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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 8.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.3587#0659
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652 BESPRECHUNGEN.

ihr gegenüber verschiedene Wertsetzungen nicht nur möglich, sondern notwendig
sind. Dies ist nun ein Problem, dessen ernsthafte Durchforschung eine wichtige
Aufgabe all derer bildet, die über das wahre Verhältnis der Ästhetik und allgemeinen
Kunstwissenschaft nachdenken. Die Lösung liegt nun allerdings durchaus nicht in
der Richtung, die Dreecken weist und die nur zu einem völligen ästhetischen
Subjektivismus drängt. Wie der Stand der Wissenschaft in dieser Frage sich ver-
hält und wie ich selbst- zu ihr Stellung nehme, habe ich in meinem Bericht über
»Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft« anzudeuten versucht im ersten Bande
der »Jahrbücher der Philosophie« (Berlin 1913).

Rostock i. M. Emil Utitz.

Frz. Hoermann, Heimkunst und Heimatkunst. Grundzüge einer prak-
tischen Ästhetik des Bürgerhauses, des Städtebaues und des Dorfbildes. —
Mit 24 Abbildungen; 1913, Verlag von Gerhard Kühtmann in Dresden. —
8°. 109 S.
Hoermanns Buch ist — wie der Verfasser selbst im Vorwort ausführt — eine Frucht
seines Unterrichtes in der »praktischen Ästhetik«. »Bei einem dem kunstgewerblichen
Unterrichte gegenüber gänzlich unvorbereiteten, in der großen Mehrzahl aus der
siebten oder achten Volksschulklasse kommenden Schülermaterial konnte ich eine
verständliche und fruchtbringende Kunstlehre nur als streng gegliederten und über-
sichtlich aufgebauten Anschauungsunterricht geben: als eine vom Einzelnen zum
Ganzen, von der Analyse zur Synthese vorschreitende ,Wanderung' durch die
wichtigsten Gebiete des Kunstgewerbes und der Baukunst«. Und diese Wanderung
ist ganz gut gelungen; wer allerdings schon ein wenig Bescheid in diesen Gegenden
weiß, wird nicht viel Neues zu sehen bekommen, aber der Anfänger erfährt eine
ganze Reihe nützlicher Belehrungen und dienlicher Hinweise. Da auch Hoermann
mit Literaturangaben nicht spart, wird es dem tiefer Interessierten leicht gemacht,
die Fragen weiter zu verfolgen, deren nähere Durchforschung ihn besonders fesselt.
Nun hat sich aber Hoermann nicht nur auf Wohnraum, Haus, Dorf und Stadt be-
schränkt, sondern im ersten Teil seiner Schrift versucht, ein ganz knappes System
der Ästhetik aufzurollen. Das ist allerdings recht dürftig geraten, und vieles stimmt
gar nicht. Es wäre auch gar nicht nötig gewesen; eine kurze Einführung mit
einigen Literaturverweisen hätte vollkommen genügt. Hingegen empfehle ich für
die zweite Auflage mehr Ausführlichkeit im Hauptteil und ein stärkeres Herein-
beziehen der Abbildungen in den Text; es reicht nicht hin, daß sie da sind und
im allgemeinen von ihnen gesprochen wird, sondern das liebevolle Eingehen auf
den Einzelfall muß die Regel erst vollständig erhellen, zumal wo es sich um prak-
tische Ästhetik handelt. Auch manche allgemeine Vorwürfe gegen die moderne
Kunst sind mindestens mißverständlich, für den Anfänger jedenfalls leicht irreführend:
»wenn die Lage der modernen Kunst, trotz zahlreicher hervorragender Leistungen,
eine unbefriedigende ist, so liegt eine der ersten Ursachen darin, daß sie vor-
wiegend eine traditionslose Kunst ist. Sie hat den historischen Boden, trotz alles
modeartigen Zurückgreifens auf alte Stile, verloren oder aufgegeben, die alten Be-
ziehungen zum Volke gelöst und gleicht daher einem in der Luft verankerten, der
Verbindung mit einem natürlichen Fundamente oder einer natürlichen Stütze be-
raubten Gebäude.« Welcher Kunst gilt nun diese Klage? Der Lehrer muß auf
die Unentbehrlichkeit der Tradition dringen — darin hat Hoermann ganz recht —,
und kein Einsichtiger wird die ungeheure Bedeutung der Tradition verkennen
wollen; aber daraus darf doch keine Fortschrittsfeindschaft emporwachsen, die sich
bisweilen besonders gefährlich hinter den Heimatkunstbestrebungen verbirgt. Also
 
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