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918

ZZ Küchen-Militarismus, ge

-evts' Die verkannte Schutzvorrichtung.

Hans: Was is denn jetzt das, daß in allen Bankicrsläden solche enge
Gitter vor der Kasse sind?

Sepp: Ja, weißt, das is blos, daß die Kassirer nicht durchgehen
können.

Hausfrau: Aber Minna! was muß ich sehen! Ein Soldat, ein
Korporal in der Küche!

Köchin: Nanu! Wat wollen Sic mehr verlangen, wie 'n Korporal?
Jloobcn Sic vielleicht, ick kann Fcldmarschällc aus de Aermel schütteln?

Aus Kamerun,

Aus den deutschen Kolonien in Westafrika kommt die erfreuliche Nach-
richt, daß unsere schwarzen Brüder sich mit Politik zu beschäftigen beginnen
und von den Missionären für die nationalliberale Partei gewonnen werden. ;
Dies ist der richtige Weg, der nationallibcralcn Partei endlich eine be- i
stimmte Färbung bcizubringen. '

Der Zonentarif.

«an nahm im fernen, wilden Ungarland,

Dem spärlich kaum von der Kultur beleckten,
Mit vieler Kühnheit praktisch in die Hand,

Was die Statistiker für uns entdeckten.

In Zonen thcilte man den Fahrtarif;

Und Deutschland? — schlief.

Auch in Rumänien, das so weit zurück
Und asiatisch noch in vielen Sachen,

Macht der Reformgcdanke schnell sein Glück
Und billig fahren die Moldo-Wallachen.

Die Sache ging denn auch durchaus nicht schief,
Doch Deutschland? — schlief?

Die freie Presse freilich lärmt und schreit:

„So tretet doch in jener Ungarn Spuren!

Wir fahren jetzt so theuer wie zur Zeit,

Als langsam wir in gelben Kutschen fuhren."
Doch war umsonst es, ob man laut auch rief,
Denn Deutschland — schlief.

Was kümmert uns denn, was da draußen los?
Wir sind uns selbst genug in allen Dingen.

Man rümpft die Rasen nur in den Bureanx
Und meint, cs werde, könne nicht gelingen.

Doch giebt die Welt uns Siegel schon und Brief,
Daß Deutschland — schlief.

Was kümmert uns der richt'ge Preis der Fahrt?
Wir gaben grade allen Reitern Lanzen
Und überlegten uns die beste Art,

Das Bajonett auf das Gewehr zu pflanzen.

Im Uebrigen, da lief es, wie es lief,

Denn Deutschland — schlief.

So war's von je. Wir waren äußerst steif,

Wenn Andre vorwärts große Schritte thaten;

Wir sagten kühl, die Sache sei nicht reif
Und müsse mit Unfehlbarkeit mißrathen.

Man that, als denke man wer weiß wie tief,
Dieweil man — schlief.

Rückkehr der Jesuiten.

Wir brauchen die Jesuiten,

Der Windthorst kann nicht mehr allein
Den Jcsuitismus erhalten,

Der Windthorst ist viel zu klein.

Wir brauchen die Jesuiten,

Sic sollen den nöthigen Halt
Dem Thurmc des Zentrums geben —

Der Windthorst wird schwach und alt.

Wir brauchen die Jesuiten,

Das zahlreiche, schwarze Heer,

Denn Windthorst, krer stets sic ersetzte,
Vermag cs allein nicht mehr.

Serbisches.

König Milan hat es durchgcsctzt, daß die ser-
bische Regierung einen Majestätsbclcidigungs-Para-
graphcn einführt und beleidigende Urtheile über
König Milan in der Presse als Majestätsbelei-
digung bestrafen will.

Es muß nun aber erst eine Untersnchungs-
Kommission zusammentreten, welche zu ermitteln
hat, wo bei Milan, dem Throndesertcur, dem wider-
haarigen Gatten Nataliens, dem Pariser Boule-
vard-Flaneur und Schuldcnmacher, eigentlich das
Charakteristikum der Majestät zu Tage tritt. Wer
an dem dicken Milan etwas Majestätisches entdeckt,
der soll von Frau Natalie einen Preis von fünfzig
Franken erhalten.

Klagelied des Aktionärs.

^as niuß in solchen Zeiten
Ich auch geboren sein?
Sic wollen mir beschneiden
Die Dividenden mein.

Der Mark wohl zwanzigtausend
Streich ein ich jedes Jahr
Und soll nun — es ist grausend! —
Ein Zehntel lassen baar.

Herr Miguel kommt zu spüren
So keck zu dieser Frist,

Und ich soll deklarircn,

Was cingckommen ist.

Da soll ich Steuern geben
Und öffnen meinen Sack;

Man will sic nicht erheben
Für mich dort von dem Pack.

Das soll nur für uns schanzen,

Das ist ja so bequem,

Das Beste an dem Ganzen
Von diesem Weltsystem.

Wir dürfen das verlangen,

Wir Herrn vom Kapital,

Weil klug wir vorgegangcn
Sind bei der Eltern Wahl.

Die Sozialisten stürzen

Sich auf uns, welch' ein Schlag!

Sie wollen wirklich kürzen
Den langen Arbeitstag.

Und sinkt die Dividende,

So ist das unser Tod!

Da lacht man noch am Ende
Ob unsrer großen Noth.

Und wenn das geht so weiter —

Die Bösen rasten nicht! —

So wird einst gar noch — leider! —
Die Arbeit uns zur Pflicht.

Wer hilft uns armen Teufeln?

Wir sehen Feinde nur!

Da geht — wer mag's bezweifeln? —
Bald unter die Kultur!
 
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