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Auch eine Freude.

„Karlchen, heut' ist Dein Geburtstag! Da,
mach' Dir eine Freude! Hier hast Du eine
Mark! Lauf' schnell zum Zahnarzt — und laß
Dir Deinen kranken Schneidezahn ziehen!"

Die Influenza.

Sie schont nicht mal den Staatsanwalt
Und nicht den Advokaten;

Sie macht nicht vor Kasernen Halt
Und greift nach Potentaten;

Sie schont in ihrer großen Wuth
Nicht mal die Polizisten,

Sie scheut nicht vor des Meeres Fluth
Und tobt an fernen Küstern

O heiliger Sankt Florian,

Thu' du nur bald ein Wunder!

Greift's noch die Diplomaten an,

Dann geht die Welt bald unter!

Strafbarer Boykott.

Obgleich die sächsischen Behörden mit aner-
kennenswerter Energie gegen Arbeiter Vorgehen,
welche sich verabreden, bestimmten Geschäftsleuten
nichts abzukaufen, so grassirt doch der Boykott noch
in bedauerlichster Weise. Sämmtliche Champagner-
Lieferanten werden, ohne sich einer böswilligen
Handlung bewußt zu sein, von den Arbeitern hart-
näckig geboykottet, den Austernverkäufern und Wild-
prethändlern geht es nicht besser und selbst ge-
räucherter Lachs wird höchstens bei Paschky in
Dresden dann und wann gekauft. Auch die Juweliere
klagen, besonders im Brillantenhändel, über hart-
näckigen Boykott seitens der Arbeiter, und sogar
berühmten Malern und Bildhauern, die als Künstler

So ist's recht!

Das war in Wüstewaltersdorf,

In Schlesien weit dahinten,

Allda sah man die Wähler sich
Zahlreich zusainmenfinden.

Es war die liebe Kartellbrüderschaft
Auch zahlreich dabei vertreten;

Sie wollten besprechen die nächste Wahl
Und wollten mitthaten und reden.

Sie trugen alle auf ihrem Haupt —

Hei, das that prächtig klappen! —

Bon mancherlei sonderbarer Gestalt
Buntfarbige Narrenkappen.

Sie lärmten, tobten und schrien so sehr,
Als hätten sie all' einen Sparren
Und an der Kappe hat richtig erkannt
Man diesmal auch die Narren.

Ihr lieben Kartellbrüder, wollet nur
Bei solchem Brauche beharren;

Tragt nur bei jeder Gelegenheit
Die lustige Kappe der Narren.

O hättet ihr ftüher sie aufgesetzt
Bei eures Bundes Vollendung,

Das arme deutsche Volk wär' nicht
Geblieben so lang in Verblendung.

Man hält' euch unschwer dann gleich erkannt
Nach eurem richtigen Schlage,

Erspart wär' dem deutschen Vaterland
Geblieben so manche Plage.

So nehmt die treffliche Tracht nur auf
In eures Bundes Wappen,

Damit man in Zukunft immer erkennt
Den Narren an seiner Kappen.

Der große Geheimbund.

Wie sehr die fleiß'gen Spitzel
Im Eifer sich gequält,

Wie viel den Polizisten
Sie Märchen auch erzählt,

Wie schön sie sich den großen
Geheimbund ausgemalt,

Wie viel aus Staates Mitteln,

Dafür ward Sold bezahlt, —

Nicht wirkten ihre Lügen
Am Tage des Gerichts,

Und mit dem Reichs-Geheimbund
Da war's halt wieder nichts!

Materialistisch.

Herr: Göttliche Laura, ich verehre Sie, ich bete Sie
an, ich vergöttere Sie . , •>

Tänzerin: Behandeln Sie mich mehr als Sterb-
liche und kaufen Sie mir den bewußten Brillantschmuck!

Unerklärlich.

Meyer: Wissen Sie schon, der Herr Müller ist heute
gestorben.

Apotheker: Wie, der ist schon gestorben? Der hat ja
gar keine Medizin von mir genommen!

doch wenig Interesse an Politik haben, mangels
gänzlich die Arbeiterkundschaft. Da wäre doch eine
positive Maßregel am Platze und man müßte die
Arbeiter einfach zwingen, ihren Konsum auf Wild-
pret, Weine aller Sorten und ähnliche von ihnen
gemiedene Dinge auszudehnen.

kestinu lente! *)

„Es brennt! Es brennt! Die Spritzen 'raus!
Schnell rettet das bedrohte Haus!"

Gemach! Nur keine allzugroße Eile!

Das Sprichwort mahnet: Eile nur mit Weile!
„Es malt der Brand sich schon am Firmamente!"
Festina lente!

„Herr Doktor, kommen Sie geschwind!

Im Augenblick! Sonst stirbt mein Kind!"

Nur immer sachte, langsam und bedächtig!

Der Arzt ist auch ein Mensch und nicht allmächtig.
„Kommt Hilfe nicht sogleich, so ist's am Ende!"
Festina lente!

„Zu Hilfe schnell! Der arme Mann
Vor Hunger nicht mehr weiter kann!"

So hitzig? Ei, man muß nicht so pressiren
Und nicht das Aeußerste gleich präsumiren.

„Er stirbt, schafft man ihm Nahrung nicht behende!"
Festina lente!

*) „Eile mit Weile!" Aeußerung des Herrn Staats-
sekretärs von Bötticher in der Reichstagsdebatte vom 4. Dez.
über die Lage der Bergarbeiter.

Ja Bauer.

Jüngst hörten wir es laut dozir'n
Mit trefflicher Begründung:

Studentenkorps, die sich duellir'n,

Sind auch verbotene Verbindung.

Du stehst und fragst, mein guter Mann,
Ist hier kein Grund gegeben
Für einen Staatsanwalt, daß kann
Anklage er erheben?

Du bist naiv, mein guter Mann!

Der Stein kam' leicht in's Rollen;

Jawohl, der Staatsanwalt, er kann,

Er braucht ja nur zu wollen.

Doch nimm' du nur die Liste vom Korps,
Da ist ganz deutlich zu lesen:

Manch trefflicher Staatsanwalt ist zuvor
Flott selber dabei gewesen!

Gleiches mit Gleichem.

Der Schriftsteller Dr. Kohut, welcher aus
; Preuße« .ausgewiesen war, darf nach Berlin zurück,
' nachdem er den Reichskanzler in einem Buche „Fürst
s Bismarck als Humorist" verherrlicht hat. Fürst
Bismarck konnte den Mann, der ihn in dieser Weise
von der heiteren Seite beleuchtete, nicht ernst
nehmen, und ließ ihn als ganz ungefährlich wieder
herein.
 
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