ÜBER DEN GEGENWÄRTIGEN STAND D. EXPERIMENTELLEN ÄSTHETIK. 37
Ästhetik über geeignete Methoden, um sich helfend an der Arbeit der
Gesamtästhetik zu beteiligen? Leider gilt hier erst recht, was oben
bereits über die Untersuchung der mitbestimmenden assoziativen Fak-
toren bemerkt wurde: die Methoden sind noch wenig entwickelt, die
Arbeiten, namentlich die guten, noch äußerst spärlich. In der Tat stößt
die experimentelle Methodik hier auf ganz besondere Schwierigkeiten.
Die experimentelle Ästhetik muß mit einfachen Gebilden beginnen.
Zur Untersuchung der Empfindungsfaktoren stehen ihr einfache kon-
stante Objekte wie einfache Farben, Formen, Töne und einfache Ver-
bindungen von solchen jederzeit zur Verfügung. Wie soll sie aber
behufs Untersuchung der Vorstellungsfaktoren — losgelöst von den
Empfindungsfaktoren — ebenso einfache konstante Vorstellungen
der Versuchsperson darbieten, d. h. in ihr erwecken, um ihre ästhetische
Wirkung zu beobachten? Vorstellungen lassen sich nicht mit derselben
Sicherheit wecken wie Empfindungen. Das Vehikel der Worte, das
einzige, welches uns einigermaßen reine, d. h. von Objektein pfin-
dungen losgelöste Vorstellungen verschafft, hat den Nachteil,
daß in ganz unberechenbarer Weise neben der vom Experimentator
gewollten Vorstellung andere auftreten. Die für das Experiment oder
wenigstens die grundlegenden Experimente unerläßliche Einfachheit
des Materials ist also kaum erreichbar. Dazu kommt die für den
Experimentator unbeherrschbare und unkontrollierbare Mannigfaltigkeit
der von dem einzelnen Wort in der Versuchsperson hervorgerufenen
Vorstellungen und ihre proteusartige Umgestaltung, ihre nebelartige
Zerfließlichkeit. Wir sind weder imstande, zur Sicherung unserer
Untersuchungen dieselben Vorstellungen bei der Versuchsperson jeden
Augenblick nach Belieben zu reproduzieren, noch für eine längere Zeit
zu fixieren. Je zusammengesetzter, allgemeiner und abstrakter die
Vorstellungen sind, um so größer werden diese Schwierigkeiten, aber
auch bei den einfachsten Vorstellungen fehlen sie nicht. Kein Wunder
daher, daß die experimentelle Ästhetik sich bis jetzt kaum an dies
Gebiet herangewagt hat. So wird es begreiflich, daß eine experimen-
telle Poetik — soweit nicht Empfindungsfaktoren in Betracht kom-
men — noch kaum existiert.
Und doch sind auch hier Methoden denkbar und zum Teil schon
in der Entstehung begriffen. Der gegebene Weg ist offenbar der, daß
man durch Zuruf einzelner Reizworte bei den Versuchspersonen mög-
lichst einfache Vorstellungen — zunächst z. B. die konkreten Erinne-
rungsbilder einfacher ästhetischer Objekte-— weckt und im Sinn des
subjektiven Verfahrens, wie es oben besprochen wurde, den ästheti-
schen Zustand bezüglich der Intensität und Qualität des Gefühls und
bezüglich der assoziierten Vorstellungen feststellt und analysiert. Man
Ästhetik über geeignete Methoden, um sich helfend an der Arbeit der
Gesamtästhetik zu beteiligen? Leider gilt hier erst recht, was oben
bereits über die Untersuchung der mitbestimmenden assoziativen Fak-
toren bemerkt wurde: die Methoden sind noch wenig entwickelt, die
Arbeiten, namentlich die guten, noch äußerst spärlich. In der Tat stößt
die experimentelle Methodik hier auf ganz besondere Schwierigkeiten.
Die experimentelle Ästhetik muß mit einfachen Gebilden beginnen.
Zur Untersuchung der Empfindungsfaktoren stehen ihr einfache kon-
stante Objekte wie einfache Farben, Formen, Töne und einfache Ver-
bindungen von solchen jederzeit zur Verfügung. Wie soll sie aber
behufs Untersuchung der Vorstellungsfaktoren — losgelöst von den
Empfindungsfaktoren — ebenso einfache konstante Vorstellungen
der Versuchsperson darbieten, d. h. in ihr erwecken, um ihre ästhetische
Wirkung zu beobachten? Vorstellungen lassen sich nicht mit derselben
Sicherheit wecken wie Empfindungen. Das Vehikel der Worte, das
einzige, welches uns einigermaßen reine, d. h. von Objektein pfin-
dungen losgelöste Vorstellungen verschafft, hat den Nachteil,
daß in ganz unberechenbarer Weise neben der vom Experimentator
gewollten Vorstellung andere auftreten. Die für das Experiment oder
wenigstens die grundlegenden Experimente unerläßliche Einfachheit
des Materials ist also kaum erreichbar. Dazu kommt die für den
Experimentator unbeherrschbare und unkontrollierbare Mannigfaltigkeit
der von dem einzelnen Wort in der Versuchsperson hervorgerufenen
Vorstellungen und ihre proteusartige Umgestaltung, ihre nebelartige
Zerfließlichkeit. Wir sind weder imstande, zur Sicherung unserer
Untersuchungen dieselben Vorstellungen bei der Versuchsperson jeden
Augenblick nach Belieben zu reproduzieren, noch für eine längere Zeit
zu fixieren. Je zusammengesetzter, allgemeiner und abstrakter die
Vorstellungen sind, um so größer werden diese Schwierigkeiten, aber
auch bei den einfachsten Vorstellungen fehlen sie nicht. Kein Wunder
daher, daß die experimentelle Ästhetik sich bis jetzt kaum an dies
Gebiet herangewagt hat. So wird es begreiflich, daß eine experimen-
telle Poetik — soweit nicht Empfindungsfaktoren in Betracht kom-
men — noch kaum existiert.
Und doch sind auch hier Methoden denkbar und zum Teil schon
in der Entstehung begriffen. Der gegebene Weg ist offenbar der, daß
man durch Zuruf einzelner Reizworte bei den Versuchspersonen mög-
lichst einfache Vorstellungen — zunächst z. B. die konkreten Erinne-
rungsbilder einfacher ästhetischer Objekte-— weckt und im Sinn des
subjektiven Verfahrens, wie es oben besprochen wurde, den ästheti-
schen Zustand bezüglich der Intensität und Qualität des Gefühls und
bezüglich der assoziierten Vorstellungen feststellt und analysiert. Man