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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 8.1913

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Laurila, Kaarle S.: Zur Lehre von den ästhetischen Modifikationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3587#0009
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ZUR LEHRE VON DEN ÄSTHETISCHEN MODIFIKATIONEN. 5

geben. Hier aber ist die Einschränkung nötig, weil die Bedeutung
dieses Teils der Ästhetik lange Zeiten hindurch stark überschätzt
worden ist. Und diese Überschätzung ist nicht harmlos geblieben,
sondern im Gegenteil teilweise sogar sehr verhängnisvoll gewesen.
Der Schwerpunkt der Ästhetik ist dadurch verlegt und das Interesse
von den wirklichen Wesensfragen abgelenkt worden. Doch soll man
sich nun natürlich vor der entgegengesetzten Einseitigkeit hüten und
die Lehre von den ästhetischen Modifikationen nicht für bedeutungslos
halten. Eine ästhetische Erkenntnis, die sich auf die großen Haupt-
fragen beschränkte, die sich z. B. damit begnügte, die Eigenart des
ästhetischen Eindrucks festzustellen, die es aber versäumte, den charak-
teristischsten Verschiedenheiten dieses Eindrucks nachzugehen — eine
solche ästhetische Erkenntnis würde allzu mager sein, es würde ihr
allzusehr an Tiefe und Detailreichtum fehlen. Außerdem ist diese Ver-
tiefung und Erweiterung der Erkenntnis ins einzelne ein wichtiges
Mittel der Kontrolle. Denn wie eine Erkenntnis des Allgemeinen sich
im Einzelnen bewährt, darin zeigt sich ihre Richtigkeit.

2. Das Schöne und das Häßliche.

Die zweite allgemeine Vorfrage der Modifikationslehre bezieht sich
darauf, welche Stellung das Schöne und demgemäß das Häßliche in
der ästhetischen Modifikationslehre haben. Diese Frage ist natürlich
zugleich schon eine Einzelfrage, aber von bedeutend größerer Trag-
weite als die anderen Einzelfragen. Denn je nach der Lösung dieser
Frage wird die ganze Modifikationslehre ein bestimmtes Gesicht be-
kommen. Vorläufig handelt es sich nur um einige Feststellungen all-
gemeiner Art, die vorangehen müssen, bevor die Einzelbehandlung des
Schönen in der Modifikationslehre möglich ist.

In der älteren und vielfach auch noch in der neueren Ästhetik hat
das »Schöne« eine Sonderstellung in der ästhetischen Modifikations-
lehre. Entweder ist es einfach der Inbegriff alles Ästhetischen, woraus
dann folgt, daß die ästhetischen Modifikationen nur Modifikationen des
Schönen sind, wie sie von manchen Ästhetikern auch genannt werden.
Oder das Schöne umfaßt zwar nicht alles Ästhetische, gilt aber als
ästhetischer Typus v.a.% Hvtfpi ist also in einem höheren und tieferen
Sinne »ästhetisch« als die anderen Typen. In einer empirischen Ästhetik,
die von keinen Dogmen, sondern von dem tatsächlich Gegebenen aus-
geht und es ohne vorgefaßte Meinungen zu erklären sucht, müssen,
scheint mir, diese beiden Anschauungsweisen sich als unhaltbar er-
weisen. »Ästhetisch« ist alles, was auf uns ästhetisch wirken kann,
 
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