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Materialien zur „Geschichte der Kunst des Alterthums“
II. Friedrich Justus Riedels 2. Auflage und die Übersetzung durch
Francois-Vincent Toussaint
Seit ihrem Erscheinen stieß die von Friedrich Justus Riedel (1742-1785) besorgte und von der
„kaiserlichen königlichen Akademie der bildenden Künste“ in Wien herausgegebene zweite stark
erweiterte Auflage der Geschichte der Kunst des Alterthums beim Publikum sowie in Wissenschaft und
Forschung auf Kritik und Ablehnung — ob zu Recht, soll im folgenden erörtert werden.
Friedrich Justus Riedel (1742—1785)1
Friedrich Justus Riedel, 1742 in Vieselbach, zwischen Erfurt und Weimar, als Sohn eines Pastors geboren,
studierte Jura in Jena, dann Philosophie und die sogenannten „Schönen Wissenschaften“ in Leipzig
und Halle. An der letztgenannten Universität lehrte damals der Altphilologe Christian Adolph Klotz
(1738-1771), der heute noch wegen seiner Auseinandersetzungen mit Lessing und Herder bekannt ist.
Riedel stand unter seinem Einfluß und seiner Protektion.
Aus den Hallenser Studien erwuchs Riedels 1767 publiziertes Hauptwerk „Theorie der schö-
nen Künste und Wissenschaften. Ein Auszug aus den Werken verschiedener Schriftsteller“. Es war
als Kompendium für Studenten gedacht, faßte Diskussionen der Zeit zur Ästhetik in essayistischer
Manier zusammen und verhalf dem Verfasser 1767 nicht nur zur Ehrenmitgliedschaft in der Wiener
Akademie der Künste, sondern 1768 auch zu einer Professur der Philosophie an der damals neu ge-
gründeten Universität in Erfurt. Riedel lehrte nicht nur, sondern er war auch Mitarbeiter der „Erfurter
Gelehrtenzeitung“, der Klotzschen „Deutsche Bibliothek der schönen Wissenschaften“ und der referie-
renden „Philosophische Bibliothek“; außerdem verfaßte er Lustspiele, Satiren und Gedichte.
Zu seinem Freundeskreis zählte der Dichter Christoph Martin Wieland (1733-1813), aber auch
der evangelische Theologe Karl Friedrich Bahrdt (1741-1792), der wegen einer Affäre mit einer
Prostituierten und eines unehelichen Kindes seinen Lehrstuhl an der Universität Leipzig verloren und
dank des Einsatzes von Klotz eine neue Anstellung in Erfurt gefunden hatte. Riedels Freundschaft mit
Bahrdt, seine Satiren und die Protektion durch Klotz verärgerten viele.
Für Riedels weiteren Lebensweg wurde die Bekannschaft mit dem Sohn des Fürsten Wenzel Anton
von Kaunitz-Rietberg (1711—1794) besonders wichtig. Der Fürst, 1753 von Maria Theresia zum öster-
reichischen Staatskanzler ernannt, war aufgrund seiner Außen- und Innenpolitik hoch angesehen; er
reformierte unter anderem das österreichische Bildungswesen und begründete die Wiener Akademie
der Künste. 1770/71 hielt sich sein Sohn Joseph einige Monate in Erfurt auf. Kurz danach, Ende 1771,
wurde Riedel von Kaunitz-Rietberg als „kaiserlicher Rat“ an die Akademie nach Wien berufen. Von
1 Zu Riedel: Allgemeine Deutsche Biographie XXVIII (1889) S. 521—523 (Bursian); Richard Wilhelm, Friedrich Justus Riedel
und die Ästhetik der Aufklärung, Heidelberg 1933; Kristin Seiler, Die Stellung Friedrich Justus Riedels in der Literaturgeschichte
und sein Einfluß auf die Literaturtheorie unter besonderer Berücksichtigung seiner Ästhetik, Halle Diss. 1998.
