopf gesetzt/die
ReichsbankmMarde für den alleräußersten Notfall
als Reserve zurückzubehalteu. Wir sind der Auf-
fassung, daß dieser äußerste Moment bereits da
ist. (Sehr richtig.)
Die Deutschs Volks-Partei wird voWändig be-
herrscht von der Großfinanz, die sich durch Eingriffe
nicht stören lassen will. Die Deutsche Volkspartei
singt das Lied: Rur mehr Arbeit kann uns retten,
womit sie dem Achtstundentag an den Hals
gehen will. Herr Thyssen tritt für den 16-Stun-
dentag ein. Die Arbeiterschaft und die Angestellten
werden sich mit allen Mitteln gegen die Beseitigung
des Achtstundentages zur Wehr setzen. (Beifall.) Es
ist nicht richtig, das; der Achtstundentag produktions-
hemmend wirkt. Wo ein Rückgang vorkommt, liegt
es an -en umngelhasten Pro-dultionsmittelm Die
Arbeitsleistung selbst hat sich vielfach gehoben.
Wenn der technische Produ-ktions-apparat zurück-
ging, so tragen hieran die deutschen Kapita-
ls st eil infolge ihrer veralteten Produktivnsmetho-
den die Schuld. Den Arbeitern und -dem Achtstun-
dentag kann man gar keine Schuld zuschieben.
Es stehen Harte Kämpfe bevor. In diesem
Kampfe muß die Arbeiterschaft einig und geschlossen
dastehen. Umso erfreulicher ist es, Latz es gelungen
ist, die beiden sozialistischen Parteien zusammenzu-
fassen. (Beifall.) Die bürgerlichen Parteien suchen
sich gegen diese Vereinigung durch die Arbeits-
gemeinschaft zu helfen. Zentrum und Demo-
kratie flüchteten sich in die Arme der Stimrespartet,
wobei versucht wird, diese in die Regierung zu brin-
gen. Welche Folgen die Markkrtse hat, sehen wir an
der Reise der Reparationskommisston nach Berlin.
Es Wäre bedauerlich, wenn sich die deutsche Regie-
rung erst von der Reparationskommission -die er-
forderlichen MatzUMmen für die Stützung ser WM
ausnötigen lassen müßte. Wir Sozialdemokraten ha-
ben alles Interesse daran, Latz das Mtivum der Re-
gierung Wirtb in der Außenpolitik nicht zer-
stört wird. Mir dürfen an der Erfüllungsvolttit
des Herrn Wirth nichts abbröckeln lassen. Den» Höri
die Erfüllun-gspoWik auf, dann sind alle Aus-
sichten vorübe r, die Reparationslasten zu mil-
dern. Das Schick s a lOe st errei ch s stünde uns
bevor. Rassen wir uns nicht -auf, di« Mark selbst zu
stützen, so steht uns die Finauzloutrolle bevor.
„Verseipelung" Deutschlands lehnen wir ab.
Es givl eine Grenze, wo es uns u umög -
ltch ist, die Verantwortung weiter mitzutmgen.
(Sehr richtig.) Als sozialdemokratische Partei m ü s-
sen wir verlangen, daß BolMnteressen vor kapi-
talistische Interessen gestellt werden. Wenn man ver-
sucht, mts der Arbeitsgemeinschaft einen Antifozia-
listenblock zu machen, so fürchten wir uns- muh -da-
vor nicht. Wir werden den Kampf mit den Mit-
teln, die uns aufgenötigt werde.», führe»«. Wir Wer-
der» unsere Mitarbeit nicht leichtfertig versagen, aber
über allem steht uns das Wohl des arbeitenden
Volkes. Dies gilt, »rag ko-rmnen, w-aS da will. (Leb-
hafter Beifall.)
Die Lage im Reich.
Die Sitzung des soziuldemMutifchLn
Frattionsuorstandes.
Berlin, 31. Okt. Der Vorstand der ,'ozial-dcmo-
kr-atischen Reichstagsfraktiou trat am Montag vor-
mittag zu omer Sitzung zusammen. Er nahm den
Bericht der Unterhändler über Die Verhandlungen
in der Reichskanzlei wegen der sozialdemokratischen
Forderungen zur Mark-Sta-bilisienlNg entgegen-.
Das Verhalten der Unterhändler wurde einmütig
gebilligt. Die Einberufung der Reichstagsfraktion
wurde zu Dienstag vormittag beschlossen. In sach-
licher Beziehung bestand volle Einmütigkeit darüber,
daß die Partei auf ihre Vorschläge zur Währuugs-
und WirtschaftspMtik unbedingt bestehen
Misse. Auch bestand volle Ei-nmütigkeit darüber,
daß -die -Sozialdemokratie
eine Antastung -es Achtstundentages auf keinen
Fall zulasten
wird. Die auch Von der SozMd-emo-kratie als drin-
gend notwendig -anerkannte PW-MionsförderuM
dürfe nicht auf Kosten der Arbeiter herb'eigeführt
werden. Die wirksamste Voraussetzung für LR
Produktionssteig-sung ist die Stabilisierung der,
Mark. Eine Regierung, die sich trotz der dringenden
VorsteMmg-e» der So-zial-demokratie nicht zu- posi-
tiver» MatzMhmen zur Stabi'lifierung der Mark Se-
reitsinden. dafür aber den Achtstundentag beseitigen
wollte, könnte teilte Unterstützung Durch die sozial-
dsmokrati-sche Parte«, sondern nur Bekämpfung er-
fahren. Der Fraktion-Svorstand beschäftigte sich fers
ner mit der durch den Rücktritt Lerchenfelds ge-
schaffenen Zuspitzung der gefmntpolitischen Ver-
hältnisse und richtete den dringenden- Appell an die
bayrischen Arbsiter, -den gegenrevolutiwnären bayrp
scher« Bestrebungen gegcuiiber aus der Hut zu seil».
