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Die schwimmende Ausstellung Deutschlands.
Von unserm Hamburgischcn Berichterstatter.
„Für die schwimmende Ausstellung Deutschlands sind u. A. erworben: ein mächtiger Jnriurigszopf, dcr
von den Chinesen am Meisten bewundert werden dürste; sodann eine Dampsprügclmaschine nach dem System
der deutschen Prügelyädagogcn. Von China sollen bereits 1110 Stück im Voraus bestellt worden sein."
Auch eine Epidemie.
Gar Mancher verzichtet auf ein Mandat,
Nach dem er gestrebt einst früh und spat.
(Sr zählt sich zu den Matten und Müden
Und will sich erholen im häuslichen Frieden.
Das Parlament gefällt ihm nicht,
Es wird ja doch Nichts ausgericht't.
Es steht die ganze Maschine still,
Sobald der Bundesrath es will.
Und Reden hält man an die Wand,
Darüber lacht das ganze Land.
Die Kosten haben sich gesteigert,
Der Kanzler noch die Diäten verweigert.
Allseitig sieht man verzichten sie,
Die Krankheit wird zur Epidemie.
Man heißt sie — nun, ihr wißt es ja —
Die Iufluenza politica.
Anregung.
Der Elberfelder Prozeß hat eine Lücke in un-
serem Kulturwesen recht deutlich zu Tage treten
lassen. Wir meinen den Mangel an einem Lehr-
stuhl für das höhere Spitzelwesen. Mit Bedauern
mußte man wahrnehmen, daß die in dem Drama
aufgetretenen Spitzel keine geschulten Fachmänner,
sondern mehr oder weniger Dilettanten waren,
was zweifellos wesentlich das Fiasko herbei-
geführt hat. Welch ganz andere Resultate müßten
fachmännisch gebildete, theoretisch und praktisch ge-
schulte Spitzel zu Tage gefördert haben. Es dürste
sich daher gewiß empfehlen, eine Professur für
Spitzelwesen, als Zweig der Polizeiwissenschaft, neu
zu schaffen; doch müßte mit der akademischen Vor-
lesung ein praktischer Kursus Hand in Hand gehen.
Ein „Spitzel-Seminar" dürfte die geeignete Form
sein, welche den theoretischen wie den praküschen
Anforderungen in gleicher Weise entspricht. Es
hieße der Ehre der deutschen Gelehrten zu nahe
treten, wollten wir daran zweifeln, daß tüchtige
Lehrkräfte zur Genüge vorhanden sind. Wir be-
gnügen uns, diese Anregung hier gegeben zu haben
und stellen alles Weitere den berufenen Kreisen
anheim.
Trost für Süddcutschland.
Bleibt unbesorgt, Bayer und Schwabe,
Noch ward Euch der Preuße nicht Meister.
Fest klebt an der Sonder-Briefmarke noch
Der partikulare Kleister.
Ein salomonisches Urthcil.
An einem schwülen Sommertag
Der Bauer Thomas im Fenster lag
Und paffte gemüthlich aus seinem Kloben.
Da sah er, daß vom Dorfe oben
Der Moses kam, der Handelsjud.
Dem Thomas kochte heiß das Blut:
Er haßte den Juden, weil kurz zuvor
Er einen Prozeß mit ihm verlor.
Drum lief er schnell und holte herein
Von der Straße einen Kieselstein.
Als der Jud nun vorbeiging, warf der Tropf
Den Kieselstein ihm an den Kopf.
Doch zeitig hatt' es der Moses erblickt
Und seinen bedrohten Kopf gebückt.
So schoß der Stein am Ziel vorüber
Und flog an das Nachbarhaus gegenüber,
Das Lorenz bewohnte mit seinem Weibe,
Und zertrümmerte dort eine Fensterscheibe.
Der Lorenz klagte beim Ortsgericht,
Dieweil der Thomas wollte nicht
Auf gütlichem Weg ersetzen den Schaden.
Der Schulze ließ die beiden laden.
„Ich zahle nichts, der Thomas sprach,
Mein Wille war nicht, daß die Scheibe zerbrach."
Der Lorenz sagte: „Das geht mich nichts an:
Wille oder nicht, Du hast's nun gethan." —
Der Schulze war in Verlegenheit
Und wußte lange keinen Bescheid.
Er strengte gewaltig an sein Hirn
Und kratzte sich mehrmals an der Stirn,
Und endlich sprach er: „Kurz und gut:
Das Fenster muß bezahlen der Jud!
Denn hätt' er den Kopf nicht abwärts gebogen,
Wär' ihm der Stein an den Kopf geflogen
Und hätt' ihm verletzt den Schädelknochen;
Das Fenster aber wär' nicht zerbrochen.
* *
*
Wo sich die Geschichte zugetragen,
Weiß ich mit Bestimmtheit nicht zu sagen;
Doch weiß ich, daß indirekte Steuern
Und Zölle dem Volk das Leben vertheuern.
Für Industrielle und Agrarier
Muß zahlen der Jud: der Proletarier.
Postalisches.
1. Philister: In den Farbenwechsel der Post-
werthzeichen wollte ich mich schon fügen, wenn man
nur nicht gerade wieder das Wichtigste ver-
gessen hätte.
2. Philister: Was hat man vergessen?
1. Philister: Man hätte die rothen Brief-
marken abschaffen sollen. Es ist unserer polizei-
ftommen Zeit doch geradezu kompromittirend, wenn
ein friedlicher Staatsbürger Briefe mit rothen
Abzeichen bekommt. Ich begreife Stephan nicht.
