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Auch eine Anerkennung.

Dame: Ach, Herr Meier, das
war sehr lieb von Ihnen, daß Sie
mir zum Geburtstag ein Ständchen
brachten.

Meier: Ich bin glücklich, daß
mein Gesang Sic erfreut hat.

Dame: Ja, wissen Sie, cs
freute mich namentlich der Nach-
barn wegen. Die haben bisher
gedacht, es krähe kein Hahn
nach mir.

aS Der Vorsichtige gt

Direktor (fluchend): Himmel Donnerwetter, mit den Arbeitern hat man
seinen Aerger . . . (Zu eine», eingetretmeii Bergmann): Nun, Was fällt denn
Ihnen wieder ein, mit dem brennenden Gruben licht ins Comptoir zu
kommen?

Bergmann: Unten hieß cs, im Comptoir sei es heute nicht geheuer,
da gäb's Donner und Blitz, und da habe ich gedacht, cs ist besser, die
Sicherheitslampe mitzubringen.

Gedankensplitter.

In der guten Gesellschaft gilt jeder für ein Kapitalverbrecher, der kein
Kapital besitzt.

Mit und ohne.

.Mm Blute schwimmt das Kncbelgcsetz,

V® Begossen von unserem Hohne;

Wir leben und strotzen von Kraft und Muth,
Wir lebe n mit und ohne.

Die Knebler sind gestürzt, es fiel
Der Vater mit dem Sohne;

Wir stehen fest und wanken nicht,

Wir stehen mit und ohne.

Wir stehn wie Mauern und kämpfen fort,
Bis daß von ihrem Throne
Die Kapitalmacht ist gestürzt;

Wir kämpfen mit und ohne.

Ob mit dem Gesetzbuch naht der. Feind,

Ob mit dem Schlund der Kanone,

Ob mit der Zunge, ob mit dem Papier:

Wir sieg e n mit und ohne.

Nicht rasten wir, bis aufgchißt
Unser Banner in jeglicher Zone;

Wir schreiten unaufhaltsam fort:

Wir w a ch s e n mit und ohne.

Bismarck's Borsorge.

Noch immer keinen Strafantrag
Cnprivi hat.gestellt,

Daß ec sich so bezwingen mag,

Darob erstaunt die Welt.

Ei, daß ich's euch begreiflich mache:

Der Bismarck hat in dieser Sache
Genug gcthan für ein Jahrhundert,

Drum bin ich gar nicht drob verwundert.

Zeitschwingen.

Puttkamer und sein Wohlgemuih,

Krüger, das Polizeigenie,

Sie schmücken mit dem Stieber gut
Die große Bildergallerie,

Bor der die Nachwelt steht und staunt
Und leis sich in die Ohren raunt:

„In den Epochen der Kultur
Erscheint manch' seltsame Figur:

Man weiß nicht, wo in diesen Zügen
Der Geist und das Genie soll liegen;
Vielleicht sind sic so angebracht,

Daß sic ihr Sitz unsichtbar macht!"

Man sagt, daß in Berlin es vorbei
Mit dem Belagerungszustand sei.

Gefehlt; Paul Lindau hat ihn drinnen
Verhängt über kleine Schauspielerinnen;
Die gute Presse, sie gicbt ihm Recht,

Da geht's den Theaterprinzessinnen schlecht.

sti ä t h f c l.

Ein junges Paar ist es in Wonne,

Wenn leuchtet ihm der Liebe Sonne.

Oft sagt's auch, daß ein zärtlich Band
Ein nngemüthlich Ende fand.

Zuweilen wird es ein Produkt,

Indem ein andres es verschluckt.

Wär's Alexandern einst gelungen,

So hält' er nicht sein Schwert geschwungen.

Znm Opfer fiel dem bösen Wort
Viel Schönes, Gutes, da und dort.

Ein Damoklesschwert gleichsam war cs
Bis znm Oktober dieses Jahres.

Ein Reichsanit hat's in jüngster Zeit
Sich selbst; das thUt uns gar nicht leid.

Erräthst du, Leser, meinen Sinn,

Ich selbst alsdann das Wörtlein bin.

•dflRßJnfö

Briefkasten.

A. in Berlin. „Der Kladderadatsch fürchtet
im Leitgedicht seiner Nummer 41, nach Aufhebung
des Sozialistengesetzes würde die deutsche Sprache
von den wie Pilze aufschießenden Arbeiterblättern
mißhandelt werden."

Das edle Blatt mag sich beruhigen; die grammati-
kalischen Gesetzesübertretungen, welche dem einen
oder andern Arbeiterblatt passiren sollten, schmerzen
j den Genius der deutschen Sprache noch lange nicht
so sehr, als jene sprachlichen Kriminalverbrechcn,
welche Uhland meint, wenn er singt:

An deiner Sprache rüge
Dn schärfer nichts als Lüge,

Die Wahrheit sei ihr Hort!

Sie diene nie am Hofe
Als Gauklerin, als Zofe,

Das Lispeln taugt ihr nicht;

Sie töne stol;, sie weihe
Sich dahin, wo der Freie
Für Recht, für Freiheit spricht.

Möge der edle Kladderadatsch darum vor der
eigenen Thürc kehren und den Balken aus seinen
eigenen Augen entfernen.
 
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