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Gut gegen Frost.

Kasernen-Stoßseufzer.

Tochter: Mutter, ich geh' raus, mich friert!

Mutter: Sarah, bedenk', daß 's Bad kostet fünfzig Pfennige! Gelt
jetzt schwitzt De!

(S o l d a t e n - B r i e f.)

Eben nicht besonders gerne
Rückt' ich ein in die Kaserne,

Da man ja als Zivilist
Voller Vorurtheilc ist.

Sind mir Püffe auch verhaßt,

War ich doch auf sie gefaßt,

Und mit stillem Duldermulh
Wurde so ich einst Rekrut.

Aber schon nach wenig Tagen
Hab' ich mich des Wahns cntschlagen,
Daß man glücklich nicht und frei
In der bunten Jacke sei.

Die Behandlung zeigte sich
Ja als wahrhaft elterlich,

Und mit stiller Rührung sahn
Wir erzogen uns human.

Selbst die allerärgsten Ochsen
Drillt man ohne Knufs und Boxen,
Und die Dummheit und die Schuld
Rügt man ohne Ungeduld.

Man gewahrt zu keiner Zeit •

Eine Spur von Heftigkeit;

Niemals wird der Leutnant wild,
Sondern tadelt ernst, doch mild.

Ganz vergebens wird man suchen
Eine Spur von rohem Fluchen,

Ja, fast überfeinert schon
Ist der Alltags-Umgangston.

Der Herr Hauptmann namentlich
Unterweist uns väterlich,

Und der Unteroffizier

Ahmt ihm nach mit wahrer Gier.

Einer nur will sich beklagen,

Nämlich mein Kartoffelmagen,

Da er hier an Flcischgenuß
Gründlich sich gewöhnen muß.

Diese Kost, wie kräftig auch,
Ueberladet mir den Bauch
Und — ich sag' es im Vertrau'»! —
Schwer nur kann ich sic verdau».

Mein Papa, ein armer Weber,
Meistens krank an Lung' und Leber,
Würde ganz versteinert sein,

Säh' er diese Schlemmerei'n.

Nicht die Hälfte Fleisch genoß
Er, bis er sein Auge schloß,

Die ein deutscher Jnfant'rist
Im Verlauf der Woche ißt.

Von ihm ist mir angeboren
Heil'ge Scheu vor Schweineohren,
Die man, wenn man sie genießt,
Zaghaft an die Gabel spießt.

Doch in der Kaserne fassen
Täglich wir das Fleisch in Masse»,
Hierin geht in neu'rer Zeit
Die Verwaltung doch zu weit.

Sonst jedoch — ein schönres Leben
Kann cs auf der Welt nicht geben.
Jeder wird — ich sag' es dreist! —
Roth und rund und stark und feist
Und daneben lernt er hier
Schliff und Bildung und Manier.
Wo, in dieser Welt der Qual,
Giebt's ein gleiches Ideal?

Die Profitwuth.

Eine alte griechische Fabel, zu Nutz und Frommen großer
Kinder in zierliche Retmlein gebracht und Herrn Ludwig
Bamberg er gewidmet.

Der König Midas im Phrygerland
In Gunst beim Gotte Bacchus stand,

Der sprach zum König eines Tages:

„Wenn du etwas begehrst, so sag' es;

Ich will dir gerne sein zu Willen
Und dir einen Lieblingswunsch erfüllen."

Der König war sehr erbaut davon.

Er hatte manche noble Passion,

Die seine Zivilliste stark überschritt.

Erschöpft war längst auch sein Kredit.

Er sagte: „Willst du mich erhören,

So wolle mir die Kraft gewähren,

Daß, was meine Hand berühren sollt',

Sich flugs verwandle in pures Gold."

Gott Bacchus lächelte verschmitzt und fein
Und sprach: „Du willst'«, es soll so sein!"

Herr Midas, ohne Zeit zu verlieren,

Fing sogleich an, die Kraft zu probiren.

Er berührte Steine, Knochen, Holz,

Sie wurden verwandelt in Klumpen Golds.
Drauf eilt' er überglücklich nach Haus
Und ließ bereiten einen großen Schmaus,

Ließ Männer laden von großen Namen
Und auch die schönsten phrybischen Damen.