Die schwimmende Ausstellung Deutschlands.
Von unserm Hamburgischcn Berichterstatter.
„Für die schwimmende Ausstellung Deutschlands sind u. A. erworben: ein mächtiger Jnriurigszopf, dcr
von den Chinesen am Meisten bewundert werden dürste; sodann eine Dampsprügclmaschine nach dem System
der deutschen Prügelyädagogcn. Von China sollen bereits 1110 Stück im Voraus bestellt worden sein."
Auch eine Epidemie.
Gar Mancher verzichtet auf ein Mandat,
Nach dem er gestrebt einst früh und spat.
(Sr zählt sich zu den Matten und Müden
Und will sich erholen im häuslichen Frieden.
Das Parlament gefällt ihm nicht,
Es wird ja doch Nichts ausgericht't.
Es steht die ganze Maschine still,
Sobald der Bundesrath es will.
Und Reden hält man an die Wand,
Darüber lacht das ganze Land.
Die Kosten haben sich gesteigert,
Der Kanzler noch die Diäten verweigert.
Allseitig sieht man verzichten sie,
Die Krankheit wird zur Epidemie.
Man heißt sie — nun, ihr wißt es ja —
Die Iufluenza politica.
Anregung.
Der Elberfelder Prozeß hat eine Lücke in un-
serem Kulturwesen recht deutlich zu Tage treten
lassen. Wir meinen den Mangel an einem Lehr-
stuhl für das höhere Spitzelwesen. Mit Bedauern
mußte man wahrnehmen, daß die in dem Drama
aufgetretenen Spitzel keine geschulten Fachmänner,
sondern mehr oder weniger Dilettanten waren,
was zweifellos wesentlich das Fiasko herbei-
geführt hat. Welch ganz andere Resultate müßten
fachmännisch gebildete, theoretisch und praktisch ge-
schulte Spitzel zu Tage gefördert haben. Es dürste
sich daher gewiß empfehlen, eine Professur für
Spitzelwesen, als Zweig der Polizeiwissenschaft, neu
zu schaffen; doch müßte mit der akademischen Vor-
lesung ein praktischer Kursus Hand in Hand gehen.
Ein „Spitzel-Seminar" dürfte die geeignete Form
sein, welche den theoretischen wie den praküschen
Anforderungen in gleicher Weise entspricht. Es
hieße der Ehre der deutschen Gelehrten zu nahe
treten, wollten wir daran zweifeln, daß tüchtige
Lehrkräfte zur Genüge vorhanden sind. Wir be-
gnügen uns, diese Anregung hier gegeben zu haben
und stellen alles Weitere den berufenen Kreisen
anheim.
Trost für Süddcutschland.
Bleibt unbesorgt, Bayer und Schwabe,
Noch ward Euch der Preuße nicht Meister.
Fest klebt an der Sonder-Briefmarke noch
Der partikulare Kleister.
Ein salomonisches Urthcil.
An einem schwülen Sommertag
Der Bauer Thomas im Fenster lag
Und paffte gemüthlich aus seinem Kloben.
Da sah er, daß vom Dorfe oben
Der Moses kam, der Handelsjud.
Dem Thomas kochte heiß das Blut:
Er haßte den Juden, weil kurz zuvor
Er einen Prozeß mit ihm verlor.
Drum lief er schnell und holte herein
Von der Straße einen Kieselstein.
Als der Jud nun vorbeiging, warf der Tropf
Den Kieselstein ihm an den Kopf.
Doch zeitig hatt' es der Moses erblickt
Und seinen bedrohten Kopf gebückt.
So schoß der Stein am Ziel vorüber
Und flog an das Nachbarhaus gegenüber,
Das Lorenz bewohnte mit seinem Weibe,
Und zertrümmerte dort eine Fensterscheibe.
Der Lorenz klagte beim Ortsgericht,
Dieweil der Thomas wollte nicht
Auf gütlichem Weg ersetzen den Schaden.
Der Schulze ließ die beiden laden.
„Ich zahle nichts, der Thomas sprach,
Mein Wille war nicht, daß die Scheibe zerbrach."
Der Lorenz sagte: „Das geht mich nichts an:
Wille oder nicht, Du hast's nun gethan." —
Der Schulze war in Verlegenheit
Und wußte lange keinen Bescheid.
Er strengte gewaltig an sein Hirn
Und kratzte sich mehrmals an der Stirn,
Und endlich sprach er: „Kurz und gut:
Das Fenster muß bezahlen der Jud!
Denn hätt' er den Kopf nicht abwärts gebogen,
Wär' ihm der Stein an den Kopf geflogen
Und hätt' ihm verletzt den Schädelknochen;
Das Fenster aber wär' nicht zerbrochen.
* *
*
Wo sich die Geschichte zugetragen,
Weiß ich mit Bestimmtheit nicht zu sagen;
Doch weiß ich, daß indirekte Steuern
Und Zölle dem Volk das Leben vertheuern.
Für Industrielle und Agrarier
Muß zahlen der Jud: der Proletarier.
Postalisches.
1. Philister: In den Farbenwechsel der Post-
werthzeichen wollte ich mich schon fügen, wenn man
nur nicht gerade wieder das Wichtigste ver-
gessen hätte.
2. Philister: Was hat man vergessen?
1. Philister: Man hätte die rothen Brief-
marken abschaffen sollen. Es ist unserer polizei-
ftommen Zeit doch geradezu kompromittirend, wenn
ein friedlicher Staatsbürger Briefe mit rothen
Abzeichen bekommt. Ich begreife Stephan nicht.