Materialien zur „Geschichte der Kunst des Alterthums“
II. Friedrich Justus Riedels 2. Auflage und die Übersetzung durch
Francois-Vincent Toussaint
Seit ihrem Erscheinen stieß die von Friedrich Justus Riedel (1742-1785) besorgte und von der
„kaiserlichen königlichen Akademie der bildenden Künste“ in Wien herausgegebene zweite stark
erweiterte Auflage der Geschichte der Kunst des Alterthums beim Publikum sowie in Wissenschaft und
Forschung auf Kritik und Ablehnung — ob zu Recht, soll im folgenden erörtert werden.
Friedrich Justus Riedel (1742—1785)1
Friedrich Justus Riedel, 1742 in Vieselbach, zwischen Erfurt und Weimar, als Sohn eines Pastors geboren,
studierte Jura in Jena, dann Philosophie und die sogenannten „Schönen Wissenschaften“ in Leipzig
und Halle. An der letztgenannten Universität lehrte damals der Altphilologe Christian Adolph Klotz
(1738-1771), der heute noch wegen seiner Auseinandersetzungen mit Lessing und Herder bekannt ist.
Riedel stand unter seinem Einfluß und seiner Protektion.
Aus den Hallenser Studien erwuchs Riedels 1767 publiziertes Hauptwerk „Theorie der schö-
nen Künste und Wissenschaften. Ein Auszug aus den Werken verschiedener Schriftsteller“. Es war
als Kompendium für Studenten gedacht, faßte Diskussionen der Zeit zur Ästhetik in essayistischer
Manier zusammen und verhalf dem Verfasser 1767 nicht nur zur Ehrenmitgliedschaft in der Wiener
Akademie der Künste, sondern 1768 auch zu einer Professur der Philosophie an der damals neu ge-
gründeten Universität in Erfurt. Riedel lehrte nicht nur, sondern er war auch Mitarbeiter der „Erfurter
Gelehrtenzeitung“, der Klotzschen „Deutsche Bibliothek der schönen Wissenschaften“ und der referie-
renden „Philosophische Bibliothek“; außerdem verfaßte er Lustspiele, Satiren und Gedichte.
Zu seinem Freundeskreis zählte der Dichter Christoph Martin Wieland (1733-1813), aber auch
der evangelische Theologe Karl Friedrich Bahrdt (1741-1792), der wegen einer Affäre mit einer
Prostituierten und eines unehelichen Kindes seinen Lehrstuhl an der Universität Leipzig verloren und
dank des Einsatzes von Klotz eine neue Anstellung in Erfurt gefunden hatte. Riedels Freundschaft mit
Bahrdt, seine Satiren und die Protektion durch Klotz verärgerten viele.
Für Riedels weiteren Lebensweg wurde die Bekannschaft mit dem Sohn des Fürsten Wenzel Anton
von Kaunitz-Rietberg (1711—1794) besonders wichtig. Der Fürst, 1753 von Maria Theresia zum öster-
reichischen Staatskanzler ernannt, war aufgrund seiner Außen- und Innenpolitik hoch angesehen; er
reformierte unter anderem das österreichische Bildungswesen und begründete die Wiener Akademie
der Künste. 1770/71 hielt sich sein Sohn Joseph einige Monate in Erfurt auf. Kurz danach, Ende 1771,
wurde Riedel von Kaunitz-Rietberg als „kaiserlicher Rat“ an die Akademie nach Wien berufen. Von
1 Zu Riedel: Allgemeine Deutsche Biographie XXVIII (1889) S. 521—523 (Bursian); Richard Wilhelm, Friedrich Justus Riedel
und die Ästhetik der Aufklärung, Heidelberg 1933; Kristin Seiler, Die Stellung Friedrich Justus Riedels in der Literaturgeschichte
und sein Einfluß auf die Literaturtheorie unter besonderer Berücksichtigung seiner Ästhetik, Halle Diss. 1998.