Zwecks Stellungnahme zu den dringenden schweben-
den Stenerfragen ist die Einberufung einer Konfe-
renz von Vertreiern der Fraktionen der Ein-«
z-e-lländer für den 22. November in Aussicht ge-
nommen. j
Rücktritt des Kabinetts Lerchenfeld.
München, 31. Okt. Das halbamtliche Tele-
graphLNbiiko meldet aus München: Der Rücktritt
des Kabinetts Lercherrseld ist nunmehr vollende-
te Tatsache. Der Landtag wird alsbald zusam-
menSerufen werden um den neuen Ministerpräsi-
denten zu wählen. Als aussichtsreichster Kandidai
gilt nach »nie vor der bisherige Staatsrat Meyer.
Föderalismus in Bayern.
München, 30. Okt. Auf der Tagung des
Bayerischen Volkspartei wurde bei def
Beratung des föderalistischen Programms der Bayer
rischen Volkspartei, über das wir bereits berichtetem
mit assen gegen zwei Stimmen folgender Antrag
angenornmen: „Die Vertreter der Partei ins
Reichstag werden aufgefordert, nicht nur feierlich
unsere nächsten föderalistischen Ziele unÄ
Zwecke, Wahrung der Staatsautorität und Hoheit,
stark zu betonen, sondern noch in dieser Winter^
sefston einen Antrag auf Abänderung des
Weimarer Verfassung zu stellen, um den
bundesstaatlichen Charakter der Länder festzulegen.
In einer weiteren Entschließung wurde die Ein-
führung einer zweite»! verufsständischen Kammer,
Ausbau der Vorschriften Wer Volksbegehren und
Volksentscheid und Ausbau der unmittelbaren
Volksrechte in den Gemeinden gefordert.
Zur Reparationsfrage.
Berlin, 30. Ott. Um 10 Uhr vormittags wurds
unter dem abivechselnden Vorsitz des Reichskanzlers
Wirth und des Reichssmauznlmisters Dr. Her-l
mes eine Konferenz mit einheimischen Sach^
verständigen eröffnet, zu welcher u. a. Melchior^
Hilferding, Gebrüder Wolff und -andere eim
heimische Sachverständige erschienen. Es werde» ick
erster Reihe die Probleme erörtert, die mit den aus*
WNrti-gen Experten und mit der Reparationskom-mift
sion zu verhandeln sind. (B. Z.)
London, 30. Ok. Die Bereinigung britischer Im
dustrietter hat eine Koumiission eingesetzt zur Unter)
suchung der Folgen der Bezahlung der internatio-
nalen Schulden aus die Gläubiger- und Schuldner-'
länder -bezw. auf derer- Industrie und Währuwgs»
stand. Hervorragende Finanzmänner, wie Sir Ed-»
ward Geddes gehöre»« -der Kommission an.
London, 30. Oft. Bradbury hat noch am Sams-
tag in London offiziell versichert, daß die Vermut
innig, Deutschland solle zu neue,« Z-ugestündnisssft
gezwungen werde»», jeder Begründung entbehre.
Die Regierung des Kanzlers Wirth Habe unter deft
schwierigsten Verhältnissen -alles -getan, was irgend
,nöglich ivar, und sich stets sehr chreu-ivert LenouE
Uten. Die RepariatiivnAo-mniisfton -begebe sich nuS
nach Berlin, um ein -enges Zusammenarbeiten mit
der deutschen Regierung duvchzufetzen, und Wer dis
Methoden der Kontrolle nach Rücksprache mit d-M
deutschen Sachverständigen Abmachungen zu trefseu.
Jiach einer anderen Meldung des B. T. hat Brad-
bury dem Berichterstatter der Times eine Erklärung
abgegeben, wonach -die -Repamii'ouslMMtifsiou nach
Berlin reife, um geeignete Mittel zu finden, den»
Sturze der Mark Einhalt zu gebieten. Die Diffe-
renzen innerhaSb der KdNkm-Mou bezögen sich nW
ans die Methoden, nicht aber auf die Ziels. Dw
S-chwierig-ketten seien nur die, das; sich die Franzosen
weigerten, ein längeres Moratorium zu gewährest
und deutsche BondS tu Zahlung zu nehmen, wenn
ihnen nicht seitens Englands sür ihre Schulden be-
gleiche Vorteil gewährt werde.
- -.. —--
Zn gklWkNk WMWM
Ein Nrrtigee Sonntag.
R o m, 30. Okt. Entgegen den ersten Meldungen,
die zu berichten wußten, daß der Sonntag ruhig und
ohne Zwischenfälle verlaufen ist, ist es doch zu eini-
gen schweren Zwischenfällen gekommen.
In R o m durchzogen Faszisten die Stadt und am
Nach,nittag kam es zu einem Zusammenstoß zwischen
Kommunisten und Faszisten, wobei ein Kommunist
und ein Faszist getötet und mehrere Faszisten mehr
oder weniger erheblich verletzt wurden. In B o -
logna kam es ebenfalls zu einen, Zusammenstoß
zwischen Gendarmerie und Faszisten, woher ein
königlicher Lei-bgrena-ier getötet und fünf Faszisten