426 HERMANN BEENKEN.
antworten: Wie ist Kulturwissenschaft (im Sinne der Stilanalyse ver-
standen) möglich?
Diese — natürlich mehr andeutenden als erschöpfenden — Er-
örterungen über die Methode mögen an dieser Stelle genügen. Wir
wenden uns nunmehr der Frage nach dem Umfange des Arbeits-
gebietes der Stilanalyse zu. Was kann mit ihren Mitteln verglichen
und geordnet werden und was muß es infolgedessen auch? Diese
Frage ist zu beantworten: Alles mit allem, wobei der Begriff des
Alles sich alsbald regional dahin einschränkt, daß nur Gegenstände,
die überhaupt Stilqualitäten haben, in bezug auf solche miteinander
zu vergleichen sind. Nun haben Stilqualitäten nicht nur Kunstwerke,
sondern auch eine Fülle anderer Gebilde menschlichen Tuens, über-
haupt alle Ergebnisse schöpferischen Leistens. Es ist ein Verdienst
Spenglers, in seinem Untergang des Abendlandes« die Region der
einer Morphologie der Kultur zugehörigen Gegenstände und Gebiete
ungefähr umgrenzt, oder wenigstens den Blick für die sich hier er-
öffnenden Aufgaben wesentlich erweitert zu haben. In seinem Werke
ist zuerst mit aller Entschiedenheit die Universalität der Aufgaben, die
die dort allerdings nicht geahnten neuen Methoden der Stilanalyse zu
bewältigen haben, hervorgehoben worden.
Nun ist die moderne kunstgeschichtliche Stilanalyse im allgemeinen
noch sehr weit davon entfernt, die ganze Fülle der auch nur in ihrem
eigensten Bereich vorliegenden Aufgaben systematisch in Angriff zu
nehmen. Entweder fehlt die Exaktheit der Methoden oder es fehlt
die Weite der Perspektiven. Exakte Methode ist bisher wohl nur
für Vergleiche innerhalb relativ enger Bezirke ausgebildet worden.
Und so wird auch bisher etwa der Gedanke der Folgerichtigkeit der
Stilentwicklung immer nur für relativ kurze Entwicklungsabschnitte
konsequent durchgehalten. Daß dieser Gedanke ein universales Prinzip
der Ordnung geistesgeschichtlicher Phänomene eines Kulturkreises
überhaupt ist, hat man, soviel ich sehe, bisher nie betont. Man hat
nicht die Konsequenz gezogen, daß entwickelte Kulturen wie die
unsere, indem sie eine Entwicklung hinter sich haben, eben einen Weg
gegangen sind, dessen gesamte Phasenabfolge von den Anfängen an
bis auf den heutigen Tag als eine folgerichtige und insofern gesetz-
mäßige mit Evidenz herauszuarbeiten sein muß. Vor allem hat dieser
Konsequenz der Gedanke der Periodizität, der Wiederkehr, entgegen-
gewirkt, der gerade in der Praxis der modernen kunstgeschichtlichen
Stilanalyse eine große Bedeutung erlangt hat. Eine umfassende Aus-
einandersetzung mit diesem Gedanken sei hier nicht versucht. Zweifel-
los ist es eine der fruchtbarsten Erkenntnisse neuerer Kunstgeschichte
gewesen, daß gewisse Abläufe der Entwicklung sich ähnlich von Zeit
antworten: Wie ist Kulturwissenschaft (im Sinne der Stilanalyse ver-
standen) möglich?
Diese — natürlich mehr andeutenden als erschöpfenden — Er-
örterungen über die Methode mögen an dieser Stelle genügen. Wir
wenden uns nunmehr der Frage nach dem Umfange des Arbeits-
gebietes der Stilanalyse zu. Was kann mit ihren Mitteln verglichen
und geordnet werden und was muß es infolgedessen auch? Diese
Frage ist zu beantworten: Alles mit allem, wobei der Begriff des
Alles sich alsbald regional dahin einschränkt, daß nur Gegenstände,
die überhaupt Stilqualitäten haben, in bezug auf solche miteinander
zu vergleichen sind. Nun haben Stilqualitäten nicht nur Kunstwerke,
sondern auch eine Fülle anderer Gebilde menschlichen Tuens, über-
haupt alle Ergebnisse schöpferischen Leistens. Es ist ein Verdienst
Spenglers, in seinem Untergang des Abendlandes« die Region der
einer Morphologie der Kultur zugehörigen Gegenstände und Gebiete
ungefähr umgrenzt, oder wenigstens den Blick für die sich hier er-
öffnenden Aufgaben wesentlich erweitert zu haben. In seinem Werke
ist zuerst mit aller Entschiedenheit die Universalität der Aufgaben, die
die dort allerdings nicht geahnten neuen Methoden der Stilanalyse zu
bewältigen haben, hervorgehoben worden.
Nun ist die moderne kunstgeschichtliche Stilanalyse im allgemeinen
noch sehr weit davon entfernt, die ganze Fülle der auch nur in ihrem
eigensten Bereich vorliegenden Aufgaben systematisch in Angriff zu
nehmen. Entweder fehlt die Exaktheit der Methoden oder es fehlt
die Weite der Perspektiven. Exakte Methode ist bisher wohl nur
für Vergleiche innerhalb relativ enger Bezirke ausgebildet worden.
Und so wird auch bisher etwa der Gedanke der Folgerichtigkeit der
Stilentwicklung immer nur für relativ kurze Entwicklungsabschnitte
konsequent durchgehalten. Daß dieser Gedanke ein universales Prinzip
der Ordnung geistesgeschichtlicher Phänomene eines Kulturkreises
überhaupt ist, hat man, soviel ich sehe, bisher nie betont. Man hat
nicht die Konsequenz gezogen, daß entwickelte Kulturen wie die
unsere, indem sie eine Entwicklung hinter sich haben, eben einen Weg
gegangen sind, dessen gesamte Phasenabfolge von den Anfängen an
bis auf den heutigen Tag als eine folgerichtige und insofern gesetz-
mäßige mit Evidenz herauszuarbeiten sein muß. Vor allem hat dieser
Konsequenz der Gedanke der Periodizität, der Wiederkehr, entgegen-
gewirkt, der gerade in der Praxis der modernen kunstgeschichtlichen
Stilanalyse eine große Bedeutung erlangt hat. Eine umfassende Aus-
einandersetzung mit diesem Gedanken sei hier nicht versucht. Zweifel-
los ist es eine der fruchtbarsten Erkenntnisse neuerer Kunstgeschichte
gewesen, daß gewisse Abläufe der Entwicklung sich ähnlich von Zeit