Doch weh! kaum hatt' er sem Brot berührt,
War es in Gold metamorphosirt,

Desgleichen der Wein, der Braten, der Schinken;
Er konnte nicht essen und nicht trinken.

Die arme hungrige Majestät

Rauft' sich die Haare, schreit und fleht:

„Verwünscht sei, Bacchus, dein Geschenk!

Bei leckeren Speisen und feinem Getränk,

Leid' ich nun Qualen des Tantalus!

Was nützt mir jetzt Gold im Ucbcrfluß!

Weh mir! ich großes Rinozeros!

Nun naht mir der böse Thanatos!

Nimm, Bacchus, wieder die Zauberkraft,

Die ich mir gewünscht Hab cselhaft!"

Gott Bacchus sprach: „Meinetwegen, es sei!"
Und machte den König wieder frei. —

Nicht lange hernach entstand ein Streit
Ueber Musikvortrefflichkeit.

Apollon spielte die Leier süß,

Pan seine Hirtenflöte blies.

Apollons Wundertöne berauschten
Die Hörer, die andächtig lauschten.

Pan dudelte wie ein Hirt und Bauer
Einen trivialen Gassenhauer.

Der Preisrichter Tmolus kurz entschied,

Der Preis gebühre Apollons Lied
Und Jedermann stimmte damit überein.

Nur König Midas rief: „O nein!

Der Pan hat schöner gespielt, beim Zeus!
Und ihm gebührt des Liedes Preis."

Groß ist in alter und neuer Zeit
Der Künstler und Musiker Eitelkeit.

Apollon sogar, der Gott der Musik,

Ertrug keine tadelnde Kritik.

Aus Rache beschloß also der Gott
Herrn Midas preiszugeben dem Spott;

Er zauberte an den Kopf des Thoren
Zwei fürchterlich lange Eselsohren.

Held Midas sträubte sich ganz vergebens,

Er mußte sie tragen Zeit seines Lebens.

Der König Midas der Mythologie
Verkörpert den Golddurst der Bourgeoisie,
Den Kapitalismus unserer Zeit,

Der alles Ideale entweiht,

Die höchsten Güter der Menschheit verhandelt
Und sie in Gold und Profit verwandelt.

Und weil sie alles Ideale verachten,

Drum müssen ihre Seelen verschmachten.
Verdunkelt wird die Intelligenz,

Es herrscht moralische Pestilenz,

Der Geschmack auch ist verdorben, wie das
Zeigt die Kritik des Königs Midas.

Windthorst

traf kürzlich in einem Restaurant mit Jemand zu-
sammen, der ihm 10 Mark schuldig war. „Wann
werden Sie mich bezahlen?" sagte Windthorst.
„Sogleich", antwortete der Schuldner, zog sein
Portemonnaie, nahm ein Zehnmarkstück heraus und
warf es auf den Tisch. „Haben Sie den Klang
gehört, Exzellenz?" sagte der Schuldner und steckte
das Goldstück wieder ein. „Was soll das heißen?
Ist das bezahlt?" fuhr Windthorst auf. „Ich mache
es wie Sie mit Ihren Resolutionen", lachte der
Schuldner und ging.

Man sagt, er wollte sterbe»!

Erst wollt' er lieber sterben
Zu Frankfurt an dem Main,
Dann aber wollt' er lieber
Finanzminister sein.

Es ward damit erfüllet
Ein langgenährter Traum,

Da hatten die Todesgedanken
Bei ihm nicht lange Raum.

Zum Bismarckdcnkmal.

A. : Warum hat man denn gar so große Eile
mit dem Bismarckdenkmal, während es doch
mit den Denkmälern vieler anderer berühmter
Männer noch gute Weile hat?

B. : Ja, wissen Sie, beim Bismarck ist das
etwas Anderes, da eilt die Sache, denn wenn
man nicht schnell sammelt, und der Bismarck fährt
fort, sich interviewen zu lasten, dann giebt schließ-
lich kein Mensch mehr etwas für.sein Denkmal.

Helgoland.

Am Strande sitzt John Bull und fischt
Und hat einen großen Hecht erwischt,

Auch Michel fischt und zieht ans der Welle
Mit seiner Angel — eine Sardelle.
 
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