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Statuen im Belvedere-Hof
Kopf wäre zu entschuldigen weil selbiger durch sein eigen Gewicht, wenn er einmahl erhoben, in diese
Lage gebracht werden kan. Der andere Arm aber so unter dem Haupt zum Stützen ist, wäre gar nicht
zu entschuldigen, weil unmöglich daß eine vergiftete Person in so einer langen ruhigen Action bleiben
könnte, weil auch selbst die Nerven an einem sterbenden [sich] zu <wagen> erstarren verlangen, und
dadurch eine sonderliche Krümme oder Gerade der Glieder verursachen müßten. Die Beine gleichfalls 5
sind in der größten Ruhe übereinandergeschlagen; auch wäre es sehr zu tadeln daß der Künstler eine
Cleopatra gemacht hätte, [die] so gleichsam als todt daliegen solte, und den Kopf nicht überwerts
gewendet hätte, noch keine geringste Expression des letzten Lebens=Seufzers in diese Figur gegeben.
Diese Fehler nun sind gemeiniglich den Alten nicht vorzuwerfen, also glaube ich nicht daß diese
Statue eine sterbende Cleopatra vorstellen kann sondern eine schlafende Venus ist: denn man siehet kein 10
einziges Zeichen als nur allein die Schlange woraus man schließen könnte, daß dieses eine Cleopatra,
hingegen findet man weder das Gleichniß nach den Medaillen derselben noch Putz des Haupts oder
andere Auszierungen, so der Cleopatra gemein gewesen. Das Band so man vor das Diadem nehmen will,
findet sich auch fast an allen Statuen der Venus. Man findet auch bekleidete so wohl in Statuen als in
antiquen Gemälden. Bellori giebt uns ein Bildniß der Venus und Adonis wo selbige bekleidet; so findet 15
sich auch in den Poeten die Beschreibung ihrer Kleider. Pausanias meldet [daß] Statuen von dieser Göttin
so bekleidet vorgestellt worden. Hingegen aber dieß einzige Zeichen der Schlange, so will zum Beweis
anführen, finden sich auf andern Bildern der Venus, wie man in <...> zwey gantz nackenden Statuen in
der Giustin[ianischen] Sammlung sehen <und am Haupt einer Venere Urania> kann, so gewißlich vor
keine Cleopatra kann genommen werden. Bellori Giudicio di Paride. Virgilio Vaticano di S. Bartoli. 20
Man könnte <von> vorgeben, Cleopatra sei hier als Venus vorgestellet worden, so wäre sie zum
Antonio gegangen; sie würde aber alsdann nicht ganz nackend seyn.
Daß es keine Salus sein kann, zeiget das Armband an der Justinianischen Venus, welches 2 Schlan-
gen=Köpfe hat.
Exzerpte im Nachlaß Florenz p. 52 und 85 30
[p. 52] Cleopatra
Lucian Amor, p. 442. - ή τούς περί καρποΐς καί βραχίοσι δράκοντας, ώς ώφελον όντως αντί χρυσίου
δράκοντες είναι;
Όφεις vulgo vocabantur armillae illae v. Menandr. fragm. p.146 et Pollue. V. έπικάρπιοι enim δφεις
apud Philostrat. p. 931. Mois. du Soul. 35
1—2 in diese Lage nachgetragen 19 Sammlung dort Verweiszeichen auf Text 21—22: Man ... nackend seyn 19 und am Haupt
einer Venere Urania nachgetragen, dann wieder getilgt 23—24 Daß es keine ... hat. gegenläufig, d.h. von oben p. 191 beginnend
geschrieben
Statuen im Belvedere-Hof
Kopf wäre zu entschuldigen weil selbiger durch sein eigen Gewicht, wenn er einmahl erhoben, in diese
Lage gebracht werden kan. Der andere Arm aber so unter dem Haupt zum Stützen ist, wäre gar nicht
zu entschuldigen, weil unmöglich daß eine vergiftete Person in so einer langen ruhigen Action bleiben
könnte, weil auch selbst die Nerven an einem sterbenden [sich] zu <wagen> erstarren verlangen, und
dadurch eine sonderliche Krümme oder Gerade der Glieder verursachen müßten. Die Beine gleichfalls 5
sind in der größten Ruhe übereinandergeschlagen; auch wäre es sehr zu tadeln daß der Künstler eine
Cleopatra gemacht hätte, [die] so gleichsam als todt daliegen solte, und den Kopf nicht überwerts
gewendet hätte, noch keine geringste Expression des letzten Lebens=Seufzers in diese Figur gegeben.
Diese Fehler nun sind gemeiniglich den Alten nicht vorzuwerfen, also glaube ich nicht daß diese
Statue eine sterbende Cleopatra vorstellen kann sondern eine schlafende Venus ist: denn man siehet kein 10
einziges Zeichen als nur allein die Schlange woraus man schließen könnte, daß dieses eine Cleopatra,
hingegen findet man weder das Gleichniß nach den Medaillen derselben noch Putz des Haupts oder
andere Auszierungen, so der Cleopatra gemein gewesen. Das Band so man vor das Diadem nehmen will,
findet sich auch fast an allen Statuen der Venus. Man findet auch bekleidete so wohl in Statuen als in
antiquen Gemälden. Bellori giebt uns ein Bildniß der Venus und Adonis wo selbige bekleidet; so findet 15
sich auch in den Poeten die Beschreibung ihrer Kleider. Pausanias meldet [daß] Statuen von dieser Göttin
so bekleidet vorgestellt worden. Hingegen aber dieß einzige Zeichen der Schlange, so will zum Beweis
anführen, finden sich auf andern Bildern der Venus, wie man in <...> zwey gantz nackenden Statuen in
der Giustin[ianischen] Sammlung sehen <und am Haupt einer Venere Urania> kann, so gewißlich vor
keine Cleopatra kann genommen werden. Bellori Giudicio di Paride. Virgilio Vaticano di S. Bartoli. 20
Man könnte <von> vorgeben, Cleopatra sei hier als Venus vorgestellet worden, so wäre sie zum
Antonio gegangen; sie würde aber alsdann nicht ganz nackend seyn.
Daß es keine Salus sein kann, zeiget das Armband an der Justinianischen Venus, welches 2 Schlan-
gen=Köpfe hat.
Exzerpte im Nachlaß Florenz p. 52 und 85 30
[p. 52] Cleopatra
Lucian Amor, p. 442. - ή τούς περί καρποΐς καί βραχίοσι δράκοντας, ώς ώφελον όντως αντί χρυσίου
δράκοντες είναι;
Όφεις vulgo vocabantur armillae illae v. Menandr. fragm. p.146 et Pollue. V. έπικάρπιοι enim δφεις
apud Philostrat. p. 931. Mois. du Soul. 35
1—2 in diese Lage nachgetragen 19 Sammlung dort Verweiszeichen auf Text 21—22: Man ... nackend seyn 19 und am Haupt
einer Venere Urania nachgetragen, dann wieder getilgt 23—24 Daß es keine ... hat. gegenläufig, d.h. von oben p. 191 beginnend
geschrieben