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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 8.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.3587#0497
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BESPRECHUNGEN. 4Q3

jedes Werterfassen charakteristisch begleitet, und erzeugt den Irrtum, als sei das
Ästhetische das Hauptziel des Prozesses. Mit der Ästhetik, von der in dieser Zeit-
schrift gehandelt wird, hat also Brecht (wie Winkler auch) nur mittelbar zu tun; und
ihm war jener Irrtum nicht erlaubt: er hatte sauberer zu denken.

Wozu das Ganze? Wozu die Auflösung eines so komplizierten Mißverständ-
nisses? Weil wieder einmal brauchbare Arbeiten entwertet und entstellt werden
dadurch, daß zwar das philologische, aber nicht das philosophische Element mit
jener Gewissenhaftigkeit behandelt wurde, die von nöten ist. Nirgendwo ist ein
Irrtum in den Fundamenten so verwüstend wie in einer Arbeit, die nach der Struktur
des Denkens, das ihr zugrunde liegt, der Logik untersteht, sodaß der Fehler bis in
die letzte Spitze mitsteigt und das ganze Werk zwar im einzelnen wertvoll läßt,
im ganzen aber unbrauchbar macht. Und wann wird der Literarhistoriker einsehen,
daß, wenn man lehrend vor die Werke der Dichter tritt, es nicht genügt Kunst
zu fühlen, sondern gefordert ist, Kunst zu erkennen?

Rostock. Arnold Zweig.

Die hellenistisch-römische Kultur dargestellt von Fritz Baumgarten
und Franz Poland. Mit 440 Abbildungen im Text, 5 bunten, 6 einfarbigen
Tafeln, 4 Karten und Plänen. Leipzig und Berlin 1913, B. G. Teubner. XIV
u. 674 S.
Der Teubnersche Verlag hat seinen großen Verdiensten um die »bessere Bil-
dung« in Deutschland ein neues beigefügt: auf das schon berühmte Werk über die
griechische Kultur läßt er diese Doppeldarstellung der hellenistischen und römischen
Kultur folgen. Das Werk ist so geschickt disponiert, so klar geschrieben und so
schön ausgestattet wie das vorige; seine Bedeutung aber ist vielleicht noch größer.
Denn erst mit dem Hellenismus entstand ja eine wirkliche Gesamtkultur; erst von
der Zeit, in der Griechenland aufhörte, eine Provinz der antiken Welt zu sein, um
dafür etwa das zu werden, was unter den Vereinigten Staaten von Nordamerika der
einzige »Distrikt« mit der Zentrale Washington — werden sollte. Die römische
Kultur ist dann vollends die Grundlage aller späteren Bildung im Abendlande, und
aller uns noch so heißenden Bildung im Morgenlande geworden. Vom Standpunkte
dieser Zeitschrift, deren Leser wohl überwiegend wie der Referent in allem Stoff-
lichen sich nur dankbar lernend zu verhalten haben, wäre daher nur die einzige
Frage aufzuwerfen, die denn freilich fundamental ist: ob diesen »Kulturen« wirklich
etwas durchaus Gemeinschaftliches innewohnt, und etwas, das doch wieder unsere
drei antiken Kulturen von denen des Orients, z. B. Chinas, oder des noch ferneren
Altertums, etwa Babylons, grundsätzlich unterscheidet.

Unser vortreffliches Werk gibt Anhaltspunkte in Hülle und Fülle, muß aber
naturgemäß die Kontinuität allein betonen, ohne die allfällige Identität mehr als
gelegentlich hervorheben zu können. Es wäre aber vielleicht am besten, gerade
von der Ästhetik den Ausgangspunkt zu nehmen: unterscheidet sich doch schließ-
lich die große, von Griechenland und seinem Schüler Rom dauernd beherrschte
Linie der europäischen Kulturentwicklung in keinem Punkte von den anderen so
unvereinbar. In den Organisationsformen, in der Sprache und ihren Anwendungen,
in Moral und Religion überwiegen die Gleichheiten auf gleicher Kulturstufe die Ver-
schiedenheiten ganz oder nahezu; aber man stelle einen Götterkopf der hellenischen
Tradition neben irgend einen, der diesem Einfluß nichts verdankt — und wir sind
>n einer anderen Welt. Eduard Meyer hat ja versucht, allgemeine Kennzeichen der
geistigen Struktur der Indogermanen aufzuweisen — mit zweifelhaftem Erfolg; aber
was außerhalb der indogermanischen Kultursphäre auf gelegentliche Berührungen
 
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