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III. METALL- UND BEINFUNDE

a) Tracht und Bewaffnung
Zur Beurteilung der Fibeln des 1. Jahrhunderts
sind neben dem wichtigen Komplex Hofheim1 jetzt
in Raetien die neuen Untersuchungen über Kempten2
und Aislingen-Burghöfe3 wichtig. Dabei zeigt sich,
daß sich die Fibeln Straubings, insgesamt relativ we-
nig Exemplare {Taf. 93-95), gut an die Formen Ais-
lingens anschließen lassen und somit den erwarteten
flavischen Beginn des Ortes bestätigen. Parallelen zu
Kempten treffen nur vereinzelt die dortigen clau-
disch bis frühflavischen Perioden 2-3, in der Haupt-
sache jedoch die Periode 4, die spätflavisch beginnt.
Parallelen zu Hofheim verwundern um so weniger,
als neuerdings die Zweiperiodigkeit des Platzes von
numismatischer Seite Zweifeln unterzogen wurde4
und durchaus die Möglichkeit besteht, daß Hofheim
einen Gesamtkomplex mit dem Ende um 78 n. Chr.
dar stellt, der dann die letzten Jahre mit Straubing
parallel liefe; Entsprechungen waren bei der Be-
sprechung der Keramik immer wieder aufgezeigt
worden5.
Bei den Spiralbügelfibeln ist die in Hofheim häu-
fige eingliedrige Drahtfibel Almgren 156 in Straubing
mit 2 Exemplaren vertreten, Taf. 93,1-2; in Hofheim
gehören sie zur Gruppe IV Ritterlings7, wobei die
Form ohne Fußknopf8 {Taf. 93,1) auch später vor-
kommt, wie das Exemplar vom Zugmantel-Kastell
zeigt9. In Kempten und Aislingen-Burghöfe erschei-
nen diese Fibeln Almgren 15 nicht. Die Formen Alm-
gren 19-20 und Augenfibeln, in Aislingen und Hof-
heim sehr häufig10, trifft man in Straubing nicht mehr
an. Die norisch-pannonische Zweiknotenfibel liegt in
Straubing in dem späten Stück Taf. 93,10 vor; die
Form ist in Raetien älter, wie die zahlreichen Stücke
in Aislingen11 und Kempten (Periode 1-2)12 zeigen,
hingegen lebt sie in Pannonien und Noricum selbst
länger13; zu diesen späteren Varianten gehört unser
Straubinger Stück mit geschlossenem Nadelhalter.
Die Mehrzahl der Straubinger Bügelfibeln, 16 Stück
bzw. Fragmente, gehört in die Gruppe der kräftig
profilierten Fibeln Almgren Gr. IV {Taf. 93,3-9.
II)14. Durchlochter Nadelhalter, in Kempten als ty-
pisches Merkmal der Gruppe 2 Krämers im Fund-
zusammenhang der Periode 2-3, claudisch-frühfla-
visch, festgestellt15, begegnet in Straubing nur in dem
Exemplar Taf. 93,3; vergleichsweise sind auch Hof-
heim und Reichenhall heranzuziehen16. Die Masse der
Straubinger kräftig profilierten Fibeln ist den Grup-
pen 3-4 Krämers, die mit der spätflavisch beginnen-

den Periode 4 dort in Kempten einsetzen, gleichzu-
setzen. Dabei ist die verflachte Form, die noch in
Aislingen erscheint17, in Straubing seltener {Taf. 93,
8.11) gegenüber den Stücken Taf. 93,5-6, die noch
im Fundzusammenhang des 2. Jahrhunderts in Fai-
mingen und Pfünz erscheinen18. Ebenso ist die Va-
riante Taf. 93,9 entsprechend Almgren 86 wohl nach-
flavisch zu datieren. Taf. 93,7 zeigt Kopf und Bügel
in der Art der späten kräftig profilierten Fibeln, hin-
gegen eine dreieckige Fußplatte ähnlich den Stücken
bei Patek19 und im Grab 53 von Reichenhall20; wir
haben eine norisch-pannonische Mischform vor uns.
Einzelstücke, die aber bei dem geringen Fibel-
bestand Straubings auffallen, sind die beiden For-
men Taf. 94,14 u. 15. Taf. 94,14 ist eine Delphinfibel
mit Spiralhülse (Spirale und Nadel verloren), wie sie
auf dem Kontinent nur vereinzelt, so auf der Saal-
burg21 vorkommt, sehr häufig aber in Britannien, wo
sie Collingwood in seiner Gruppe H bespricht; 2. Jahr-
hundert, nach dem Stück in Newstead Taf. 85,5 wohl
zweite Hälfte 2. Jahrhundert22. Taf. 94,15 ist eine Fi-
bel mit Rollenkappe entsprechend der Gruppe Q
Collingwood’s (Nadel und Spirale verloren) und

1 Hofheim 117 f.
2 Cambodunurnforsch. I 76 f.
3 Ulbert 63 f.
4 K. Kraft, Bemerkungen zur kritischen Neuaufnahme der
Fundmünzen der römischen Zeit in Deutschland. Jahrb. f.
Numismatik und Geldgesch. 7, 1956, 43 f.
5 Siehe z. B. oben S. 40.
6 Almgren 15; vgl. Hofheim 169-170.
7 Hofheim 125 f.
8 Die Fibeln wurden bisher mit der Spirale nach oben abge-
bildet, was, wie sich neuerdings herausgestellt hat, nicht der
antiken Tragweise entspricht, weshalb hier die Abbildung mit
der Spirale nach unten konsequenterweise versucht werden
sollte. Auf Wunsch der Herausgeber sind die Fibeln nun doch
in der traditionellen Weise abgebildet und umschattiert worden.
9 W. Barthel in Das Kastell Zugmantel. ORL. B II Nr. 8
Taf. 9, 15.
10 Ulbert 64 f.; Hofheim 118 f.
11 Ulbert 65 f.
12 Cambodunurnforsch. I 76 f.
13 Patek 91 und Taf. 3,8; Kovrig Taf. 1,8; vgl. jetzt die
Arbeit von J. Garbsch, Die norisch-pannonische Frauentracht
im 1. und 2. Jahrhundert. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch.
11 (1965).
14 Almgren 34 f.
15 Cambodunurnforsch. I 76.
16 Hofheim 123 f.; Reichenhall Taf. 4, 8.
17 Ulbert 66 f.
18 Faimingen Taf. 6, 9; Pfünz Taf. 12, 68.
19 Patek Taf. 4, 14.
20 Reichenhall Taf. 4, 16.
21 Saalburg-Jahrb. 3, 1912 Taf. 3,10.
22 R. G. Collingwood, The Archaeology of Roman Britain
(1930) 247; Newstead Taf. 85, 5.

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