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Gut abgefertigt.

Dienstmädchen: Madame, es ist eine Frau draußen, die Sie sprechen
möchte!

Madame: Ist es etwas Besseres?

Dienstmädchen: Jewiß! Wahrscheinlich ooch mal früher Dienst-
mädchen jewesen!

Nante über die Influenza.

Ick begreife man jar nich, wie die verflixte Jnflorenzia in det Berlin
rinjekommen is, wo der kleene belagerte Zustand jilt. Ta wäre et doch
det Eenfachste jewesen, wenn man jeden Jnflorenzerich sofort wegen Je-
fährdung der öffentlichen Sicherheit ausjewiesen hätte! Ick habe et aber immer
jesagt, wenn det Jesetz schläft, dann schläft et immer uff det unrichtige Ooge.

Wie Herr Huber zu einer Frau kam.

Herr Huber, der sich Plötzlich in den Stand der Ehe begeben, wird bei
der ersten Gelegenheit von seinen Freunden gebeten zu erzählen, wie sich
das Alles so schnell zugetragcn hat. Herr Huber erwidert: —

„Ich ging spazieren und sah ein wunderschönes Mädchen. Ich grüßte
und frug in der Zerstreuung, wie es ihrem Herrn Gemahl gehe?" — „„Aber,
Herr Huber, ich bin ja noch gar nicht verheirathet"", sagte sie. — Acht
Tage drauf war sie meine Frau.

Karneval 1890.

§2, das ist ein Karneval!
Influenza macht uns Clual,

Und dazu die Reichstagswahlen
Machen Manchem größ're Äualen.

Reden stets zu halten hat.

Wer da wird ein Kandidat,

Muß den Leuten es erzählen.

Was er thut, wenn sie ihn wählen.

Ist er schwarz auch angehaucht,
Line Freiheitsmaske braucht
Jeder, der zum Volk will reden,

Vb sie kleidet auch nicht Jeden.

Auch ein Lchafspelz, wie bekannt.
Ist ein gutes Wahlgewand
Für Kartell-Allheil-Verkünder,
Welche Zöllner nur und Lünder.

Lchellenklang zur Faschingszeit
8aben Karren weit und breit.

Jetzt ertönen laut und Helle
Auch die Phrasen vom Kartelle.

Doch wir hatten schon einmal
Line solche Faschingswahl
Und ihr Katzenjammer gräßlich
Bleibt uns ewig unvergeßlich.

Wer das Volk mit Phrasenklang
Für den edlen Stimmenfang
Will in Faschingsdusel wiegen,

Zoll die Influenza kriegen.

Wenn vorbei der Karneval,

Wenn Lrnücht'rung überall
Bich im Volke Bahn gebrochen.
Wird das ernste Wort gesprochen.

And mit all' dem bunten Tand,
Nask' und Harlequinsgewand,

Mit des Faschings nicht'gen Laben
Wird man das Kartell begraben.

Zeitgemäßes Verbot.

Einem Leipziger Studenten, der einen Cyclus
von Vorträgen über die griechische Philosophie im
Freidenkerverein „Humboldt" begonnen hatte, ist die
fernere Abhaltung dieser Vorträge auf Veranlassung
des Universttätsgerichts verboten worden. Wir
können diese Maßregelung nur billigen; die grie-
chischen Weisen und ihre Lehren passen sehr wenig
in das christlich-germanische Reich und stehen in
schroffem Widerspruch zu dem Geiste unserer Hoch-
schulen und ihrer Professoren. Wir wollen dies
an einigen Beispielen zeigen. Bekanntlich rührt
von Thales das Wort her: „Das Beste ist das
Wasser". Hätte Thales gesagt: „Das Beste ist
das Bier", so wäre er mit Recht der gefeierte
Heros der deutschen Studentenschaft; so aber kann
jeder rechtschaffene Student nur mit Geringschätzung
an ihn denken. — Bias von Priene, einer der
sieben Weisen, hat gesagt: „Mehrere machen es
schlimm". Wie leicht kann jemand darauf ver-
fallen, dieses Wort auf die Kartellmehrheit des
jetzigen Reichstags anzuwenden! — Dem Solon
legt man das Wort in den Mund „Nimmer zu
sehr!" Denkt man an den Militarismus, so liegt
die Reichsfeindlichkeit dieses Worts auf der Hand.
— Heraklit vollends mit seinem berühmten

„Alles fließt" ist geradezu der Prophet des
Umsturzes. — Das Wort des Eleaten Leno-
phanes: „Alles ist Eins", klingt allzusehr an
den leichtsinnigen Vers an: „S'ist mir alles Ans,
S'ist mir alles Ans, Ob i a Geld hob oder kans"
und ist also leicht geeignet, den Erwerbstrieb und
die Liebe zum Profit zu zerstören und damit den
Bestand des Eigenthums zu untergraben. — Be-
darf es noch eines Nachweises, daß ein Philosoph
wie Anaxagoras, der den Xus, die Vernunft,
als oberstes Prinzip erklärt hat, mit unserm aka-
demischen Leben absolut unverträglich ist? — Hätte
der Student die Kirchenväter zum Gegenstand seiner
Borträge gemacht, so wären derartige Bedenken
gänzlich ausgeschlossen gewesen.

Der sächsische Dcutschfreisinn.

Mir Fordschriddsmänner in Chemnitz duhn
_ Uns mid'n Gardell verbinden.

Ä Gandidaden schdell' mer uff,

Mer duhn's aus guden Grinden.

Denn wenn der große Wahldag gommd.

Da plums' mer im Gardelle,

Da Plums' mer nich allcene dorch —

Mir Sachsen, mir sein Helle!

Nutzen der neuen Hoftracht.

Nationalliberaler: Sie als Handwerker

müssen unbedingt für unfern Kartellkandidaten
stimmen.

Handwerker: So? Was wird denn der für
das Handwerk thun, wenn er gewählt wird?
Nationalliberaler: Er wird das Schnei-
j derhandwerk in Nahrung setzen, indem er sich
! schleunigst ein Paar Kniehosen anmeffen läßt.
 
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