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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 18.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.3820#0546

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BESPRECHUNGEN. 543

die J. von Schlosser eine dilettantische schilt (Die Kunst des Mittelalters, S. 7) teilt
die Verfasserin nicht (S. 132).

Es wurde eingangs bemerkt, daß es sich in dieser Schrift um die Eigengesetz-
lichkeit und auch um die Eigenartigkeit der nicht klassischen, der nordischen Kunst
handelt. Wie wird die Wertfrage behandelt und gelöst? Vor allem wird es abge-
lehnt, daß der Wert nach einem .-»landfremden« Maßstab bestimmt wird, der eine
Überlegenheit der klassischen Kunst ergibt und ergeben muß (S. 31, 66, 93). An
einer Stelle (S. 50) wird eine Terminologie gefordert, aus der alle Anklänge wert-
herabsetzender Art geschwunden sind. Die Bewertung wird noch weiter zurück-
geschoben. Nach Scheidung der taktisch-tektonischen und der optischen Werte heißt
es (S. 71): »Ein künstlerischer Oberwert kann keinem von ihnen von vornherein
zugebilligt werden, da ja das Sichtbare, an sich künstlerisch gleichgültig, künst-
lerisch erst durch die Aufnahme in das Kunstwerk wird. Was aufgenommen wird,
darüber entscheidet die Sehweise, der der Künstler, das Volk angehört (S. 71). Da
steht man aber vor letzten Tatsachen, über die keine allgemein gültigen Werturteile
mehr gefällt werden können. Es gibt dafür keine letzte Instanz mehr (S. 73). Es
bleibt nur die Anerkennung einer Mannigfaltigkeit von Weltbildern, die auf ver-
schiedenen Arten des Sehens, überhaupt auf verschiedenem Verhalten zur Welt beruhen
(S. 86, 94). Aus dieser unendlichen Vielheit lösen sich bestimmte national und rassen-
mäßig geformte Arten heraus, die in Europa in das südliche und nördliche Welt-
bild sich sondern (S. 94). Renaissance und nordische Kunst, romanische und germa-
nische Anschauungswelt dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden (S. 75). Von
einer anderen Seite her lassen sich wohl Wertunterschiede feststellen: es gibt
Zeiten, in denen die künstlerische Vorstellungskraft entweder verkümmert oder
noch nicht entwickelt ist. Liegt aber nicht darin auch eine Wertung, wenn vom
Standpunkt der abendländischen Stilentwicklung aus die Renaissance als Zwischen-
spiel (S. 60) bezeichnet wird? Und wenn sich die Sehweise mit kulturgeschichtlichen
Momenten verbindet, bleibt sie dann von Werten frei? Ist anderseits die Unterschei-
dung: die künstlerische Vorstellungskraft zu Zeiten entweder verkümmert oder noch
nicht entwickelt, nicht zu leicht gemacht? Man denke an die Bewertungen der
ägyptischen, der frühgriechischen, der etruskischen, der mittelalterlichen, der asia-
tischen Kunst.

Für Einzelheiten ist kein Raum mehr. Nur ein paar. Warum steht neben Syrlin,
Stoß, Riemenschneider, Backofen, Dreyer, nicht der Landshuter Leinberger (z. B.
Magdalena im Bayerischen Nationalmuseum) ? L. Richter ist doch für Carstens, Cor-
nelius, Rethel kein vollgültiger Zeuge (S. 94 f.). Außerdem läßt man ihn allzu oft
das Gleiche sagen. Von Dürer heißt es: »Weniger, als oft angenommen wird, hat
die südliche Kunst Dürer um die sichere Richtung gebracht, es besteht vielmehr ein
unbefangenes Nebeneinander« (S. 89). Hier wird die Unbefangenheit doch zu stark
betont. Aus den Verhältnissen zur Zeit des Druckes wird es sich erklären, warum
man des öfteren Druckfehlern begegnet (z. B. S. 30 unten, 44 unten, 51 gegen die
Mitte, 78 unten, 89 unten). Einmal ist auch Jakob Burkhardts Name verdruckt (S. 95).

München.

Georg Schwaiger.
 
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